Wenn die Umzugskosten vom Stalker bezahlt werden…

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… hatte das OLG Karlsruhe seine Finger im Spiel. Denn dieses entschied im November, dass derjenige, der seinen Nachbarn durch Nachstellungen und Bedrohungen i.S.d. § 238 und § 241 StGB in adäquat kausaler Weise zum Wegzug veranlasst, zum Ersatz der Schäden verpflichtet ist, die dem Nachbarn dadurch entstehen. Und das kann ganz schön teuer werden!

Denn dazu muss der Stalker alle Maßnahmen ergreift, die notwendig sind, um das persönliches Sicherheitsgefühl seiner Opfer wiederherzustellen. Darunter fallen nicht nur die Umzugs-, sondern auch die Notarkosten und die Grunderwerbsteuer für den Erwerb eines neuen Wohnhauses. Lediglich Vermögensfolgeschäden, wie Wertverlust am verlassenen Eigenheim sowie die Nebenkosten bezüglich dessen Veräußerung sind nicht ersatzfähig.

Nachbar terrorisiert Ehepaar

Der Nachbar zweier Eheleute begann bereits kurz nach deren Einzug damit, das Paar zu schikanieren, indem er sie nicht nur ständig aus seinen Fenstern beobachtete, sondern auch nachts an der Hauswand der Familie klopfte oder sie brutal beleidigte und zwei Mal Todesdrohungen aussprach. Im Juli 2017 verfolgte der Nachbar den Ehemann mit einem erhobenen Beil, bezeichnete ihn als „Dreckschwein“ und rannte mit den Worten „Ich bringe dich um!“ auf einen anderen Nachbarn zu, als der Ehemann sich in Sicherheit bringen konnte. Auch dem anderen Nachbarn gelang die Flucht vor dem Beilschwingenden.

Die Eheleute erwarben das Grundstück von einer Frau, die sie über die nachbarschaftliche Beziehung nicht aufklärte. Vor allem teilte sie den neuen Käufer:innen nicht mit, dass gegen den Nachbar von 2007 bis 2013 etliche Strafverfahren durchgeführt wurden und er im Jahr 2008 von einer damaligen Nachbarin im Wege des Zivilverfahrens auf Unterlassung nachstellenden Verhaltens in Anspruch genommen wurde.

Nach etlichen Auseinandersetzungen zog das Ehepaar mit den zwei minderjährigen Töchtern für ein paar Monate in eine Mietwohnung, ehe sie ein neues Eigenheim erwarben. Die Kosten für den Umzug inklusive Nebenkosten machten sie vor dem Landgericht Mannheim i.H.v. 113.000 €, jedoch ohne Erfolg, geltend.

Oberlandesgericht spricht Familie Geld zu

In zweiter Instanz sprach das OLG Karlsruhe der Familie etwas mehr als 44.000 € zu. Gestützt hat sich der Senat auf die Begründung, dass § 238 StGB (Nachstellung) und § 241 StGB (Bedrohung), wegen denen sich der Nachbar strafbar gemacht hat, Schutzgesetze des § 823 I BGB sind, aus denen ein Schadensersatzanspruch resultiert.

Dem Ehepaar wurde jedoch nicht die Kosten in voller Höhe zugesprochen, da der Anspruch nur so weit reiche, wie die geltend gemachten Schäden vom Schutzzweck der Norm erfasst sind. Dies ist nur bei den Kosten der Fall, die die Familie dafür aufwenden muss, um das persönliche Sicherheitsgefühl wiederherzustellen.


Fundstelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 05.11.2021, Az. 10 U 6/20

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Sandra Kralj
Sandra Kraljhttps://sandrakralj.de/
Sandra Kralj ist Referendarin in Stuttgart, Autorin und bloggt auf www.sandrakralj.de.

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