Eine Jurastudentin der Uni Bielefeld ist wegen einer Verspätung bei ihrer mündlichen Prüfung endgültig durch ihr Juraexamen gefallen. Die Prüfer und das Gericht zeigten keine Gnade.
Die Studentin war zuvor bereits zweimal durch das schriftliche Examen gefallen. Beim dritten und letzten Versuch bestand sie den schriftlichen Teil. Am 21. Januar 2015 fand daraufhin die mündliche Prüfung statt. Nach Aussage der Studentin lief die mündliche Prüfung gut für sie. Bis die Prüfer eine Pause anordneten.
“Um 11.30 Uhr sollte es weitergehen”, berichtete der Gerichtssprecher Ulrich Lau. „Das hat ein Wachtmeister des Landgerichts der Studentin auch nochmal mitgeteilt, als diese das Gebäude verließ, um mit einer Freundin einen Kaffee zu trinken.” Die Studentin hatte jedoch verstanden, dass die Prüfung um 12.30 Uhr fortgeführt werden sollte. Die bestätigte auch ihr Rechtsanwalts Jan-Christian Hochmann.
Tür zu, Existenz ruiniert, Klage abgewiesen
Deshalb fehlte die Studentin auch, als die mündliche Prüfung um 11.30 Uhr weitergehen sollte. Der Prüfungsvorsitzende im Landgericht Bielefeld wartete bis 11.45 Uhr. Dann wurden die Türen endgültig geschlossen. Die Studentin stand um 11.50 Uhr vor verschlossenen Türen und war in diesem Moment durch ihr Juraexamen gefallen. Nach fünf Jahren Jurastudium. Endgültig.
Das Verwaltungsgericht Minden wies eine Klage der jungen Frau zurück. Nach Ansicht des Gerichts war das Zuspätkommen nicht „unverschuldet“. Das Oberlandesgericht Münster bestätigte diese Entscheidung jetzt. Der Bescheid über das Nichtbestehen der staatlichen Pflichtfachprüfung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 I VwGO). Die Klägerin habe keinen Anspruch auf erneute Zulassung zur mündlichen Prüfung im Rahmen der staatlichen Pflichtfachprüfung.
Nach § 20 I Nr. 3 JAG NRW ist die staatliche Pflichtfachprüfung durch den Vorsitzenden des Justizprüfungsamtes für nicht bestanden zu erklären, sobald ein Prüfling ohne genügende Entschuldigung zu dem Termin für die mündliche Prüfung nicht oder nicht rechtzeitig erscheint oder den Termin nicht bis zum Ende der Prüfung wahrnimmt. Das sei vorliegend der Fall gewesen.
Studentin fehlte unentschuldigt
Eine genügende Entschuldigung im Sinne der vorgenannten Vorschrift liegt vor, wenn dem Prüfling die weitere Teilnahme an der mündlichen Prüfung aufgrund von ihm nicht zu vertretender Umstände unmöglich oder unzumutbar ist. Hier habe die Studentin unentschuldigt gefehlt. Es stünde zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses der Klägerin während des Vorgesprächs die Uhrzeit für die Fortsetzung der mündlichen Prüfung genannt habe. Außerdem gab die am Prüfungstag Aufsicht führende Justizhauptwachtmeisterin ausdrücklich an, der Klägerin gesagt zu haben, sie müsse gegen 11.15 Uhr, spätestens um 11.20 Uhr zurück sein.
Der Rechtsanwalt der Studentin meint, die Entscheidung sei unverhältnismäßig. “Sie musste ihr komplettes Studium hinwerfen, obwohl sie faktisch nur fünf Minuten zu spät kam. Wir hatten gehofft, dass man die verpasste Teilprüfung mit null Punkten bewertet, dann hätte meine Mandantin dies in den beiden anderen Prüfungsteilen noch auffangen können.”
Eine solche Lösung sieht das Prüfungsgesetz des Landes beim Juraexamen jedoch nicht vor. Die mündliche Prüfung in den drei Rechtsgebieten werden als Prüfungseinheit definiert. Wer in einem Teil fehlt, ist durchgefallen. Der Beweis, dass sie eine falsche Uhrzeit gesagt bekommen habe, gelang der Klägerin nicht. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Unsere Redaktion bewertet das Urteil hinsichtlich Traumatisierung, Schock und Unfairness mit 5 von 5 Sternen!
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Entscheidung: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.06.2017, Az. 14 A 2441/16
Entscheidung: VG Minden, Urt. v. 11.11.2016, Az. 8 K 1116/15
Fundstelle: https://www.lto-karriere.de/