Das Studium der Rechtswissenschaften bringt nicht nur eine steile Lernkurve mit sich, es gleicht für viele Studierende einem Full-time-Job mit Überstunden. Das zeigt die aktuelle Umfrage der Lernplattform Jurafuchs.
An der Umfrage, die im August und September 2025 lief, nahmen allerdings lediglich 767 Jurastudent:innen teil. Befragt wurden sie zu Lernbelastung, Berufsperspektiven und Zukunftsängsten.
Bereits beim Blick auf die Lernstunden wird deutlich: Etwa die Hälfte der Befragten gibt an, mindestens 30 Stunden pro Woche für das Studium aufzuwenden. 16,4 Prozent lernen gar zwischen 40 und 50 Stunden und 5,6 Prozent über 50 Stunden wöchentlich – Werte also, die typische Vollzeitjobs bereits hinter sich lassen.
Knapp ein Drittel der Befragten (32,2 Prozent) empfindet den Leistungsdruck als hoch und kommt damit nur schlecht zurecht. Dagegen fühlen sich lediglich 24,6 Prozent gut oder sehr gut gewappnet – 43,2 Prozent beschreiben ihren Stresspegel als durchschnittlich.
Hohe Belastung in Studium und Beruf
Den Grund für die harte Belastung sehen viele Studierende darin, dass der Einstieg in den Juristenberuf mit mindestens so vielen Stunden und Druck verbunden sein könnte, wie das Studium selbst. 42,8 Prozent äußern Sorge, dass ihre künftige Arbeit nicht weniger fordernd wird – insbesondere im Hinblick auf eine fehlende Work-Life-Balance.
Zusätzlich gibt es ethische Vorbehalte: 38,5 Prozent nennen die Diskrepanz zwischen Gesetz und gefühlter Gerechtigkeit als zentrale Herausforderung ihres künftigen Berufsalltags. Emotional belastende Fälle oder der Konflikt zwischen Mandanten- und Geldinteressen bewegen jeweils etwa 10,6 und 8,2 Prozent.
Wenn der Blick auf die beruflichen Ziele fällt, wird klar: Nur wenige Studierende wollen in Großkanzleien. Lediglich 10,7 Prozent geben an, dort später tätig sein zu wollen – vermutlich wegen der bekannten Arbeitszeiten und des hohen Tempos. Stattdessen träumen 14,8 Prozent von mittelständischen Kanzleien. Ein öffentliches Amt als Richter wollen 14,3 Prozent, als Staatsanwalt 11,1 Prozent. Verwaltung und Ministerien ziehen 11,3 Prozent an. Interessant: Nur 2,9 Prozent können sich vorstellen, als Pflichtverteidiger zu arbeiten.
Gerechtigkeit als Motivator hinter den Verdienstchancen
Auch die Motivlage der Studierenden liefert bemerkenswerte Einsichten: Zwar steht das Interesse an Politik und Gesellschaft mit 21,5 Prozent an erster Stelle, gleich danach folgen jedoch gute Verdienstchancen mit 20,3 Prozent. Erst auf Platz drei wird der Gerechtigkeitssinn mit 18,7 Prozent genannt. Bei Studierenden mit Großkanzleiwunsch dominiert die Aussicht auf gutes Einkommen (24,7 Prozent) vor Gerechtigkeit (15,8 Prozent).
Ein dritter Aspekt der Befragung betrifft die Einstellung zu Künstlicher Intelligenz (KI) im juristischen Bereich: 60,1 Prozent sehen in KI-Tools Potenzial zur Entlastung bei Routineaufgaben. Doch 27,9 Prozent glauben nicht an den Nutzen der Technik, 12 Prozent können es nicht beurteilen. Und 32,5 Prozent sorgen sich wegen KI um ihren künftigen Job – bei den Skeptikern unter ihnen liegt der Anteil sogar bei 70 Prozent.
Was bedeutet das für die Ausbildung und den Arbeitsmarkt? Zum einen untermauern die Zahlen seit langem bestehende Befürchtungen: Das Jurastudium ist subjektiv so belastend, dass es knapp ein Drittel überfordert. Die Aussicht, dass dieser Stress später nicht abnehmen wird, stellt ein weiteres Risiko dar – im Hinblick auf Nachwuchs, Motivation und Gesundheit. Zum anderen zeigt sich, dass die Verdienst- und Karriereperspektiven weiterhin ein starker Motivator sind, aber nicht mehr allein genügen. Studierende wollen heute eine Tätigkeit, die sich mit ihrem Lebensmodell vereinbaren lässt.
Zudem bringt der Blick auf KI eine zusätzliche Dimension. Zwar wird Digitalisierung mehrheitlich als Chance gesehen, doch große Unsicherheit bleibt: Wer KI skeptisch gegenübersteht, fürchtet um Zukunft und Arbeitsplatz. Damit steigt der Druck, sich frühzeitig digital fit zu machen – sowohl im Studium als auch später im Beruf.


