Berliner Rechtsreferendar:innen stellen 20 Forderungen an einen besseren juristischen Vorbereitungsdienst in der Hauptstadt

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Der Personalrat der Rechtsreferendar:innen in Berlin hat im Februar 2025 in einer Stellungnahme eine umfassende Reform des juristischen Vorbereitungsdienstes gefordert. In einem Positionspapier stellt das Gremium 20 konkrete Forderungen an das Berliner Abgeordnetenhaus, die das Rechtsreferendariat deutlich verbessern sollen. Die Forderungen basieren auf dem Ergebnis einer Umfrage unter 593 aktuellen und ehemaligen Referendar:innen, die gravierende Mängel in der Ausbildung aufgezeigt hat.

Kritik an Ausbildungsbedingungen

Ein zentrales Problem sieht man in den derzeitigen Ausbildungsbedingungen, die die Referendarvertretung als unzureichend bezeichnet. Der juristische Vorbereitungsdienst sei oft nicht praxisnah genug, und die Betreuung durch die Ausbilder:innen variiere stark in ihrer Qualität. Während einige Arbeitsgemeinschaftsleiter:innen engagiert und gut vorbereitet sind, beschränken sich andere auf Anekdoten aus ihrem Berufsalltag, was von vielen als Zeitverschwendung empfunden wird.

Die Umfrage bestätigt dieses Bild: 75,4 % der Teilnehmenden sprechen sich für eine Freistellung motivierter und didaktisch geschulter AG-Leitungen aus, um eine konsistente und hochwertige Ausbildung sicherzustellen. Zudem plädieren 96,8 % für die Bereitstellung einheitlicher, aktueller und hochwertiger Unterrichtsmaterialien. 96 % fordern die Bereitstellung ausformulierter Lösungsskizzen für Übungsklausuren. 91,4 % wünscht sich einen Schwerpunkt bei der juristischen Methodenlehre.

Ein weiteres zentrales Problem ist die mangelhafte Vorbereitung auf die schriftlichen Prüfungen. 84,8 % der Referendar:innen fühlt sich unzureichend vorbereitet. Der derzeitige Klausurenkurs des Kammergerichts findet nur alle zwei Wochen statt und verwendet oft veraltete Sachverhalte, da aktuelle Klausuren einer vierjährigen Sperrfrist unterliegen. Zudem fehlt es an einer Korrektur der Übungsklausuren, was den Lerneffekt erheblich mindert. Der Personalrat organisiert zwar eigenständig Korrekturen, jedoch müssen Referendar:innen hierfür pro Klausur 15 Euro zahlen, was bei der geringen Unterhaltsbeihilfe eine finanzielle Belastung darstellt.

Forderung nach besserer finanzieller Unterstützung

Darüber hinaus beklagen die Rechtsreferendar:innen einen hohen Arbeitsaufwand, der oft über das Maß hinausgehe, das für eine fundierte Ausbildung notwendig sei. Die Struktur des Referendariats müsse so angepasst werden, dass eine ausgewogenere Verteilung der Arbeitslast gewährleistet werde.

Die finanzielle Situation der Referendar:innen wird als prekär beschrieben. Die aktuelle Unterhaltsbeihilfe deckt kaum die Lebenshaltungskosten in Berlin, was viele zwingt, neben dem anspruchsvollen Vorbereitungsdienst einer Nebentätigkeit nachzugehen. Die finanzielle Belastung vieler Referendare:innen führe dazu, dass sie neben der Ausbildung arbeiten müssten, was sich wiederum negativ auf den Lernerfolg auswirke.

Der Personalrat fordert daher eine Erhöhung der Unterhaltsbeihilfe. Hierfür sprachen sich 94,4 % der Referendar:innen aus. Gefordert wird außerdem die Übernahme von Fahrtkosten und Zuschüsse für Fachliteratur und Lernmittel.

Mehr Transparenz und Mitbestimmung

Ein weiterer zentraler Punkt des Forderungskatalogs ist die mangelnde Transparenz bei der Zuweisung von Ausbildungsplätzen und Prüfungsmodalitäten. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass 96,6 % der Teilnehmenden eine stärkere Einbindung von Referendar:innen in Entscheidungsprozesse fordern. 97,8 % wünschen sich außerdem eine unabhängige, blinde Zweitkorrektur.

Um mehr Mitbestimmung zu ermöglichen, fordert das Gremium eine stärkere Einbindung der Referendar:innen in Entscheidungsprozesse. Regelmäßige Feedbackgespräche sowie die Möglichkeit, in Gremien mitzuwirken, sollen dafür sorgen, dass die Interessen der Auszubildenden besser berücksichtigt werden.

Vereinbarkeit von Ausbildung und Privatleben

Die Referendar:innen fordern zudem, dass der juristische Vorbereitungsdienst familienfreundlicher gestaltet wird. Dazu gehören flexiblere Arbeitszeiten sowie die Möglichkeit einer Teilzeitausbildung. 72,3% fordern eine Abschaffung der Anwesenheitspflicht. 97,8 % fordern, das „Tauchen“ in der Anwaltsstation offiziell zu legalisieren. Der hohe Arbeitsaufwand führe oft zu einer erheblichen Belastung, die sich negativ auf das Privatleben und die Gesundheit der angehenden Jurist:innen auswirke.

Besonders für Referendar:innen mit Kindern oder anderen familiären Verpflichtungen sei es kaum möglich, die Ausbildung unter den aktuellen Bedingungen ohne erhebliche Schwierigkeiten zu bewältigen. Eine bessere Berücksichtigung individueller Bedürfnisse könnte dazu beitragen, dass mehr Nachwuchsjurist:innen den Vorbereitungsdienst unter fairen Bedingungen absolvieren können.

Der Personalrat appelliert an die Verantwortlichen in der Berliner Justizverwaltung, die Forderungen ernst zu nehmen und notwendige Reformen schnellstmöglich umzusetzen. Ziel sei es, eine moderne, faire und zukunftsfähige Ausbildung zu schaffen, die sowohl den Anforderungen des Berufs als auch den Bedürfnissen der Referendare gerecht wird.

Die 20 Forderungen lauten (verkürzt):

1. Didaktisches Gesamtkonzept für die Arbeitsgemeinschaften

2. Didaktik-Fortbildungen für Lehrende

3. Evaluation der Arbeitsgemeinschaften

4. Hauptamtliche AG-Leiter:innen

5. Anwesenheitspflicht bei AGs abschaffen

6. Kostenloses Repetitorium durch das Kammergericht

7. Wöchentlicher, kostenloser Klausurenkurs

8. Mehr finanzielle Mittel für die AGs

9. Tauchen legalisieren

10. Prüfungsumfang reduzieren

11.Originallösungsskizze der Examensklausuren veröffentlichen

12.Verdeckte Zweitkorrektur

13. Diverse Prüfungskommission

14. Mehr Zeit für den Verbesserungsversuch

15. Höhere Unterhaltsbeihilfe

16. Jobticket für Referendar:innen

17. Kooperation mit Bibliotheken

18. Ausbildungvergünstigungen für das Referendariat

19. GJPA stellt Kommentare

20. Schulungen gegen Stress

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