Kanzlei Mishcon de Reya fordert posthume Begnadigung von Ruth Ellis, der letzten Frau, die 1955 in Großbritannien hingerichtet wurde

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Ruth Ellis ist eine der bekanntesten und tragischsten Figuren der britischen Kriminalgeschichte. Sie wurde 1955 als letzte Frau in Großbritannien gehängt, nachdem sie ihren Geliebten, den Rennfahrer David Blakely, erschossen hatte. Jahrzehnte später fordert die renommierte Londoner Kanzlei Mishcon de Reya kürzlich eine posthume Begnadigung der bei ihrem Tod gerade einmal 28-jährigen Ellis.

Der Mord an Rennfahrer David Blakely

Ruth Ellis (geboren Ruth Neilson) wurde am 9. Oktober 1926 als fünftes von sechs Kindern geboren und wuchs in Wales in schwierigen familiären Verhältnissen auf. Ihre Mutter war ein Kriegsflüchtling aus Belgien, ihr Vater ein gewalttätiger Musiker. Ihre Schwester Bertha wurde mit 14 von ihrem Vater geschwängert. Schon früh verließ Ellis deswegen ihr Elternhaus und arbeitete in London als Nacktmodel und Hostess in einem Nachtclub. Mit 17 hatte Ellis ein Kind mit einem kanadischen Soldaten. 1950 heiratete sie einen deutlich älteren Zahnarzt und wurde Mutter einer Tochter. Nachdem die Ehe zu Bruch gegangen war, arbeitete Ellis als Prostituierte.

Ab 1953 managte Ellis einen kleinen Club, in dem sie den drei Jahre jüngeren und verlobten Rennfahrer David Blakely kennenlernte, mit dem sie eine Affäre begann. Auch er war gewalttätig und schlug Ellis unter anderem so hart in den Bauch, dass die damals Schwangere eine Fehlgeburt hatte. Am Ostersonntag 1955 erschoss Ellis ihren Liebhaber vor einem Pub in Hampstead. Ellis selbst stand nach der Tat unter Schock und verlangte nach der Polizei, die Ellis noch am Tatort verhaftete.

Die Gerichtsverhandlung und die Hinrichtung

Ellis wurde zügig vor Gericht gestellt, wo sie die Tat gestand. Als Staatsanwalt Christmas Humphreys fragte, When you fired the revolver at close range into the body of David Blakely, what did you intend to do?”; Ellis antwortete: “It’s obvious when I shot him I intended to kill him.”

Auf Mord stand in Großbritannien zu diesem Zeitpunkt die Todesstrafe, zu der Ellis auch verurteilt wurde. Ihr Verteidiger hatte mildernde Umstände angebracht und schilderte die Misshandlungen durch Blakely. Ellis habe in einem psychischen Ausnahmezustand gestanden und sei für die Tat nicht verantwortlich. Die öffentliche Meinung war geteilt: Viele sahen in Ellis eine Opferfigur, die von einem gewalttätigen Mann zu einer fatalen Handlung getrieben wurde, während andere in ihr eine mörderische femme fatale sahen. Am 13. Juli 1955 wurde Ellis im Holloway-Gefängnis in London gehängt. Sie wurde nur 28 Jahre alt.

Ihre Hinrichtung war die letzte in Großbritannien, bevor die Todesstrafe 1965 abgeschafft wurde.

Mishcon de Reya und der Ruf nach einer posthumen Begnadigung

Die renommierte Anwaltskanzlei Mishcon de Reya verlangt im Fall Elis eine posthume Begnadigung. Der Hintergrund: Einer ihrer damaligen Anwälte hatte Ellis bei ihrer Scheidung vertreten und war 1955 daran gescheitert, eine Begnadigung seiner Mandantin zu erreichen.

Auf Drängen ihrer Verwandten bat zunächst Ellis‘ Anwalt, John Bickford, den damaligen Innenminister Gwilym Lloyd George in einem siebenseitigen Schreiben um eine Begnadigung. Jedoch ohne Erfolg. Daraufhin entließ Ellis Bickford und bat darum, den Anwalt Leon Simmons zu sehen, der bei der Anwaltskanzlei Victor Mishcon arbeitete – jener Kanzlei, die sie zuvor in ihrer Scheidung vertreten hatte. Simmons überredete Ellis dazu, die Herkunft der Waffe zu verraten. Ellis gestand, dass sie diese von einem weiteren Geliebten erhalten habe, der sie auch zum Tatort gefahren hatte. Doch trotz dieser neuen Informationen wurde der Fall nicht neu aufgerollt. Der Innenminister war vielmehr der Meinung, dass die Herkunft der Waffe verrate, dass Ellis die Tat präzise geplant habe. Dies stelle ein noch viel verachtenswerteres Motiv dar und rechtfertige deswegen die Todesstrafe.

Die Anwaltskanzlei Mishcon de Reya will jetzt eine posthume Begnadigung erreichen. Ihre Begründung: Ellis habe aufgrund ihrer psychischen Ausnahmesituation und der Misshandlung durch Blakely, nicht die volle Verantwortung für ihre Tat. Mishcon de Reya konnte die Unterstützung von Historiker:innen und Psychiater:innen gewinnen, die die damalige Beurteilung von Ellis’ psychischem Zustand als unzureichend kritisieren. Frauen, die wie Ellis selbstbestimmt ihren Lebensunterhalt verdienten und nicht ihre gesellschaftlich vorgesehene Rolle als Hausfrauen erfüllten, seien vom damaligen Justizsystem benachteiligt worden. Zudem gäbe es Hinweise darauf, dass das Gericht nicht alle relevanten Informationen berücksichtigt habe, was eine fehlerhafte Verurteilung zur Folge hatte.

Katy Colton, Partnerin in der Kanzlei Mishcon de Reya, die den Fall anführt, ist der Meinung: Securing a posthumous pardon for Ruth Ellis is not just about correcting a historical wrong; it is about acknowledging the systemic failures that led to her unjust conviction and execution. Our legal system must reflect the values of fairness and justice, and we are committed to presenting the compelling new evidence that supports an application for a pardon. We hope this case will highlight the importance of due process and the need to ensure that justice is served, even many years after the fact.” 

Die Geschichte von Ruth Ellis wurde unter dem Titel “A Cruel Love: The Ruth Ellis Story” als vierteilige Miniserie verfilmt.


Fundstelle: https://www.mishcon.com/

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