Happy Star Wars Day! Den 4. Mai („may the 4th be with you“) nehmen Fans der Weltraumsaga jährlich zum Anlass, um das Fandom gebührend zu feiern. Ein besonderer Leckerbissen stellt in diesem Jahr das Erscheinen der zweiten Staffel der Spin-Off-Serie „Andor“ dar. In der Serie wird – passend zur aktuellen politischen Stimmung – das Scheitern eines demokratischen Staates nachgezeichnet. Zu den Anspielungen auf das Dritte Reich gehört dabei unter anderem eine Szene, die an die Wannsee-Konferenz erinnert.
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„So stirbt auch die Demokratie, mit tosendem Applaus”
Schon im Film „Star Wars: Die Rache der Sith”, der vor zwanzig Jahren ins Kino kam, stellt die Senatorin des Planeten Naboo, Padmé Amidala, fest: „So stirbt auch die Demokratie, mit tosendem Applaus”.
Der Hintergrund: Unmittelbar nach der Vernichtung der Jedi erklärt Darth Sidious in einer Sondersitzung des von ihm kontrollierten Galaktischen Senats, die Umformung der Republik in das erste Galaktische Imperium. Seine Begründung: „Um weiterhin allgemeine Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten, wird die Republik umgestaltet werden, und zwar zum ersten galaktischen Imperium zum Wohle und Nutzen einer stabilen und sicheren Gesellschaft“. Darth Sidious ruft sich selbst zum Imperator aus, worauf der Senat mit donnerndem Applaus den Beginn der Neuen Ordnung begrüßt.
In der Wissenschaft ist die Anlehnung des Imperiums an den NS-Staat allgemein anerkannt. Ähnlich wie Adolf Hitler präsentiert sich auch Star-Wars-Kanzler Palpatine als „starker Führer“ und nutzt die demokratische Institution des Senats für seine „legale“ Machtergreifung. Dabei kommt es – u.a. mit Order 66 – zu einer Verfolgung und Ermordung der Gegner des Imperiums, wozu auch die Jedi gehören.
Auch optisch erinnern die Star-Wars-Filme stark an den Nationalsozialismus. Die brutale Architektur, die grauen Uniformen („Hugo Boss-inspired feldgrau“), das Aufmarschieren in Reih und Glied. Am auffälligsten ist dabei aber sicherlich die Schlussszene von Episode IV, die dem Nazi-Propagandafilm „Triumph des Willens“ (1934) nachempfunden ist. Das Original zeigt Hitler und zwei weitere Naziführer, die zwischen einem Spalier aus Menschen hindurch den Weg zum Ehrendenkmal für die Gefallenen des 1. Weltkriegs gehen. Star-Wars-Schöpfer George Lucas greift diese Einstellung auf. Und auch die Anlehnung der „Stormtrooper“ an die SA-Sturmabteilung ist alles andere als subtil.
„Wie ein roter Faden zieht sich die Parallelisierung des Imperiums mit dem nationalsozialistischen Regime durch die Star-Wars-Filme“, schreibt beispielsweise die deutsche Historikerin Christiane Kuller in einem Aufsatz.
Andor: Polit- und Spionagethriller
In der Serie „Andor“ wird das einstige Weltraummärchen zum düsteren Polit- und Spionagethriller. Die Serie erzählt die Vorgeschichte zum Kinofilm „Rogue One: A Star Wars Story“ rund um den Rebellen Cassian Andor (Diego Luna). Die zweite Staffel von „Andor“, die auf Disney+ streamt, startete am 23. April. Die Staffel umfasst insgesamt zwölf Folgen.
Showrunner Tony Gilroy greift diese Parallelen in Staffel 2 von „Andor“ jetzt erneut auf und äußerte sich in einem Interview sogar explizit zum Vergleich mit dem NS-Staat.
Direkt in der ersten Folge der neuen Staffel ruft der Imperiale Direktor Orson Krennic (Ben Mendelsohn) ein geheimes Treffen in einer abgelegenen Festung ein, um die Ausbeutung des Planeten Ghorman zu besprechen – mit erschreckenden Parallelen zu historischen Gräueltaten. Das Imperium will auf Ghorman die seltene Ressource „Kalkite“ abbauen. Das Problem: Durch die Bergarbeiten wird der Kern des Planeten instabil, was letztendlich die Zerstörung des gesamten Planeten und die Vernichtung aller Bewohner:innen zur Folge haben wird. Um den Widerstand des Senats zu verringern, will das Imperium eine Propagandakampagne lostreten und die Bewohner:innen Ghormans gezielt diskreditieren. Die verschneite Festung, in der das Meeting stattfindet, ähnelt dabei optisch Schloss Wewelsburg, das ab 1934 von der SS unter Heinrich Himmler genutzt wurde sowie dem Kehlsteinhaus (Eagle‘s Nest), das Hitler als beliebter Treffpunkt diente.
Parallele zur Wannsee-Konferenz 1942
Tony Gilroy bestätigte in einem Interview mit Polygon, dass diese Szene aus “Andor” maßgeblich von der Wannsee-Konferenz im Jahre 1942 inspiriert wurde, bei der hochrangige Nazis die “Endlösung der Judenfrage” koordinierten. Die Vernichtung eines gesamten Volkes wird in “Andor” dabei völlig nüchtern und im Rahmen eines „Lunches“ mit Häppchen und kalten Getränken diskutiert.
In einer späteren Episode sieht man außerdem, dass sich die Menschen auf Ghorman wie Europäer in den 30er Jahren kleiden. Die Farbe und der Schnitt der Kleidung erinnert an Fotos von Widerstandskämpfer:innen wie beispielsweise den Geschwistern Scholl. Und auch auf Ghorman finden sich Rebellen zusammen, um – sprichwörtlich im Untergrund – gemeinsam gegen das Imperium vorzugehen.
Auch, wenn die Anlehnung von Star Wars an das Dritte Reich für Fans keine Überraschung ist, ist die Intensität mit der „Andor“ diese Parallelen aufgreift, erstaunlich. In einer Zeit, in der die „Erinnerungskultur“ immer mehr in der Kritik steht und die letzten Zeitzeugen des Holocaust versterben, ist es aber sicherlich nicht falsch, Themen wie das Abgleiten einer Demokratie in eine Diktatur auch in der Unterhaltungsindustrie und auf der großen Leinwand aufzugreifen.
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