Rezension: Das zivilrichterliche Dezernat (Büßer/Tonner)

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Die fünfte Neuauflage des Werks „Das zivilrichterliche Dezernat“ von Dr. Janko Büßer und Dr. Martin Tonner, beide ihrerseits Richter am Oberlandesgericht, verspricht hilfreiche Tipps rund um den Einstieg, die Struktur und die wesentlichen Inhalte von jungen Zivilrichter:innen, wobei auch Referendar:innen mit dieser Lektüre angesprochen werden, denen der Start in der Zivilabteilung bzw. in das Einzelrichterdezernat erleichtert werden soll.

Die  nachfolgende Rezension beschäftigt, ob dieses Vorhaben der beiden Autoren aus Sicht der Rezensentin gelingt, welche Inhalte vermittelt werden und ob diese hilfreich scheinen.

Rezensionen

Der Aufbau des Werks

Das Buch hat einen Umfang von knapp 280 Seiten und ist dabei in sieben Kapitel gegliedert. Nach einer kurzen allgemeinen Einführung über die Organisation des Zivilverfahrens an den Gerichten sowie den Arbeitsalltag eines Zivilrichters/ einer Zivilrichterin, stellen die „eigentliche“ Dezernatsarbeit sowie die einzelnen „Stationen“ des Zivilverfahrens mit den jeweiligen Besonderheiten den wesentlichen Teil des Buches dar. Ergänzend werden noch die Besonderen Verfahren beleuchtet. Schließlich wird nach Besprechung der erstinstanzlichen Eigenheiten die zweite Instanz thematisiert.

Der Aufbau erscheint stringent und logisch: Vorangehende Tipps dazu, wie junge Richter:innen (und soweit zutreffend Referendar:innen) idealerweise ihre täglichen (Akten-) Eingänge strukturieren, was dabei konkret zu beachten ist und wie die einzelnen Abläufe der Gerichtsorganisation in der eigenen Geschäftsstelle zusammenlaufen, erfährt man, ehe man den Zivilprozess chronologisch vom Eingang der Klage über das Urteil bis hin zum Berufungsverfahren aus Richter:innensicht durchläuft.

Die einzelnen Kapitel im Kurzüberblick

  1. Kapitel: Allgemeines

Die Autoren skizzieren den Geschäftsverteilungsplan und mahnen im Arbeitsalltag zu genügend Selbststrukturierung und Konsequenz in Sachen Zeiteinteilung, raten aber auch, anfängliche Selbstüberforderung und -überschätzung zu vermeiden. Zudem wird das „Werkzeug“ aller Richter:innen, die Verfügung, vorgestellt und es werden stichwortartig Tipps und Tricks zu „Dos“ und „Don’ts“ geschildert.

  • Kapitel: Die Dezernatsarbeit

Eingehend wird sich mit den typischen Arbeitsschritten und dem Umgang mit Schriftstücken auseinandergesetzt, namentlich Schriftsätzen der Parteien/ von Gerichten und Fristverlängerungsanträgen. Weiterhin sind Gegenstand der Dezernatsarbeit der Umgang mit einem etwaigen Prozessstillstand sowie die Einbeziehung von Dritten in den Prozess. Themen wie Streitwerte, Befangenheit, Akteneinsicht, Einzelrichterübertragung, Gütliche Streitbeilegung und Hinweispflichten füllen den Rest des Kapitels.

  • Kapitel: Der Ablauf des erstinstanzlichen Verfahrens

Die Autoren beleuchten den Ablauf des erstinstanzlichen Verfahrens ab den ersten Arbeitsschritten nach Klageeingang (wie z.B. Prüfung der eigenen Zuständigkeit, Formalien, Zustellungen, Verfahrensart, etc.) über den Fortgang des Verfahrens (Zustellungsprobleme, Vergleich, Früher erster Termin, Mahnverfahren, Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid) weiter zu:

  • Kapitel: Güteverhandlung, mündliche Verhandlung, Beweisaufnahme, Verkündungstermin

Neben der Anberaumung des Termins wird die Vorbereitung des Termins, der dortige Umgang mit Beteiligen sowie der Ablauf des Termins besprochen. In diesem Zusammenhang wird auch über die Videoverhandlung nach § 128a ZPO gesprochen; näher eingegangen wird ferner auf die Beweisaufnahme und die hiermit zusammenhängenden Eigenheiten. Schließlich wird verspätetes Parteivorbringen nebst Entscheidung, zuletzt der Verkündungstermin bzw. Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung thematisiert.

  • Kapitel: Urteil, Erledigung, Klagerücknahme

Nahtlos schließt sich das 5. Kapitel an, dessen Ausführungen zum Urteil mit knapp 50 Seiten sicherlich das Herzstück des Werks darstellen. Kurz wird noch auf die Erledigung des Rechtsstreits eingegangen.

  • Kapitel: Besondere Verfahren

Hier gehen die Autoren auf die Säumnis, das Prozesskostenhilfeverfahren, das Vereinfachte Verfahren, das Selbstständige Beweisverfahren, den Urkunden- und Wechselprozess sowie den Einstweiligen Rechtsschutz (Arrest, Einstweilige Verfügung) ein.

  • Kapitel: Berufung und sonstige Rechtsbehelfe

Das letzte Kapitel widmet sich zunächst dem Berufungsverfahren inklusive der Anschlussberufung und Prozesskostenhilfe und lässt daneben die Sofortige Beschwerde, Gehörsrüge und Verzögerungsrüge nicht unerwähnt.

Verständlichkeit und Übersichtlichkeit

Die Inhalte werden auf eine sehr verständliche Art und Weise vermittelt. Lange, unverständliche Schachtelsätze kann man lange suchen. Viele der Ausführungen erfolgen lehrbuchartig und sind durch Beispiele untermauert. Durch die ausbalancierte Gliederungsstruktur mangelt es nicht an Übersichtigkeit. Zur Verständlichkeit trägt ferner bei, dass es sich bei diesem Werk um eine komprimierte Darstellung der Inhalte handelt.

Positiv fällt auf, dass…

… die Neuauflage die Entwicklungen zum §128a ZPO-Antrag (Videoverhandlung) berücksichtigt, da sie aus Erfahrung der Rezensentin als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in einer Großkanzlei in der Praxis bereits jetzt eine große Bedeutung hat.

… die beA-Nutzungspflicht der Anwaltschaft sowie die Entwicklungen zur elektronischen Akte erwähnt.

… die Autoren zwar zur besseren Lesbarkeit im Haupttext das generische Maskulinum verwenden, in den Beispielen hingegen ausschließlich die weibliche Form verwenden.

… dass das Werk wissenschaftlich gearbeitet und durch zahlreiche Fußnoten belegt ist.

… dass der Haupttext in regelmäßigen Abständen mit zahlreichen Musterformulierungen und Musterbeispielen in Kästen geschmückt wird.

… dass neben den soeben genannten Beispielkästen auch fortlaufend im Buch stichwortartig Praxistipps zu den einzelnen Themenbereichen gegeben werden. Namentlich zu nennen sind hier alleine schon die Tipps zum Umgang mit Beteiligen bei einer Sitzung (vgl. S. 68, Rn. 40).

Negativ fällt auf, dass…

… dass der Übergang zur eAkte keine umfassende(re) Erläuterung findet (vgl. S. 2, Rn. 8). Dies ist aufgrund der genannten Unterschiede in den technisches Umsetzungen der verschiedenen Bundesländern zwar nachvollziehbar, dennoch wäre ein zumindest etwas tieferer Einblick in die Arbeit mit einer digitalen Akte aufgrund der – wenn auch nur langsam – voranschreitenden Digitalisierung doch wünschenswert gewesen.

Hält das Werk, was es verspricht?

Überblicksartig wird der Zivilprozess abgebildet und aus Richter:innnsicht aufgearbeitet, was für eine bessere Greifbarkeit der einzelnen Schritte sorgt.  Das kompakte Büchlein erweist sich demnach als ein praktisches Nachschlagwerk mit zahlreichen Formulierungshilfen und -beispielen, die den Arbeitseinstieg – sei es als Richter:in, sei es als Referendar:in – sicherlich gut unterstützen können.

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Alina Sviridenko
Alina Sviridenko
Studentin der Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen mit dem Schwerpunkt Kriminalwissenschaften.

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