Der BGH entschied, dass die Annahme von Tötungsvorsatz bei mehreren Schlägen mit einem Quarzhandschuh in das Gesicht des Opfers, naheliegt.
Der Hintergrund: Eine Ordnungsbehörde ging 2020 verwaltungsrechtlich gegen ein Wettbüro vor, das gegen die geltenden Corona-Vorschriften verstieß. Der Vater des Inhabers entschied sich daraufhin, mit zwei weiteren Männern einen Mitarbeiter der Behörde krankenhausreif zu schlagen. Er ging aufgrund von Missverständnissen irrig davon aus, dass die Behörde einen “persönlichen Feldzug gegen ihn und die Betriebe seines Sohnes“ betrieben. Aufgrund des Übergriffs erhoffte er sich zudem, von den kommunalen Behörden gegenüber der Konkurrenz bevorzugt zu werden.
Täter lauern Opfer auf, um es zu verprügeln
Zur Durchführung des Plans brachte man zunächst die Wohnadresse des Mitarbeiters und dessen Arbeitsweg nebst üblichen Gehzeiten in Erfahrung. In der Nähe seines Hauses lauerten die Männer dem Mitarbeiter auf, wobei einer der später angeklagten einen mit Quarz verstärkten Handschuh trug. Sie sprangen ihn von hinten an und rissen ihn zu Boden. Dort drehten zwei der Männer auf den Rücken und begannen beide, mit Fäusten mindestens zwanzig Mal wuchtig auf seinen Kopf einzuschlagen. Dabei war ihnen bewusst, dass sie ihm dabei potentiell lebensgefährliche Verletzungen beibringen konnten.
Das Opfer erlitt eine beidseitige Fraktur des Orbitabodens (Durchbruch zwischen Augenhöhle und Kieferhöhle), eine Gehirnerschütterung sowie eine Vielzahl von Prellungen des Gesichts und des Handgelenks. Diese Verletzungen hätten ohne zeitnahe medizinische Intervention zum Tode führen können.
Das Landgericht Marburg ordnete dies lediglich als gefährlicher Körperverletzung sowie Nötigung ein. Die Ablehnung des Tötungsvorsatzes durch die Richter:innen bezeichnete der BGH in seiner Entscheidung jetzt als abwegig.
Schläge mit Quarzhandschuh ins Gesicht objektiv sehr gefährlich
Als prüfungsmaßstab stellte der BGH auf eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände des Einzelfalles ab, in welche vor allem die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung, die konkrete Angriffsweise des Täters, seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung und seine Motivationslage einzubeziehen sind.
Hier hätten die Täter damit rechnen müssen, dass das Opfer zu Tode kommen könne.
Die konkrete Art der Tatausführung sei im vorliegenden Fall als “äußerst gefährliche Gewalthandlung” einzuordnen, was bei einer “derartigen Schlagfrequenz mit durch Quarzsandhandschuhen verstärkten Fäusten ins Gesichtsfeld des Opfers nahelieg[e].”
Auch das “Denkzettel”-Argument des Landgerichts, mit dem der Tötungsvorsatz verneint wurde, fand der BGH nicht überzeugend. Die Beweisaufnahme habe ein solches Vorstellungsbild gerade nicht ergeben. Der Tod des Behördenmitarbeiters hätte die beabsichtigte Abschreckungswirkung auf die Ordnungsbehörde sogar noch weit mehr erhöht, als den Mitarbeiter lediglich schwer zu verletzen.
Entscheidung: BGH, Urt. v. 18.12.2024, Az. 2 StR 297/24