Das Gemeinsame Juristische Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg (GJPA) hat in der letzten Kampagne des ersten Staatsexamens eine fehlerhafte Notenliste veröffentlicht. Insgesamt kam es zu 16 falschen Notenbekanntgaben. Ein Kandidat wurde nachträglich informiert, dass er das Staatsexamen doch nicht bestanden habe.
Das GJPA Berlin-Brandenburg veröffentlicht die Noten der jeweiligen Kampagne vor dem offiziellen Erlass eines Nichtbestehensbescheids bzw. vor der Ladung zur mündlichen Prüfung auf seiner Website in anonymisierter Form. Bereits am 10. Januar wurden die Noten der schriftlichen Klausuren der Oktober-Kampagne des ersten Staatsexamens bekanntgegeben.
Senatsverwaltung für Justiz räumt zahlreiche Fehler bei Notenbekanntgabe ein
Auf Nachfrage von JURios räumte die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz ein, dass es am 10. Januar zu großflächigen Fehlern in der Notenliste gekommen sei. Betroffen seien insgesamt 16 der 500 Kandidat:innen.
- In einem Fall stellte sich heraus, dass ein Kandidat, der laut Liste die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Prüfung erfüllte, tatsächlich nicht bestanden hat.
- In zwei Fällen stellte sich heraus, dass Kandidat:innen, die laut Liste nicht bestanden haben, tatsächlich die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Prüfungen erfüllen.
- In den übrigen 13 Fällen gab es lediglich kleinere Abweichungen bei den Punkten.
Der Fehler sei im Rahmen einer Klausureinsicht durch eine Kandidatin am 17. Januar 2025 aufgefallen. Bei der Überprüfung der Ergebnisse der betroffenen Kandidatin stellte man fest, dass die Kandidatin, anders als bekanntgegeben, tatsächlich die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Prüfung erfüllt. Daraufhin wurden alle Datensätze überprüft.
Die Kandidat:innen, bei denen es um die Frage der Zulassung zur mündlichen Prüfung ging, seien vom GJPA telefonisch bzw. in einem Fall im Rahmen der Akteneinsicht vor Ort informiert worden.
Rechtfertigung: 7.000 Datensätze von Hand einzutragen
Das GJPA trägt zu seiner Rechtfertigung vor, dass es sich bei der vorläufigen Bekanntgabe um eine reine Serviceleistung für die Kandidat:innen handele.
Die Liste basiere auf den von den Korrektor:innen mitgeteilten Notenübersichten. Ein Abgleich der einzelnen Arbeiten mit den vorab mitgeteilten Noten erfolge zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Zudem weise man mit folgendem Passus explizit auf die Unverbindlichkeit dieser Online-Bekanntgabe hin: „Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine unverbindliche Notenmitteilung handelt. Eine Kontrolle der erfassten Noten hat noch nicht stattgefunden. Diese wird regelmäßig erst anhand der individuellen Ansetzungen zur mündlichen Prüfung bzw. vor Bescheiderteilung durchgeführt.”
Für die hier in Rede stehende Liste der Ergebnisse der Kampagne aus dem Oktober 2024 mussten ca. 7000 Datensätze (500 Kandidat:innen) von Hand in die Liste eingetragen werden. Eine Kontrolle der Ergebnisse erfolgt erst vor dem Erlass eines Nichtbestehensbescheids bzw. vor einer Ladung zur mündlichen Prüfung durch Abgleich der korrigierten Klausuren mit den vorläufig erfassten Werten.
GJPA kann Fehler auch in Zukunft nicht ausschließen
Auf die Frage, welche Maßnahmen das GJPA ergreife, um derartige Fehler zu vermeiden, hatte die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz keine Antwort. Es teilte gegenüber JURios lediglich mit: „Selbst bei größtmöglicher Sorgfalt werden sich nachträgliche Korrekturen der zunächst unverbindlich mitgeteilten Punktewerte nicht vollständig sicher vermeiden lassen. Das GJPA geht auch weiterhin davon aus, dass die möglichst frühzeitige Mitteilung der vorläufigen Klausurergebnisse im Interesse der Kandidatinnen und Kandidaten liegt und beabsichtigt, diesen besonderen Service – trotz des damit für den Einzelfall verbundenen Risikos – auch weiter beizubehalten.“
Im Internet äußern auch Jurastudierende außerhalb von Berlin und Brandenburg ihren Unmut. Derartige Fehler dürften nicht passieren. Man habe bereits jetzt Angst, vor der eigenen Notenbekanntgabe. Mehrere Betroffene wollten nicht mit JURios sprechen, weil sie sich vor Repressalien durch das GJPA fürchteten, sollte ihre Identität bekannt werden. Die vorläufige Notenliste wird von Studierenden auch „Todesliste“ genannt. Das LJPA Hamm machte sich zuletzt unbeliebt, weil es die Kandidat:innen auf der Liste der durchgefallenen Prüflinge als „Blockversager“ bezeichnete.
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