Großbritannien testet KI-Bewährungshelfer

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Die britische Regierung will Künstliche Intelligenz künftig auch im Strafvollzug einsetzen. Ein neues Pilotprojekt prüft, ob digitale Systeme künftig eine tragende Rolle in der Bewährungshilfe übernehmen können. Ziel ist es, Straftaten von bereits verurteilten Personen möglichst zu verhindern, bevor sie geschehen, und die Überwachung effizienter zu gestalten.

Im Mittelpunkt des Projekts steht eine App, die Bewährungspflichtige auf ihrem eigenen Smartphone installieren müssen. Sie dient als Plattform für regelmäßige Video-Check-ins, die ergänzend zu klassischen Maßnahmen wie GPS-Überwachung und persönlichen Terminen mit der Bewährungshilfe stattfinden. Dabei wird das Gesicht der Betroffenen per automatischer Erkennung überprüft, um Identitätsbetrug auszuschließen. Zusätzlich stellt das System Fragen zum jüngsten Verhalten oder zu Aktivitäten der überwachten Person. Auffällige Antworten oder Manipulationsversuche sollen einen sofortigen Alarm an die zuständigen Bewährungshelfer auslösen, damit menschliche Fachkräfte unmittelbar eingreifen können. Die Software soll somit nicht den persönlichen Kontakt ersetzen, sondern als zusätzliches Frühwarnsystem fungieren.

KI-Bewährungshelfer wird in vier Regionen getestet

James Timpson, der im Justizministerium für Gefängnisse, Bewährung und Rückfallprävention zuständig ist, sprach bei der Vorstellung des Programms von einem „mutigen Schritt in ein digitales Zeitalter“. Die Justiz müsse ihre analogen Strukturen modernisieren, um wirksamer gegen Rückfälle vorzugehen. Timpson erklärte, mit solchen Innovationen werde die Öffentlichkeit besser geschützt, das Personal entlastet und die Sicherheit auf den Straßen erhöht. Zugleich betonte er, dass die Verantwortung im Ernstfall weiterhin bei den menschlichen Bewährungshelfern liege. Die KI soll nur auffälliges Verhalten markieren, nicht aber eigenständig über Maßnahmen entscheiden.

Der Testlauf läuft derzeit in vier Regionen: im Südwesten, im Nordwesten, in der Region East of England sowie in Kent, Surrey und Sussex. Sollte sich das Verfahren bewähren, könnte es in den kommenden Jahren landesweit eingeführt werden. Geplant ist außerdem, die Systeme künftig um zusätzliche Funktionen zu erweitern, etwa eine genauere GPS-Ortung oder eine automatische Analyse von Bewegungsprofilen. Die Initiative ist Teil eines größeren Regierungsprogramms, mit dem die Labour-Regierung von Premierminister Keir Starmer den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im öffentlichen Sektor ausbauen möchte. Acht Millionen Pfund stehen dem Justizministerium nach eigenen Angaben für diese Maßnahmen zur Verfügung.

Hintergrund: AI Opportunities Action Plan

Der Hintergrund des Projekts ist ein umfassender „AI Opportunities Action Plan“, den die Regierung Anfang des Jahres vorgestellt hat. Damit will Großbritannien seine Position im internationalen Wettbewerb um KI-Anwendungen stärken und den Anspruch untermauern, zu einer „KI-Supermacht“ aufzusteigen. Neben dem Strafvollzug prüft die Regierung auch Einsatzmöglichkeiten in der Gesundheitsversorgung, im Bildungswesen und in der öffentlichen Verwaltung. Im Bereich Justiz sollen neue Technologien vor allem Rückfälle verhindern, die Effizienz der Behörden steigern und die Sicherheit für die Bevölkerung erhöhen.

Parallel dazu hat das Justizministerium Gespräche mit führenden Technologieunternehmen geführt, um weitere Szenarien auszuloten. Diskutiert werden unter anderem KI-gestützte Überwachungssysteme für das häusliche Umfeld oder synthetische Gehirnzellen, die ähnlich wie ein menschlicher Geruchssinn illegale Drogen wahrnehmen könnten. Solche Ideen klingen futuristisch, spiegeln aber die Ambitionen wider, mit neuen Methoden frühzeitig Risiken zu erkennen. Kritiker warnen jedoch vor einem Übermaß an Kontrolle und möglichen Datenschutzproblemen. Der Einsatz von Gesichtserkennung und automatisierten Verhaltensanalysen könnte tief in die Privatsphäre eingreifen und stigmatisierende Effekte für Menschen haben, die ohnehin schon unter Beobachtung stehen.

Prävention vs. Persönlichkeitsrecht

Befürworter des Projekts argumentieren, dass es vor allem um Prävention gehe. Straftäterinnen und Straftäter, die unter Bewährung stehen, müssten sich regelmäßig verantworten und erhielten dadurch klare Strukturen. Wenn die KI Verdachtsmomente schneller und verlässlicher als ein überlasteter Bewährungshelfer erkennt, könnten gefährliche Situationen frühzeitig entschärft werden. Außerdem erhofft sich die Regierung eine effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen. Da die Bewährungsdienste seit Jahren unter Personalmangel leiden, soll die digitale Unterstützung helfen, die Arbeitslast zu reduzieren, ohne dass die Qualität der Betreuung leidet.

Gegner halten dagegen, dass Algorithmen fehleranfällig seien und die Gefahr bestehe, dass Menschen aufgrund technischer Irrtümer fälschlich als verdächtig eingestuft würden. Dies könne nicht nur das Vertrauen in die Justiz erschüttern, sondern auch zu ungerechtfertigten Konsequenzen für die Betroffenen führen. Bürgerrechtsorganisationen fordern daher eine enge parlamentarische Kontrolle und klare gesetzliche Rahmenbedingungen, bevor solche Systeme im großen Stil eingesetzt werden. Transparenz über die Funktionsweise der Algorithmen sei ebenso notwendig wie unabhängige Prüfungen der eingesetzten Technologien.


Fundstelle: https://www.legalcheek.com/

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