In der ehemaligen Bergarbeitersiedlung Teutoburgia in Herne weht der Herbstwind durch meterweise Spinnennetze, leuchtet das orange Flackern aus Plastik-Kürbissen, und in Vorgärten sitzen Hexenpuppen auf Besen. Doch nicht jeder Nachbar fand das gruselige Treiben so charmant. Ein Mann, der gar nicht in der Siedlung wohnte, störte sich an der opulenten Halloween-Dekoration und zog vor Gericht. Sein Argument: Die Siedlung steht unter Denkmalschutz – und Plastikgespenster seien kaum mit der historischen Bausubstanz vereinbar.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Beschl. v. 29.10.2025, Az. 16 L 2124/25) sah das pünktlich zu Halloween allerdings deutlich entspannter. Es wies den Eilantrag des Mannes ab und erklärte, dass selbst Denkmäler im Oktober mal schaurig aussehen dürfen.
Kein Recht auf „Gruselfreiheit“
Das Gericht machte in seiner Entscheidung gleich zu Beginn deutlich: Der Antragsteller hatte überhaupt keine rechtliche Grundlage, um die Dekoration anzufechten. Denn wer nicht Eigentümer oder Bewohner der geschmückten Häuser ist, kann auch keine Verletzung eigener Rechte geltend machen. Der Denkmalschutz diene dem öffentlichen Interesse – nicht dem ästhetischen Empfinden Einzelner.
Mit anderen Worten: Nur weil jemandem die Plastikspinne an der Fassade nicht gefällt, heißt das noch lange nicht, dass er ein Klagerecht hat. Es fehlt die sogenannte Antragsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Die bloße Sorge um das „historische Erscheinungsbild“ reiche nicht aus. Das VG Gelsenkirchen betonte, dass der Mann nicht in eigenen Rechten betroffen sei und deshalb schon aus formalen Gründen scheitere.
Doch selbst wenn man inhaltlich geprüft hätte, wäre das Gericht wohl zu keinem anderen Ergebnis gekommen. Eine temporäre, saisonale Dekoration, so die Richter:innen, stelle keine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmalwerts dar. Der Spuk vergehe schließlich von allein – spätestens, wenn die Kürbisse verwelkt sind.
Wenn das Denkmal mal orange leuchtet
Bemerkenswert an der Entscheidung ist vor allem die juristische Gelassenheit. Denn Denkmalschutz wird in Deutschland durchaus ernst genommen. Jede bauliche Veränderung, die das Erscheinungsbild beeinflusst, bedarf in der Regel einer Genehmigung. Doch es gibt einen Unterschied zwischen dauerhafter Umgestaltung und temporärem Dekor.
Die Halloween-Deko in Herne sei klar als vorübergehend erkennbar gewesen, so das Gericht. Sie ändere nichts an der historischen Bausubstanz und sei mit einem saisonalen Adventskranz oder einer Lichterkette vergleichbar. Anders wäre es, wenn etwa bauliche Eingriffe vorgenommen würden oder die Dekoration so fest installiert wäre, dass sie die Fassade tatsächlich verändere. Doch ein Plastikgeist an der Haustür ist eben keine Sanierung.
Die Sichtweise des Gerichts dürfte viele Eigentümer:innen denkmalgeschützter Häuser beruhigen. Schließlich schränkt es die persönliche Gestaltungsfreiheit erheblich ein, wenn überhaupt keine Deko erlaubt wäre. Noch absurder wäre es, wenn ein Adventskranz erlaubt wäre, eine Hexenpuppe auf dem Dach aber nicht. Das Gericht hat diesen überzogenen Purismus vermieden – und dem gesunden Menschenverstand ein kleines Denkmal gesetzt.
Auch die Stadt Herne sah keinen Anlass einzugreifen. Zwar habe es wegen der aufwendig geschmückten Häuser viele Besucher:innen gegeben, was zu Verkehrsproblemen führte. Doch die Stadt reagierte pragmatisch: Sie richtete Halteverbote ein und ordnete Verkehrskontrollen an. Das reichte dem Gericht aus – schließlich müsse nicht gleich der ganze Spuk verboten werden, nur weil er beliebt ist.
Und so dürfen die Häuser in der Teutoburgia-Siedlung weiter leuchten, lachen und ein bisschen spuken.
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