Der perfekte Betrug? Die Wirecard-Illusion und ihr Zusammenbruch

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Wirecard, ein leuchtendes Beispiel für deutsche Innovationskraft im Bereich der Finanztechnologien. Doch hinter der schillernden Fassade verbarg sich einer der größten Finanzskandale Deutschlands. Das Unternehmen, was einst als Hoffnungsträger gefeiert wurde, fand sein Ende in einem der spektakulärsten Betrugsfälle der letzten Jahrzehnte.

Von kleinen Anfängen zum Fintech-Giganten

Im Münchner Stadtteil Lehel begann 1999 die Geschichte von Wirecard, damals noch ein kleines Start-up, das aus einer Ausgliederung der Firma Securitas Internet Systems GmbH entstand. Der Mitgründer Detlev Hoppenrath hatte bereits 1998 seinem Geschäftspartner Peter Herold seine innovative Geschäftsidee präsentiert: eine Softwarelösung, die elektronische Zahlungen zwischen Kreditkartenunternehmen, Online-Händlern und deren Kunden vereinfachen sollte. Markus Braun übernahm 2002 die Führung und das Unternehmen fusionierte mit Electronic Business Systems, wodurch der Aufstieg von Wirecard ins Rollen kam.

Bereits 2005 betrat Wirecard die Frankfurter Börse, durch die Übernahme einer börsennotierten Callcenter-Gruppe. Dieser Umweg ersparte Wirecard die strengen Prüfungen eines regulären Börsengangs. 

Mit dem Kauf der XCOM setze Wirecard einen Fuß ins Bankwesen. Die Wirecard Bank erhielt Visa- und Mastercard-Lizenzen, dadurch wurde der Vergleich mit Wettbewerbern und dem Unternehmen erschwert. Gerade dieser Umstand veranlasste Investoren dazu, auf die internen Zahlen von Wirecard zu vertrauen. 2008 wurden erstmals Zweifel an den Bilanzpraktiken geäußert. Eine Sonderprüfung durch EY (Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) wies die Vorwürfe zunächst zurück, dies sorgte jedoch langfristig für mehr Misstrauen.

Offensive Expansion und erste Skandale

2011 bis 2014 sind von aggressiven Expansionen durch den COO Jan Marsalek geprägt. In Asien wurden zahlreiche Zahlungsunternehmen, häufig jedoch unter zweifelhaften Bedingungen, gekauft. Die Begeisterung der Investoren nahm durch die hohen Wachstumszahlen und angeblich überlegener Technologie, stetig zu.

Ab 2015 begann die Financial Times (FT) in ihrer Seire „House of Wirecard“ Fragen über die Buchführung des Unternehmens zu stellen. Wirecard wies jedes Misstrauen von sich und drohte sogar mit juristischen Folgen. Die Aktien steigen weiter und erreichten 2018 schließlich ihren Höhepunkt mit einer Bewertung von über 24 Milliarden Euro.

Vom Verdacht zum Einsturz

Im Jahr 2019 nahmen die Vorwürfe drastisch zu. Eine Sonderprüfung durch KPMG brachte erste Hinweise auf massive Unregelmäßigkeiten in den asiatischen Geschäften ans Licht. Trotz den von Wirecard erhobenen Klagen gegen Journalistinnen und Kritikern, wuchs das Misstrauen unaufhaltsam.

Wirecard kündigt am 18. Juni 2020 an das 1,9 Milliarden Euro „fehlen“ – Gelder die wahrscheinlich nie existiert haben. Innerhalb weniger Tage kollabierte das Unternehmen vollständig. Ein Tag nach der Bekanntgabe erklärt Markus Braun in einem Statement-Video, es könne zum aktuellen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass die Wirecard AG Opfer eines Betrugs geworden sei. Am 19. Juni 2020 tritt Markus Braun zurück und wird schließlich am 23. Juni 2020 verhaftet. Der COO Jan Marsalek ist untergetaucht und wird bis heute international gesucht.

Bereits am 29. Juni 2020 stellte sich die Frage der Zuständigkeit: Niemand schien wirklich klar zu wissen, wer für die Kontrolle Wirecard verantwortlich gewesen war. Am 7.Juli 2020 begann dann der Insolvenzverwalter Michael Jaffe den Verkaufsprozess für lukrative Wirecard-Teile.

Aktueller Stand

Ex-CEO Markus Braun steht vor Gericht und muss sich wegen Betrugs und Bilanzfälschung verantworten. Während Jan Marsalek weiterhin international gesucht wird und mit Spionagevorwürfen im Zusammenhang steht, wurden mehrere frühere Vorstände bereits zu hohen Schadensersatzzahlungen verurteilt. Das Insolvenzverfahren läuft noch immer, und für geschädigte Aktionäre bleibt die juristische Aufarbeitung langwierig und kompliziert.

Was einmal als deutsche Erfolgsgeschichte gefeiert wurde, endete als einer der größten Finanzskandale der letzten Jahre. Der Fall Wirecard macht deutlich, wie schnell Vertrauen verloren geht, wenn glänzende Zahlen nicht hinterfragt werden. Für tausende betroffene Aktionäre bleibt vor allem die Hoffnung auf Entschädigung – und die schmerzhafte Erkenntnis, dass auch vermeintlich sichere Erfolge kritisch betrachtet werden sollten.


Fundstellen:

https://www.ft.com/
https://www.rnd.de/

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Angelique Schneider
Angelique Schneiderhttps://www.study-with-angie.de/
Aktuell Jura-Studentin und Bloggerin mit Schwerpunkt auf Insolvenz-, Arbeits- und Wirtschaftsrecht. Ich teile meine Leidenschaft für spannende Rechtsthemen, Lernstrategien und Einblicke in meinen Alltag zwischen Studium, Familie und Unternehmertum. Auf meiner Webseite findest du außerdem meine eigenen Studienunterlagen, die die helfen, dein Studium effizienter und erfolgreicher zu gestalten.

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