Unerkannt geisteskrank? Kommt selten vor, kann aber dazu führen, dass man auf den Notarkosten sitzenbleibt

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Eine beliebte Konstellation in Hausarbeiten und Klausuren: Ein unerkannt Geisteskranker schließt einen Vertrag. Und dann? Was sich wie aus einem Film anhört, kommt in Realität leider immer mal wieder vor. So auch im Fall einer älteren Dame, die beschloss, ihren Bankberater zu adoptieren, um ihn als Alleinerben einzusetzen. Später entschied sich die Frau doch gegen eine Adoption und es stellte sich heraus, dass sie unerkannt geisteskrank und damit geschäftsunfähig war. Der Notar will jetzt die Kosten von rund 3.500 Euro für seine Beratung von der Frau erstattet haben.

Auch wenn sich der Sachverhalt aus Laiensicht sehr unmoralisch anhört, ist die Rechtslage nicht so eindeutig wie man annehmen könnte. Das Landgericht Berlin und das Kammergericht lehnten einen Kostenerstattungsanspruch des Notars aus § 29 Nr. 1 Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) ab. Deswegen musste sich der BGH mit dem Fall beschäftigen.

Öffentlich-rechtlicher Vertrag mit Notar:innen

Das Problem. Ob ein Kostenanspruch aus § 29 Nr. 1 GNotKG in Fällen der Geschäftsunfähigkeit (hier wegen einer unerkannt Geisteskranken nach § 104 Nr. 2 BGB) besteht, ist umstritten. Eine Ansicht wendet §§ 104 ff. BGB analog uneingeschränkt auf die Beauftragung von Notar:innen an, was dazu führt, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung entfällt. Eine vermittelnde Ansicht nahm einen Kostenanspruch nur dann an, wenn eine konkrete notarielle Beurkundung beauftragt wurde, weil Notar:innen über § 15 Abs. 1 S. 1 BNotO in diesem Fall sogar verpflichtet seien, tätig zu werden.

Der BGH schloss sich jetzt aber einer anderen, weiten Ansicht an. §§ 104 ff. BGB könnten im vorliegenden Fall nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags führen, weil sie nicht anwendbar seien. Zwischen Notar:innen und ihren Mandant:innen käme nämlich kein privatrechtlicher Vertrag zustande, sondern ein öffentlich-rechtlicher. Sowohl eine direkte als auch eine analoge Anwendung der § 104 ff. BGB scheitere deswegen. § 29 Nr. 1 GNotKG sehe eindeutig eine Kostenübernahme vor, weswegen es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Es fehle zudem an einer vergleichbaren Interessenlage. Die Unsicherheit, dass ein privatrechtlicher Vertrag unwirksam sei, sei vom Rechtsverkehr zu akzeptieren. Dies gelte aber nicht für das Notarrecht. Notar:innen dürften wegen. § 11 Abs. 1 Beurkundungsgesetz eine Beurkundung erst ablehnen, wenn sie sich zuvor von der Geschäftsunfähigkeit überzeugt haben.

Im Ergebnis muss die (unerkannt geisteskranke) Frau die Notarkosten in Höhe von 3.500 Euro damit bezahlen.


Entscheidung: BGH, Beschl. v. 26.02.2025 – IV ZB 37/24

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