Ist ein Hähnchenschenkel ein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 224 StGB?

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Eine Strafkammer in Freiburg befasst sich derzeit mit einem ungewöhnlichen Fall von Körperverletzung. Dem 42-jährigen Angeklagten wird vorgeworfen, einen Mann mit einem tiefgefrorenen Hähnchenschenkel am Kopf verletzt und einem anderen einen Teil der linken Ohrmuschel abgebissen zu haben. Trotz der skurrilen Umstände sind die Vorwürfe angesichts der schweren Folgen für die Opfer gravierend, weshalb sich der ehemalige Ringer in Untersuchungshaft befindet.

Vorwurf schwerer Körperverletzung

Laut Anklage ereignete sich der erste Vorfall im April 2024 in Pfaffenweiler bei Freiburg, wobei der Angeklagte bei einem Streit um Schulden mit einem Bekannten in eine körperliche Auseinandersetzung geriet. Beide stürzten eine Treppe hinunter, zudem soll der Angeklagte seinem Gegenüber mit einem tiefgefrorenen Hähnchenschenkel mehrfach am Kopf verletzt haben. Einige Wochen später kam es zu einem weiteren Vorfall in der Wohnung einer Bekannten, bei dem der Angeklagte einem anderen Mann einen Teil des linken Ohrs abgebissen haben soll. Dies führte laut Anklage zu einer dauerhaften Beeinträchtigung des Hörvermögens des Opfers.

Der Angeklagte räumt Teile der Vorwürfe ein. Er bestreitet jedoch, mit dem Hähnchenschenkel zugeschlagen zu haben und gibt an, sein Kontrahent habe das Fleischstück selbst aus dem Gefrierfach geholt, um eine Verletzung zu kühlen. Das Abbeißen der Ohrmuschel bestreitet er nicht, behauptet aber, es sei unabsichtlich geschehen und verwies auf seinen Drogen- und Alkoholkonsum zur Tatzeit.

Gehör muss auf beiden Ohren beeinträchtigt sein

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten schwere Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 226 Abs. 1 StGB vor. Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person:

1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder 3. in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,

ist die Erfolgsqualifikation des § 226 Abs. 1 StGB erfüllt und dem Angeklagten drohnt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Der Verlust des Gehörs setzt jedoch voraus, dass das gehör auf beiden Ohren wesentlich aufgehoben ist. Eine Einschränkung auf einem Ohr reicht also nicht aus.

Ist ein Hähnchenschenkel ein gefährliches Werkzeug?

Die Frage, ob ein tiefgefrorener Hähnchenschenkel als gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB eingestuft werden kann, bleibt juristisch knifflig. Ein gefährliches Werkzeug ist jeder bewegliche Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und Art seiner Verwendung im konkreten Fall geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Entscheidend ist die Art und Weise, wie das Tatmittel verwendet wird. Vergleichbare Fälle zeigen, dass auch Alltagsgegenstände wie Bierflaschen oder Mobiltelefone, wenn sie als Schlagwaffe eingesetzt werden, als gefährliche Werkzeuge gelten können.

Die Verhandlung vor dem LG Freiburg (Az. 16 KLs 860 Js 24044/24) wurde am 28. Januar 2025 fortgesetzt. Ob die Schläge mit dem Hähnchenschenkel nachgewiesen werden und wie das Gericht dies bewertet, bleibt abzuwarten.

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Jana Borochowitsch
Jana Borochowitsch
Autorin, Studentin der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

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