Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg entschied, dass ein Polizeianwärter, der ein frauenverachtendes Foto in einem dienstlichen WhatsApp-Chat geteilt hat, nicht entlassen werden darf.
Behinderte Frau als „Bumsklumpen“
Der 2000 geborene Polizeianwärter hatte im Jahr 2020 in einem Chat seiner Ausbildungsklasse ein Bild eingestellt, das eine nackte, körperlich behinderte Frau mit dem Schriftzug „Bumsklumpen“ zeigte. Zu diesem Zeitpunkt absolvierte der junge Mann als Beamter auf Widerruf den Vorbereitungsdienst für den Polizeivollzugsdienst an der Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt.
Als der Klassenchat 2023 im Rahmen anderer Ermittlungen bekannt geworden war, reagierte die zuständige Behörde: Sie entließ den Anwärter aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und wertete den Vorfall als schwerwiegenden Verstoß gegen die beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht (§ 34 BeamtStG). Widerspruch und Klage vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg blieben zunächst erfolglos.
In dem Chat kursierten laut Feststellungen des Gerichts zahlreiche weitere geschmacklose und teils frauenverachtende Inhalte. Die Ermittlerinnen und Ermittler hatten insgesamt 5.218 Einzelnachrichten ausgewertet.
Kein endgültiger Eignungsmangel
Das OVG Magdeburg hob die Entlassungsverfügung nun auf. Nach Auffassung des Gerichts lagen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG – mangelnde Bewährung während der Probezeit – nicht vor. Maßgeblich sei, dass der Vorfall zeitlich vor Beginn der Probezeit lag und sich der Kläger seither keine weiteren – bekannten – Pflichtverstöße habe zuschulden kommen lassen.
Der Senat betonte, dass der in Rede stehende Beitrag zwar eine erhebliche Pflichtverletzung darstelle. Das Gericht stellte fest: „Das vom Kläger verbreitete Foto einer nackten Frau ohne Arme und Beine, versehen mit der Aufschrift „Bumsklumpen“, ist nach dem aus Bild und Text zu gewinnenden objektiven Erklärungsgehalt eine besonders drastische und geschmacklose, auf einen zynischen Lach- und Schockeffekt angelegte Äußerung, mit der die abgebildete Person als schwerbehinderte Frau zum Sexualobjekt herabgewürdigt, dehumanisiert und verächtlich gemacht wird.“
Trotzdem entschieden die Richter:innen, dass der Chatbeitrag keine ausreichenden Rückschlüsse auf eine fehlende Verfassungstreue zulasse. Der Beitrag sei als ein einmaliger, unüberlegter Fehltritt im frühen Erwachsenenalter zu bewerten. Eine gefestigte frauen- oder behindertenfeindliche Haltung habe das Gericht nicht feststellen können. Vielmehr sei das Verhalten Ausdruck jugendlicher Unreife und gruppendynamischen Drucks gewesen.
Ausschlaggebend für die Entscheidung war, dass der inzwischen 35-Jährige in der seitdem absolvierten Probezeit einwandfreie dienstliche Leistungen erbracht habe und kein weiteres Fehlverhalten bekannt geworden sei. Die Behörde habe zudem nicht dargelegt, dass das frühere Verhalten nach der Ernennung zum Probebeamten fortgesetzt worden sei oder sich in anderer Weise negativ auf seine Entwicklung ausgewirkt habe.
Misogynie bei der Polizei erlaubt
Das Vertrauen in die charakterliche Eignung des Beamten sei daher nicht dauerhaft zerstört, so das OVG. Der Entlassung fehle es an der notwendigen Verhältnismäßigkeit.
Polizeibeamt:innen in Deutschland dürfen demnach nicht nur rechtsradikale Inhalte in dienstlichen Chats verbreiten, sondern auch sexistische und ableistische Darstellungen teilen – ohne dass dies zwangsläufig dienstrechtliche Konsequenzen nach sich zieht. Während in anderen politischen Debatten darüber diskutiert wird, das Jugendstrafrecht bereits auf 12-Jährige auszuweiten, werden gleichzeitig angehende Polizeibeamt:innen ausgebildet, die mit über 20 Jahren frauenverachtende Inhalte verbreiten – und deren Verhalten im Nachhinein mit jugendlicher Unreife entschuldigt wird.
Welche Frau soll sich noch sicher fühlen, wenn in Ausbildungseinrichtungen der Polizei frauenfeindliche Inhalte kursieren und als „einmalige Entgleisungen“ relativiert werden? Und wie glaubwürdig ist eine Strafverfolgung, wenn Opfer sexualisierter Gewalt ihre Anzeige bei Beamt:innen erstatten müssen, die Frauen auf ihre „fickbaren“ Körperteile reduzieren und behinderten Menschen jede Würde absprechen?
Andererseits: Selbst Markus Söder erklärt inzwischen öffentlich, dass Deutschland ohne Industrie eine „Dame ohne Unterleib“ sei. Selbst der bayerische Ministerpräsident ist reduziert Frauen also öffentlich auf ihre reproduktiven Organe – und die Möglichkeit zum Geschlechtsverkehr.
Entscheidung: OVG Magdeburg, Urt. v. 04.09.2025, Az. 1 L 21/25


