Ist Bambus eine „Hecke“ im juristischen Sinn? Und wie hoch darf der Bambus wachsen, bis sich die Nachbarschaft beschweren darf?

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In Deutschland ist der Nachbarschaftsstreit beinahe so beliebt wie ein Grillabend im Garten – es gibt immer jemanden, der sich über etwas beschwert. Die kuriosesten Fälle landen sogar öfter mal vor dem Bundesgerichtshof. Eventuell, weil Nachbar:innen in der Verfolgung ihrer „Rechte“ besonders hartnäckig sind? Jurastudierenden und Jurist:innen beschert diese Tatsache regelmäßig besonders skurrile Fälle. So auch hier, wo es um die Frage ging, ob Bambus eine „Hecke“ darstellt und wie hoch dieser Bambus an der Grundstücksgrenze wachsen darf.

Unser heutiger Fall spielt in Hessen. Schon seit den 1960er-Jahren verläuft entlang der Grundstückgrenze einer Frau eine Aufschüttung, die von einer 28 Meter langen und einen Meter hohen Mauer aus Betonprofilen gestützt wird. 2018 kam die Frau auf die Idee, hier auch noch Bambus anzupflanzen. Bambus wächst sehr schnell. In diesem Fall erreichte die „Bambushecke“ nach nur wenigen Jahren bereits eine Höhe von sieben Metern.

Sieben Meter Bambus zu hoch?

Der Nachbar fühlte sich von der riesigen Pflanze so sehr bedrängt, dass er das Gericht einschaltete. Er verlangte vor dem Landgericht Frankfurt a.M., die Frau müsse den Bambus auf eine Wuchshöhe von maximal drei Metern zurückschneiden. Diesen Rückschnitt ordnete das Gericht auch an.

Doch das ließ sich seine Nachbarin nicht gefallen und legte Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt a.M. ein. Dieses stellte fest, dass es sich bei dem Bambus zwar um eine „Hecke“ im Sinne des hessischen Nachbarrechtsgesetzes handele, durch den Bambus sei der Nachbar allerdings nicht beeinträchtigt. Denn der Bambus sei in einem Abstand von 75 cm zur Grundstücksgrenze gepflanzt worden, was exakt den Anforderungen von § 39 Abs. 1 Nr. 1 NachbG HE entspreche. Der Nachbar habe deswegen keinen Rückschnittanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis.

Eine Hecke im juristischen Sinne?

Doch damit nicht genug. Der Fall landete vor dem BGH. Dieser musste sich erneut mit dem „Heckenbegriff“ befassen. Denn Hecken sind in Hessen gegenüber anderen Gewächsen wie z.B. „Bäumen“ privilegiert, weswegen geringere Abstandsflächen gelten. Was als “Hecke” gilt, hängt dabei maßgeblich vom äußeren Erscheinungsbild ab. Eine „Hecke“ müsse einen geschlossenen Eindruck als Einheit vermitteln. Das Problem: Verlieren Pflanzen ab einer bestimmten Höhe ihre „Heckenqualität“? Handelt es sich bei einem sieben Meter hohen Bambus eventuell deswegen nicht mehr um eine „Hecke“? Das verneinte der BGH. Aus dem Begriff “Hecke” lasse sich keine allgemeine, gesetzlich festgelegte Höhenbegrenzung ableiten.

Auch wenn der BGH damit bzgl. des Heckenbegriffs der Frau Recht gab, muss das OLG Frankfurt a.M. nochmal entscheiden. Die Richter:innen in Karlsruhe zweifelten nämlich daran, ob der Bambus wirklich den vorgeschriebenen Mindestabstand von 75 cm für Hecken über zwei Meter Höhe einhält. Das muss jetzt nochmal nachgemessen werden.


BGH, Urt. v. 28.03.2025, Az. V ZR 185/23

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