Neben der Justiz sind inzwischen auch Kanzleien ins Visier des US-Präsidenten Donald Trump geraten. Wer sich dem Druck der neuen US-Regierung nicht beugt, dem drohen wirtschaftliche Schäden. Ein Ausverkauf des Rechtsstaates wie wir ihn kennen, steht bevor. Unter den Anwaltskanzleien, die sich gegen Trump zur Wehr setzen, sind dabei nur sehr wenige Großkanzleien.
Die internationale Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer hat als einzige der 20 umsatzstärksten Kanzleien der USA öffentlich Position bezogen – und zwar gegen US-Präsidenten Donald Trump. Freshfields ist damit die einzige sogenannte „Top 20“-Kanzlei, die einen öffentlichen Brief unterzeichnet hat, der die Kanzlei Perkins Coie in ihrer Klage gegen eine präsidiale Verfügung unterstützt. Diese Verfügung untersagt Perkins den Zugang zu staatlichen Aufträgen und Immobilien – ein Schritt, den Kritiker:innen des US-Präsidenten als politisch motivierte Vergeltung für Perkins’ frühere rechtliche Schritte gegen Trumps Politik werten.
Mehr als 500 Kanzleien unterzeichnen
Mehr als 500 meist kleine und mittelgroße Kanzleien haben das Dokument mitunterzeichnet. Große Wirtschaftskanzleien beteiligen sich an der Aktion hingegen kaum. Sie fürchten offenbar, durch die öffentliche Unterstützung von Perkins wirtschaftlich abgestraft zu werden. So berichtet die Financial Times, dass insbesondere Kanzleien mit großen Regierungsmandaten Zurückhaltung üben.
Freshfields’ Schritt ist umso bemerkenswerter, als die in London gegründete Kanzlei derzeit massiv in den US-Markt expandiert. Ein offener Bruch mit der politischen Spitze könnte aus wirtschaftlicher Sicht riskant sein. Dennoch hat sich die Kanzlei nicht gescheut, ihre Position öffentlich zu machen – und steht damit symbolisch für ein Festhalten an rechtsstaatlichen Prinzipien. Kanzleien wie WilmerHale, Covington & Burling oder Jenner & Block – die selbst bereits gegen Exekutivverfügungen Trumps geklagt haben – haben den Brief ebenfalls unterschrieben
Ein juristisches und moralisches Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit
Die öffentliche Stellungnahme, federführend erstellt von der renommierten Boutique-Kanzlei Munger, Tolles & Olson aus Los Angeles, kritisiert Trumps Vorgehen scharf. Die Verfügung gegen Perkins Coie wird darin als verfassungswidrig bezeichnet. Der Brief warnt davor, dass jede rechtliche Vertretung gegen die aktuelle US-Regierung künftig zur existenziellen Gefahr für Kanzleien werden könne. Die Angst vor Repressalien zerstöre auf lange Sicht das Fundament eines demokratischen Rechtsstaats.
Währenddessen streben große Kanzleien wie Kirkland & Ellis, Latham & Watkins und Simpson Thacher offenbar Vergleiche mit der Trump-Regierung an, um von möglichen Sanktionen verschont zu bleiben. Ebenfalls in der Kritik: Einige Großkanzleien, wie etwa Paul Weiss oder Skadden, sicherten der Trump-Regierung insgesamt 340 Millionen US-Dollar in Form von pro bono-Leistungen an von Trump unterstützte Organisationen zu – eine Art inoffizieller Ablasshandel zur Vermeidung weiterer Konflikte mit dem US-Präsidenten.
Diese Entwicklungen sorgen intern für Unruhe. Junge Anwält:innen, Associates und Alumni äußern zunehmend öffentlich Kritik an ihren (ehemaligen) Kanzleien – etwa in offenen Briefen (über 1.000 Unterschriften) oder auf Social Media – und werfen den Partner:innen vor, kurzfristige wirtschaftliche Interessen über ethische Prinzipien und den Rechtsstaat zu stellen.
In einer Zeit, in der die Grenzen zwischen Politik, Recht und wirtschaftlichen Interessen verschwimmen, zeigt sich: Rechtsstaatlichkeit braucht Mut. Und manchmal beginnt dieser Mut mit einer einzigen Unterschrift.
Fundstelle: https://www.ft.com/