Überfahren einer Leiche ist kein Unfall

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Das Überfahren einer Leiche, die sich auf der Straße befindet, stellt keinen Unfall i.S.d. § 142 StGB dar. Das entschied das Amtsgericht Hagen in einem kuriosen Fall.

Wie die Leiche auf die Straße kam? Das fragen wir uns auch. Beschuldigt war eine Autofahrerin, die eine Straße in Iserlohn befuhr und dabei über den verstorbenen Körper einer Seniorin rollte. Danach soll sich die Autofahrerin vom Ort des Geschehens entfernt haben, ohne die Polizei zu alarmieren. Die Staatsanwaltschaft sah darin ein “unerlaubtes Entfernen vom Unfallort” i.S.d. § 142 StGB und beantragte die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis.

Das AG Hagen lehnte diesen Antrag ab. Es läge bereits kein “Unfall” im Sinne der Norm vor. Darunter versteht man jedes plötzliche, mit den typischen Gefahren des Straßenverkehrs ursächlich zusammenhängendes Ereignis, durch das ein nicht nur belangloser Fremdschaden verursacht wird. Und an diesem Fremdschaden fehlt es hier laut Gericht.

Kein Schaden entstanden

“Wenngleich eine Leiche im zivilrechtlichen Sinn eine Sache sein mag, repräsentiert sie keinen Sachwert, dessen Verletzung Schadensersatzansprüche auslösen könnte. […] Ein Schadensersatzanspruch resultiert auch nicht aus einer etwaigen Verletzung des Totenfürsorgerechts. Ein solches ist weder Bestandteil des Vermögens des Berechtigten noch ist das Totenfürsorgerecht durch das Überfahren beeinträchtigt. Eine etwaige Verletzung des Pietätsempfindens der Angehörigen stellt ebenfalls keine Schädigung im Rechtssinne dar.”

Und auch die Voraussetzungen des $ 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB seien nicht gegeben. Dies setze voraus, dass der Täter weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall an fremden Sachen bedeutender Schaden (über 1.500 Euro) entstanden ist. Hier fehlt es jedoch bereits an einem bezifferbaren Schaden, von dem die Autofahrerin hätte wissen können.

Im Ergebnis stellt sich trotzdem die Frage, ob man eine Autofahrerin weiterhin als Verkehrsteilnehmerin haben möchte, wenn diese 1,60m große “Gegenstände” bzw. sogar erkennbare (aber nicht erkennbar tote) Personen auf der Straße einfach überrollt, statt auszuweichen/abzubremsen und danach nicht einmal anhält, um Hilfe zu leisten.


Entscheidung: AG Hagen, Beschl. v. 06.06.2025, Az. 66 Gs 733/25

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