Wenn der Gerichtssaal zur Bühne wird und Studierende in die Rollen von Staatsanwälten und Strafverteidigerinnen schlüpfen, dann ist es wieder so weit: Der Bundesweite Moot Court im Strafrecht steht an. Wochenlang hatten wir uns mit Paragrafen, Fallanalysen und Auslegungsfragen beschäftigt – immer mit dem Ziel vor Augen, den ersten Platz dieses Jahr nach Berlin zu holen. Am 1. Mai startete unser Team der Humboldt-Universität frühmorgens in ein intensives und unvergessliches Erlebnis, das uns nicht nur juristisch, sondern auch persönlich wachsen ließ. Was uns in Trier erwartete? Eine Mischung aus Nervenkitzel, Teamgeist und der besonderen Atmosphäre eines Wettbewerbs, der mehr ist als nur ein akademischer Wettkampf.
Dreimonatige, intensive Vorbereitung
Der 6. Bundesweite Moot Court im Strafrecht fand am 1. und 2. Mai 2025 in Trier statt. Unsere Reise begann am frühen Morgen des 1. Mai um 4:37 Uhr am Berliner Hauptbahnhof. Doch schon bevor wir in den Zug stiegen, hatten wir eine dreimonatige Vorbereitung hinter uns, bei der wir uns mit Brandstiftungsdelikten, Mordmerkmalen, sowie dem kleinen und großen Lauschangriff beschäftigten. Trotz der neuen Herausforderung eigene Plädoyers vorzubereiten, fühlten wir uns durch die Probepleadings vor einer Großkanzlei und der Staatsanwaltschaft gut vorbereitet. So stiegen wir am Donnerstag zwar müde, aber zuversichtlich in den Zug. Natürlich wurde die Zugfahrt noch fleißig zum Üben und Lernen der Plädoyers genutzt.
Trier begrüßte uns um 14 Uhr mit wunderschönem, sonnigen Wetter. Nach einer neun Stunden langen Zugfahrt stärkten wir uns zunächst bei einem Mittagessen an der Porta Nigra, bevor wir zum Hotel fuhren und uns kurz frisch machten.
Um 17:30 Uhr begann die offizielle Einführungsveranstaltung in den Thermen zum Viehmarkt. In der beeindruckenden historischen Kulisse lernten wir die anderen Teams kennen und die Paarungen für die Vorrunden wurden ausgelost: Unsere Staatsanwaltschaft sollte gegen das Team der Universität Trier antreten, unsere Verteidigung gegen das Team der Universität Nürnberg-Erlangen.
Nach einem unterhaltsamen Vortrag über das Juristische Scheitern ließen wir den Abend in den Thermen mit Pizza, freundlichen Gesprächen und neuen Bekanntschaften ausklingen. Im Hotel übten wir noch ein letztes Mal unsere Plädoyers und fielen dann erschöpft, aber zuversichtlich ins Bett.
Plädoyers, Spannung und ein knappes Aus
Der 2. Mai begann für uns um 8:30 Uhr mit einem stärkenden Frühstück und einem letzten Teambriefing – die Anspannung war spürbar, aber auch die Vorfreude auf das, was vor uns lag. Um 10:45 Uhr trat unsere Staatsanwaltschaft in einem überzeugenden Plädoyer gegen die Verteidigung der Universität Trier an und konnte dabei ihre Argumentation wirkungsvoll in Szene setzen. Nur wenig später, um 12 Uhr, war unsere Verteidigung gefordert – die letzte Gelegenheit, vor der Jury zu glänzen.
Da das diesjährige Finale vor dem Bundesgerichtshof in Leipzig stattfinden sollte, wurde im Anschluss ein KO-System eingeführt: Acht Teams sollten in direkten Duellen um den Einzug ins Finale kämpfen – ein Platz, der nur vier Teams vorbehalten war.
Nach einer kurzen Mittagspause wurde es ernst: Die KO-Kandidaten wurden im Landgericht Trier verkündet. Als achtplatziertes Team rückte die Humboldt-Universität in die KO-Runde ein und musste direkt gegen den Favoriten und Erstplatzierten, die Universität Bonn, antreten. Trotz starker Leistung und großer Motivation reichte es leider nicht – das Aus kam denkbar knapp.
Um 18:30 Uhr wurde im festlichen Ambiente des kurfürstlichen Palais die Finalrunde bekanntgegeben: Düsseldorf, Augsburg, Münster und Bonn zogen ins Finale ein. Auch wenn unser Weg hier endete, war der Tag für uns alles andere als ein Misserfolg.
Bei Getränken und spannenden Gesprächen ließen wir den Abend gemeinsam mit den anderen Teams ausklingen – stolz auf das Erreichte, bereichert um eine wertvolle Erfahrung und mit dem Gefühl, Teil von etwas ganz Besonderem gewesen zu sein.
Ein unvergessliches Erlebnis
Der Moot Court war mehr als nur ein juristischer Wettbewerb – er war eine bereichernde Erfahrung, die uns über uns selbst hinauswachsen ließ. Auch wenn wir am Ende nicht zu den Finalisten gehörten, haben wir unzählige besondere Momente erlebt und Erkenntnisse gewonnen, die kein Seminarraum in einer Universität vermitteln kann. Wir haben interessante neue Bekanntschaften geschlossen, Trierer Wein genossen und erhielten die Gelegenheit, in echten Roben in einem realen Gerichtssaal zu plädieren.
Besonders wertvoll war das Miteinander im Team: Wir sind in kürzester Zeit eng zusammengewachsen, haben uns gegenseitig unterstützt und jede von uns konnte ihre individuellen Stärken einbringen. Dabei entstand eine Zusammenarbeit, die von Vertrauen, Respekt und echter Rücksichtnahme geprägt war.
Diese Erfahrung war sowohl fachlich bereichernd als auch ein persönlicher Gewinn. Ich kann jeder Jurastudentin und jedem Jurastudenten nur ans Herz legen, an einem Moot Court teilzunehmen. Er fordert – und fördert – auf eine Weise, die im klassischen Studium kaum möglich ist.
Das große Finale am 16. Mai in Leipzig
Das Finale vor dem Bundesgerichtshof in Leipzig wurde am 16. Mai ausgetragen. Leider konnten wir nicht persönlich vor Ort sein.
Im Duell um den dritten Platz traten die Universität Bonn und die Universität Münster gegeneinander an. Den spannenden Kampf um den ersten Platz lieferten sich die Universität Augsburg und die Universität Düsseldorf. Als Sieger ging das Team der Universität Düsseldorf hervor. Somit wird Düsseldorf der Austragungsort des nächsten Bundesweiten Moot Courts im Strafrecht sein.
Mit Vorfreude auf den nächsten Moot Court gratulieren wir allen Finalistinnen und Finalisten – insbesondere dem Siegerteam der Universität Düsseldorf.