Der Zeugensimulator: Virtual Reality in der Justiz

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Im März 2023 startete in Rheinland-Pfalz das Projekt RefKo; kurz für Referendariat.Koordination. Neben digitalen Lehrmaterialien wurde zum ersten Mal eine neu entwickelte Virtual-Reality-Technologie von Prof. Simon Heetkamp (Technische Hochschule Köln) in die Referendarausbildung integriert.  

Zeugensimulator, die Zukunft klopft an

Mithilfe von VR-Brillen können Referendar:innen praxisnah die Durchführung einer Zeugenvernehmung in einem virtuellen Gerichtssaal üben. Die im „Zeugensimulator“ integrierten Zeugen reagieren realistisch auf alle gestellten Fragen. Durch verschiedene unerwartete Reaktionen und Herausforderungen werden die teilnehmenden Referendar:innen auf die tatsächlichen Anforderungen im Gerichtssaal vorbereitet. Dieser Ansatz reformiert die juristische Ausbildung und macht diese praxisorientierter für Studierende, die noch nie vor Gericht waren und somit über die Rollen im Gerichtsprozess wie z. B. Richter, Staatsanwält:innen, Angeklagte und Zeug:innen lernen können.

Auch in anderen Bereichen kann der Simulator angewendet werden, so kann möglicherweise in Zukunft auch die Anwaltschaft und Polizei den Umgang mit Zeug:innen virtuell üben. Denkbar ist der Einsatz der VR-Technologie auch für die mündliche Prüfung des juristischen Staatsexamens. Hier würde nicht mehr die Studierenden die Fragen stellen, sondern der Avatar befragt als Prüferin oder Prüfer die Examenskandidat:innen.

VR-Brille im deutschen Strafprozess?

In den USA kam vor kurzem in einem Strafprozess in Florida eine VR-Brille zum Einsatz (JURios berichtet), um das Tatgeschehen nachzubauen bzw. den Tatort nachzustellen. Anfang 2023 sorgte auch eine kolumbianische Richterin für Schlagzeilen, als sie eine Gerichtsverhandlung im Metaverse stattfinden ließ. Für Deutschland ist letzteres Vorgehen (noch) unvorstellbar. Die aktuelle Reform von § 128a ZPO zeigt, dass es noch für viele undenkbar ist, dass ein Richter oder eine Richterin nicht körperlich im Gerichtssaal anwesend sein soll. Allenfalls im Rahmen von § 495a ZPO-Verfahren könnte man sich eine gerichtliche Verhandlung im Metaverse vorstellen. VR-Brillen bzw. virtuelle Tatortnachstellungen (statt Fotografien) kamen aber auch schon in deutschen Strafprozessen zum Einsatz.

Probleme bei der Anwendung von KI

Auch wenn innovative Ansätze viele Prozesse vereinfachen können, sind sie aktuell noch sehr anfällig für Fehler, so erfindet die KI oft Aktenzeichen oder Urteile, zudem ist die KI anfällig dafür, bestimmte Personengruppen zu diskriminieren. Prof. Simon Heetkamp ist sich im Interview mit beck-aktuell jedoch sicher: “Wenn man sich dieser Probleme bewusst ist und neue Technologien sinnvoll einsetzt, dann kann man auch aus diesen Risiken noch lernen.” Im Falle des Zeugensimulators ist es z. B. nicht problematisch, wenn Aussagen falsch sind, da auch in der Realität Zeugen nicht immer alles richtig darstellen oder sich an Details nicht erinnern können.

Die Digitalisierung schreitet voran und wird uns in Zukunft immer öfter bei Gerichtsverhandlungen begegnen. Glücklicherweise werden auch Jurist:innen dank innovativer Technologien wie dem „Zeugensimulator“ dahingehend geschult und vorbereitet, auf das, was zwar noch in weiter Ferne erscheint, aber schon bald doch Realität in der Justiz sein könnte.  

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Jana Borochowitsch
Jana Borochowitsch
Autorin, Studentin der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

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