„Oops, Sie haben doch bestanden“ – Vertauschte Noten bei Bar Exam in Kalifornien

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Ein schwerer Fehler der kalifornischen Anwaltskammer hat im Mai 2025 für große Verwirrung und Unmut unter Jurastudierenden gesorgt: Vier Kandidat:innen, die das berüchtigte Bar Exam im Februar 2025 absolviert hatten, wurden zunächst fälschlich über ihr Nichtbestehen informiert. Erst Tage später korrigierte die Behörde ihre Angaben – die Betroffenen hatten die Prüfung tatsächlich bestanden.

Mehr als 4.200 angehende Jurist:innen hatten im Februar 2025 die Zulassungsprüfung der State Bar of California abgelegt – eine der anspruchsvollsten Berufsprüfungen der Vereinigten Staaten. Für viele entscheidet das Ergebnis über Karrierestart oder monatelangen Wiederholungsstress. Umso größer war der Schock für vier Prüflinge, die laut offizieller Mitteilung durchgefallen waren. Die Erleichterung kam erst Tage später: Man habe sich geirrt, die Prüfung sei doch bestanden worden.

“Sorry, Sie sind durchgefallen – ach nein, unser Fehler”

„Wir bedauern diesen Fehler zutiefst und entschuldigen uns aufrichtig bei den Betroffenen“, teilte die Anwaltskammer in einer Presseerklärung mit. Man arbeite mit Hochdruck daran, die Ursachen zu untersuchen. Die Fehler lagen nach Angaben der Organisation in unterschiedlichen Bereichen: In einem Fall wurde eine fehlerhafte Punktzahl berechnet, in weiteren Fällen waren unvollständige Datenübertragungen von Antworten der Grund.

Für die Betroffenen bedeutete der Fehler weit mehr als ein kurzer Schock – er hatte konkrete Konsequenzen. Eine der Kandidatinnen, die irrtümlich als durchgefallen galt, hatte bereits ihren Arbeitgeber informiert. Falsche Mitteilungen können das berufliche Ansehen und den Karriereweg der angehenden Jurist:innen empfindlich beeinträchtigen. Auch psychisch ist der Druck enorm – gerade nach einer intensiven Vorbereitungsphase, die oft monatelang dauert und in den USA nicht selten mit hohen finanziellen Kosten verbunden ist.

Vertrauen erschüttert, Einsatz von KI problematisch

Dass ein derart gravierender Fehler nicht sofort auffiel, stellt die Organisator:innen in ein schlechtes Licht. Der Ruf der kalifornischen Anwaltskammer leidet besonders, da es nicht der erste Zwischenfall im Zusammenhang mit der digitalen Durchführung des Bar Exams ist. Bereits in der Vergangenheit hatten Prüflinge über technische Schwierigkeiten bei Online-Prüfungen geklagt – etwa über Verbindungsabbrüche, Systemabstürze oder unklare Prüfungsbedingungen.

Besonders brisant ist in diesem Zusammenhang, dass die Februar-Prüfung 2025 teilweise mithilfe künstlicher Intelligenz erstellt wurde. Laut Angaben der Prüfungsbehörde kamen bei 23 der insgesamt 171 Multiple-Choice-Fragen KI-Tools zum Einsatz. Dies hatte schon im Vorfeld zu Kritik von Rechtsprofessor:innen und Studierenden geführt, da viele die Qualität und Fairness der so generierten Fragen anzweifelten. Die Prüfungsaufsicht betonte allerdings, dass alle KI-Fragen von Fachjurist:innen überprüft worden seien.

Neben der Notenkorrektur ist auch das Vertrauen in die Prüfungsstruktur angekratzt. Denn wie sich zeigt, reichen technische Innovationen allein nicht aus, um Prüfungen effizienter oder gerechter zu gestalten – vor allem dann nicht, wenn sie fehleranfällig oder schlecht integriert sind. Die kalifornische Anwaltskammer steht nun unter Zugzwang: Sowohl die technische Infrastruktur als auch die Kontrollprozesse müssen überarbeitet werden.

Anwaltskammer verspricht “verlässliche und transparente” Prüfungen

Die Reaktion der Prüfungsbehörde folgte prompt: Das nächste Bar Exam, das im Juli 2025 stattfinden wird, soll wieder vollständig in Präsenz abgehalten werden. Man wolle auf diese Weise technische Fehlerquellen minimieren und ein „verlässlicheres und transparenteres Prüfungsumfeld“ schaffen. Zwar ist diese Entscheidung mit höheren logistischen und finanziellen Aufwänden verbunden, doch viele Prüflinge und Ausbilder:innen begrüßen die Rückkehr zu klassischen Prüfungsformen.

Parallel zur Umstellung auf Präsenzformate hat die Behörde angekündigt, eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle in Auftrag zu geben. Gleichzeitig kündigte die Prüfungsbehörde an, das Unternehmen Meazure Development, das für die Durchführung des Examens verantwortlich war, zu verklagen. Auch personell hat der Fehler Konsequenzen: State Bar Executive Director Leah Wilson kündigte an, aufgrund der Vorfälle im Juli zurückzutreten.

Für Jurastudent:innen in Kalifornien – aber auch im Rest der USA – bleibt die zentrale Frage bestehen, wie zuverlässig Prüfungen dieser Tragweite organisiert werden. Die Ereignisse rund um die Februarprüfung zeigen deutlich die wachsende Komplexität moderner Prüfungsformate. Während digitale Tools und künstliche Intelligenz das Potenzial haben, Prüfungen zu modernisieren und zu vereinfachen, zeigen Fehler wie in Kalifornien, dass Technologie nie ohne menschliche Kontrolle und Qualitätsprüfung auskommen darf. Im Gegenteil: Gerade bei so sensiblen Verfahren wie einer Berufsprüfung müssen Standards besonders hoch sein.

Auffallend: Überdurchschnittlich viele Kandidat:innen bestanden die Februarprüfung – insgesamt 56 Prozent der Teilnehmenden. Normalerweise liegt die Bestehensqote nur bei etwa 35 Prozent. Für die vier fälschlich durchgefallenen Prüflinge hat die Korrektur letztlich Erleichterung gebracht. Sie haben die Zulassungsprüfung zur Anwaltschaft bestanden und können ihre Karriere als Jurist:innen jetzt beginnen.


Fundstelle: https://www.reuters.com/

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