Rezension: „Familienrecht“ von Marina Wellenhofer

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Die “Lernbücher Jura” des C.H.Beck Verlages kann man wohl gut und gern zur Standardliteratur zählen. Jedenfalls der „Detterbeck“ für das allgemeine Verwaltungsrecht ist jedem Jurastudierenden bekannt. Hier reiht sich auch die mittlerweile 7. Auflage erscheinende Buch “Familienrecht” von Prof. Dr. Martina Wellenhofer ein. Besonders daran ist, dass die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 01. Januar 2023 eingearbeitet wurde und somit das Werk auf dem aktuellsten Gesetzesstand ist.

Tipps fürs Jurastudium

Lernbuch statt Lehrbuch

Auf 466 Seiten wird das Familienrecht in seiner gesamten Bandbreite jedenfalls grundlegend vermittelt. Nun mag man zwar meinen, dass ein Lernbuch für ein Nebengebiet wie das Familienrecht mit 466 Seiten (ohne Sachverzeichnis) doch viel zu umfangreich für die Examensvorbereitung ist. Diesen Anspruch stellt Wellenhofer aber auch nicht an ihr Buch. So schreibt sie in ihrem Vorwort selbst:

„Dieses Buch will nicht Lehrbuch, sondern Lernbuch sein. Es dient der Vermittlung, Wiederholung und Anwendung von Grundwissen auf dem Gebiet des Familienrechts. Die Zielgruppe sind Studierende im Pflichtfach- und Schwerpuntkbereichsstudium sowie Rechtsreferendare. Die Darstellung orientiert sich an den Erfordernissen im Examen.“

Um den Stoff des Familienrechts kurz vor dem Examen noch einmal durchzuarbeiten ist das Buch wohl eher nicht geeignet. Um jedoch ein gefestigtes Grundwissen im Familienrecht zu erlangen, ist das Lernbuch wie gemacht.

In 40 Abschnitten gelingt es Wellenhofer den gesamten examensrelevanten Stoff zu behandeln und eingehend zu vermitteln. Durch die Hervorhebung der Kernelemente eines Abschnitts durch fettgedruckte Signalwörter, können Leser:innen in wenigen Sekunden die Hauptthese erkennen und verinnerlichen.

Übersichtliche Gliederung in 40 Abschnitte

Beginnend mit einer Einführung werden zunächst die Regelungsbereiche, die Rechtsquellen des Familienrechts und die Besonderheiten des familienrechtlichen Verfahrens erläutert. Um nicht durch Schubladendenken im Lernerfolg gehindert zu werden, schiebt Wellenhofer einen kurzen Abschnitt über die Grundrechte und Menschenrechte im Familienrecht ein und zieht so die Verbindung zum öffentlichen Recht. Insbesondere steht dabei Art. 6 GG im Vordergrund. Aber auch die EMRK kommt in diesem Zusammenhang nicht zu kurz.

Mit dem zweiten Kapitel schließen sich das Verlöbnis, die Eheschließung und die Eheleute an. Charakteristisch für die Lernbuchreihe des C.H.Beck Verlages und wiederum auch des Buches Wellenhofers sind die, in die Kapitel einfügten, Prüfungsschemata und Checklisten. So ist für jede Anspruchsgrundlage zu Beginn ein Prüfungsschema eingefügt, das es den Lesenden ermöglicht, einen schnellen Überblick über mögliche Problempunkte zu erlangen. Daneben sind aber auch eine Vielzahl kurzer Beispielsfälle mit ausformulierter (!) Lösung eingefügt, um ein Lernen am Fall zu ermöglichen.

In den weiteren Kapiteln werden die eheliche und nichteheliche Lebensgemeinschaft, der Vermögensausgleich, die Scheidung und die mit ihr einhergehenden Folgen, sowie das Kindschaftsrecht besprochen. Im Kapitel der Vormundschaft, Pflegschaft und Betreuung und damit im letzten Kapitel des Lernbuches sind mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts die größten Veränderungen eingetreten. Wellenhofer zeigt auf, wo die Unterschiede zur bisherigen Gesetzeslage liegen und welche Auswirkungen mit der Änderung einhergehen.

Zusätzlich liefert Wellenhofer am Ende jedes Kapitels Empfehlungen zur vertiefenden Lektüre. Wem also die Ausführungen nicht ausreichen oder wer einen Problempunkt noch vertiefter erarbeiten möchte, findet zahlreiche Verweise zu weiteren Besprechungen.

Kontrollfragen mit (!) Lösung

Wenn das Lernbuch auch nicht in seinem vollen Umfang für die kurzfristige Examensvorbereitung geeignet ist, so sind es doch zumindest die am Ende jedes Kapitels formulierten Wiederholungsfragen. In Form von 6 bis 21 Fragen fragt Wellenhofer die wichtigsten Erkenntnisse aus dem vorherigen Kapitel ab. Kleine Kostprobe gefällig?

Aus den Fragen zur ehelichen Lebensgemeinschaft:

  1. In welche drei Abschnitte kann man das Eherecht aufgliedern?
  2. Was ist unter der Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft konkret zu verstehen?
  3. Herr und Frau Müller sind verheiratet und wohnen in getrennten Wohnungen. Dies möchte Herr Müllerändern und eine gemeinsame Wohnung beziehen. Frau Müller ist hingegen mit den getrennten Wohnungen sehr zufrieden und möchte auch in Zukunft nicht darauf verzichten. Welche Möglichkeiten bieten sich Herr Müller?

Na, schon eine Idee? Wenn nicht, dann findest Du auch eine Lösung in Wellenhofers Familienrecht. Anders als andere Lehrbücher ist nach dem letzten Kapitel ein eigener Abschnitt mit allen Lösungen zu den aufgeworfenen Fragen abgedruckt. Jede Frage erfährt eine konkrete Antwort und verweist im Weiteren auf den konkreten Abschnitt im Buch, in dem das Problem oder der Themenkomplex besprochen wurde. Insoweit liefert das Werk eine konkrete Antwort und keinen ernüchternden Vermerk auf eine Randnummer, bei der man sich die Lösung trotzdem selbst erschließen muss. Zwar mag eine solche Herangehensweise auch seinen Charme haben, da die Leser:innen unmittelbar dazu aufgefordert sind, sich selbst Gedanken über die richtige Lösung zu machen und nicht dazu verleitet werden, voreilig in die Lösung zu schauen. Jedoch besteht immer die Gefahr, dass die Lesenden doch nicht von selbst auf die richtige Lösung kommen und sich so etwas Falsches einprägen und im schlimmsten Fall in der Klausur oder gar in der Praxis auch so anwenden. Wellenhofer wirkt dem konsequent entgegen.

Anwendung am konkreten Klausurfall

Aber damit noch nicht genug. Neben den Kontrollfragen werden auch 3 Klausurfälle besprochen. Zum Thema „Die eheliche Lebensgemeinschaft“, „Die eingetragene Lebenspartnerschaft und nichteheliche Lebensgemeinschaft“ und zum „Kindschaftsrecht“ gibt es ausformulierte (!) Lösungen. Im Gegensatz zu den sonstigen zahlreichen Beispielsfällen weisen die Klausurfälle einen größeren Umfang auf. Allein die Durcharbeitung der drei Klausurfälle wird zwar nicht dazu geeignet sein, den gesamten examensrelevanten Stoff zu erarbeiten. Für ein anwendungsorientiertes Lernen sind sie aber unerlässlich. Gerade in einem Nebengebiet wie dem Familienrecht ist es umso wichtiger zu wissen, wo die Probleme in der Klausur zu verorten sind. Das bloße abstrakte Auswendiglernen kann schnell zur Falle werden.

Gerade im Hinblick auf die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts sollte zumindest ein kurzer Blick in die betreffenden Kapitel vor dem Examen geworfen werden, auch wenn das Werk im Gesamten mehr Zeit zum Durcharbeiten in Anspruch nimmt. Zwar werden solch aktuellen Gesetzesänderungen in den schriftlichen Examensprüfungen meist noch keinen Eingang gefunden haben. In den mündlichen Prüfungen kann eine solche Frage von familienrechtsaffinen Prüfern aber doch mal eine Rolle spielen. Warum denn dann nicht darauf vorbereitet sein?

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Florentine Scheffel
Florentine Scheffel
Rechtsreferendarin in Thüringen.

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