Experiment vergleicht Nutzen verschiedener KI-Sprachmodelle für den Einsatz im US-Jurastudium

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Künstliche Intelligenz revolutioniert zunehmend die akademische Welt und damit früher oder später auch die juristische Ausbildung. Eine in den USA durchgeführte Untersuchung hat mehrere führende KI-Modelle verglichen, um herauszufinden, welches sich am besten für den Einsatz im Jurastudium eignet.

Die Untersuchung basiert auf einem Forschungsprojekt, das zwischen Dezember 2022 und August 2024 von dem Juraprofessor Michael Murray an der Universität von Kentucky durchgeführt wurde. Teil I der Experimente umfasst den Zeitraum vom 20. Mai bis zum 12. Juli 2024, während Teil II zwischen dem 15. und 27. August 2024 stattfand. Ziel der Studie war es, den Einsatz generativer KI in der juristischen Ausbildung zu evaluieren und ihre Effektivität als personalisierte Lernhilfe zu analysieren. Die Ergebnisse wurden im Oktober 2024 unter dem Titel „Artificial Intelligence for Learning the Law: Generative AI for Academic Support in Law Schools and Universities – Report of Experiments“ veröffentlicht.

Für die Studie wurden vier „Researcher“ gebeten folgende Aufgaben mit Hilfe von GPT-4o, Claude 3.5, Copilot, Gemini Pro 1.5 und Lexis+Ai durchzuführen:

  • Die KI hilft Ihnen, sich in ein juristisches Thema einzuarbeiten
  • Hilfe beim Verstehen eines oder mehrerer Themen in einem juristischen Studienfach
  • Die KI hilft Ihnen bei dem schwierigsten Unterthema eines juristischen Studienfachs
  • Verwendung von Prompt-Engineering-Techniken
  • Die KI soll Sie abfragen und Ihr Verständnis von Themen in einem juristischen Studienfach bewerten

Die Stärken und Schwächen der einzelnen KI-Modelle

GPT-4o überzeugte vor allem durch seine Fähigkeit, komplexe juristische Konzepte in klaren, strukturierten und leicht verständlichen Erklärungen aufzubereiten. Besonders hervorzuheben ist seine Präzision bei der Erstellung von Zusammenfassungen und rechtlichen Argumentationen, die sowohl für Studierende als auch für Praktiker:innen von großem Nutzen sind. Claude hingegen lieferte analytische Tiefe und differenzierte Perspektiven, wurde jedoch durch das Fehlen von Quellenangaben eingeschränkt. Dies stellt ein erhebliches Manko dar, da juristische Arbeiten auf belegbaren Fakten basieren müssen.

Gemini Pro 1.5 zeigte Stärken in der Strukturierung von Lernmaterialien und der Generierung von Prüfungsfragen, hatte jedoch Schwierigkeiten mit der tiefgehenden juristischen Analyse. Copilot war eine insgesamt brauchbare Alternative, bot jedoch weder in der Tiefe noch in der Benutzerführung außergewöhnliche Leistungen. Lexis+ AI erwies sich als das schwächste Modell im Test, da es sich als unflexibel und wenig hilfreich erwies. Seine Antworten waren oft unverständlich oder unzureichend und boten wenig Mehrwert für Nutzer:innen, die eine detaillierte Auseinandersetzung mit juristischen Themen suchten.

Es kommt auf den Anwendungsfall an

Die Wahl des geeigneten KI-Modells hängt stark vom jeweiligen Einsatzgebiet ab. Wer eine umfassende Unterstützung für das juristische Studium oder den beruflichen Alltag sucht, dürfte mit GPT-4o die beste Wahl treffen. Es bietet eine ausgewogene Mischung aus Verständlichkeit, Genauigkeit und Struktur. Claude hingegen ist besonders für detaillierte Analysen geeignet und könnte für Forscher und fortgeschrittene Studierende von Nutzen sein, sofern die fehlenden Quellenangaben keine Hürde darstellen. Gemini empfiehlt sich insbesondere für die Prüfungsvorbereitung, da es durch gut durchdachte Fragen und strukturiertes Material überzeugt. Copilot bleibt eine brauchbare, aber unspektakuläre Alternative. Lexis+ AI sollte mit Vorsicht genutzt werden, da es in nahezu allen getesteten Bereichen enttäuschte.

Die Studie zeigt zudem, dass generative KI erhebliche Vorteile gegenüber herkömmlichen Lernmethoden bietet. Durch adaptive Lernplattformen, intelligente Tutorsysteme und KI-gestützte Evaluationsmethoden kann das Lernen nicht nur effektiver, sondern auch individueller gestaltet werden. Besonders im Bereich der juristischen Ausbildung ermöglicht KI ein effizienteres Verstehen und Anwenden von Rechtsprinzipien, indem sie komplexe Sachverhalte visualisiert, automatische Lernkontrollen erstellt und sogar Prüfungen simuliert.

KI als Ergänzung, nicht als Ersatz

Trotz ihrer beeindruckenden Fähigkeiten sollten KI-Modelle nicht als Ersatz für traditionelle juristische Lehrmethoden oder die kritische Auseinandersetzung mit Fachliteratur betrachtet werden. Die Untersuchung macht deutlich, dass sie eine wertvolle Ergänzung zum Lernen darstellen, jedoch stets mit einem wachsamen Auge genutzt werden sollten. Fehlerhafte oder unzureichend belegte Antworten können zu falschen Schlussfolgerungen führen, weshalb eine manuelle Überprüfung der Ergebnisse unerlässlich bleibt.

Bei der Anwendung dieser Studienergebnisse auf das deutsche Jurastudium ist Vorsicht geboten. Die Studieninhalte und Prüfungsmodalitäten der deutschen Staatsexamina unterscheiden sich signifikant von denen unserer amerikanischen Kolleg:innen. Insbesondere enthalten unsere Prüfungen keinen Multiple-Choice-Anteil. Auch geht es nicht um die Beantwortung von Sachfragen oder das Verfassen von Essays, sondern es müssen Fälle im juristischen Gutachtenstil gelöst werden. Solange KI-Sprachmodelle noch am Unterschied von Mord und Totschlag scheitern, taugen sie nur bedingt für die juristische Ausbildung in Deutschland. Außerdem erfinden alle KI-Modelle immer wieder Quellen – insbesondere Urteile, die überhaupt nicht existieren und Aktenzeichen, die ins Nichts führen. Auch beim wissenschaftlichen Arbeiten ist daher Vorsicht geboten.

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen trotzdem, dass KI-Technologien eine zunehmend wichtige Rolle in der akademischen Welt spielen. Die Wahl des richtigen Modells hängt stark von den individuellen Anforderungen ab. Während GPT-4o eine umfassende und vielseitige Unterstützung bietet, bleibt Claude für tiefgehende Analysen eine wertvolle Option. Künstliche Intelligenz wird auch in Zukunft weiterentwickelt und optimiert werden, doch bereits jetzt zeigt sich ihr Potenzial auch für die juristische Ausbildung. Entscheidend bleibt jedoch, wie sie genutzt wird – als Werkzeug zur Unterstützung, nicht als alleinige Instanz für juristisches Wissen.

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JURios. Kuriose Rechtsnachrichten. Kontakt: redaktion@jurios.de

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