Interview Frag die… Rechtsanwältin in der Großkanzlei!

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Juristische Berufserfahrung aus erster Hand: Im Interview mit Dr. Franziska Huber

Franziska Huber ist als Rechtsanwältin im Life Science Bereich bei Fieldfisher in München tätig. Davor war sie Rechtsreferendarin am OLG München mit Station in Washington D.C. Sie promovierte bei Prof. Dr. Josef Franz Lindner im öffentlichen Medizinrecht in Augsburg und war dort als Geschäftsführerin des Instituts für Bio-, Gesundheits- und Medizinrecht tätig. Gemeinsam mit einer Kollegin gründete Franziska Huber 2017 die Initiative „[fam] – Frauen arbeiten miteinander“, ein Netzwerk für junge Juristinnen an der Universität Augsburg. Sie ist bei breaking.through neben ihrer redaktionellen Tätigkeit auch Teil des Event-Teams.

Berufsspecial

Liebe Franziska, wir freuen uns sehr, in diesem Interview mehr zu Deiner Person und Deinem Arbeitsbereich erfahren zu dürften! Als Berufsbezeichnung fanden wir sowohl „Rechtsanwältin“ als auch „Associate“. Was genau heißt das eigentlich?

Dr. Franziska Huber: Ich würde hier zwischen Rechtsanwältin und Associate differenzieren. Von Beruf bin ich Rechtsanwältin. Genauer gesagt bin ich angestellte Rechtsanwältin bei Fieldfisher, also nicht selbständig. Die Bezeichnung “Associate” spiegelt meine Berufserfahrung und meine Karrierestufe wider. Steht man am Anfang seines Berufslebens als Rechtsanwältin, wird man als Associate bezeichnet. Je mehr Erfahrung und Fortschritte dazukommen, wird man bei Fieldfisher zunächst Senior Associate, dann Counsel und schließlich eventuell Partner:in. Diese Bezeichnungen der verschiedenen Karrierestufen unterscheiden sich von Kanzlei zu Kanzlei, sind aber grundsätzlich von der Struktur vergleichbar.

Du berätst in den Bereichen Life Sciences & Healthcare. Was dürfen wir uns darunter vorstellen? Begleite uns durch einen typischen Arbeitstag!

Dr. Franziska Huber: Die Arbeitswoche in unserem Team fängt immer mit einem gemeinsamen Meeting an, in dem wir unsere verschiedenen Aufgaben verteilen und auf eine ausgewogene Auslastung achten. Das Meeting hilft uns, die Woche und Abgabetermine zu strukturieren und zu koordinieren. Die meisten Arbeitsaufträge bekommen wir über E-Mail-Anfragen unserer Mandant:innen. Wir beraten vorwiegend in der Medizinproduktebranche und sind mit allen Fragen rund um Medizinprodukte befasst. Unsere Mandatsstruktur ist geprägt von Unternehmen, die in der Europäischen Union tätig sind. Das bedeutet, wir beraten unsere Mandant:innen bei Fragen zur Zertifizierung von Medizinprodukten, die Voraussetzung ist, um ein Produkt auf den Markt zu bringen.

Genauso sind aber werberechtliche Fragestellungen wichtig und die Vertragsgestaltung zwischen den verschiedenen Beteiligten wie zum Beispiel dem Hersteller von Medizinprodukten und den Händlern. Außerdem ist es für unsere Mandant:innen wichtig, dass ihre Produkte von der Gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden. Insofern beschäftigen wir uns auch mit erstattungsrechtlichen Fragestellungen.

Als Besonderheit bei meiner anwaltlichen Tätigkeit empfinde ich, dass wir keine gerichtlichen Verfahren führen, sondern beratend tätig sind. Das heißt, wir arbeiten nicht an Schriftsätzen und treten auch nicht vor Gericht auf. Überwiegend bereiten wir unsere rechtlichen Einschätzungen in Mails, Memos oder Gutachten vor, die wir für unsere Mandant:innen anfertigen und dann gemeinsam in einer Besprechung erläutern.

Die Großkanzlei ist Dein Revier: Was sind Deiner Meinung nach die Vor- und Nachteile, eine anwaltliche Tätigkeit in diesem Rahmen auszuüben und was hat Dich dazu bewegt, genau diese Richtung einzuschlagen?

Dr. Franziska Huber: Ich finde es spannend, in einem internationalen Umfeld zu arbeiten. Sowohl unsere Mandant:innen sind oft international aktiv genauso wie meine Kolleg:innen. Fieldfisher ist weltweit an 26 Standorten vertreten und hier findet viel internationale Kooperation und eine tolle Zusammenarbeit statt. Zum Beispiel darf ich im April für zwei Wochen Gästin im Pariser Büro sein und so die dortige Arbeitsweise und Menschen noch besser kennenlernen. Darauf freue ich mich sehr.

Unser Team in München ist klein und deshalb sind die Wege untereinander kurz und der Austausch und die Zusammenarbeit sehr eng. Aber wir arbeiten in dem Gefüge einer Großkanzlei, was sehr viel Erleichterung im Alltag bringt. Zum Beispiel haben wir bei Fieldfisher Expert:innen in allen Rechtsgebieten und damit besteht ein sehr unkomplizierter und direkter Weg, falls wir Expertise aus anderen Teams benötigen. Dies ist auch für unsere Mandant:innen sehr hilfreich, weil sie eine Kanzlei als Ansprechpartner haben.

Aus meiner Sicht ist ein Vorteil, dass in einer großen Kanzlei mehr Transparenz, z.B. über Gehälter und Aufstiegsmöglichkeiten, herrscht, weil es mehr vereinheitlichte Prozesse gibt. Gleichzeitig birgt das aber natürlich den Nachteil, dass diese Prozesse manchmal mehr Zeit kosten als vielleicht in kleineren Kanzleien, in denen zum Beispiel Absprachen nur mit einer vorgesetzten Person getroffen werden müssen.

Kurzum: Beschreib Deinen Job in drei Worten!

Dr. Franziska Huber: Abwechslungsreich, kommunikativ, vielschichtig.

Es kursieren viele Gerüchte Rund um Großkanzleien und den entsprechenden Jobeinstieg. Verbreitet ist das Bild, dass nur exzellente Absolvent:innen mit einer hervorstechenden Biographie eine Chance erhalten, sich vorzustellen – sollte es dann klappen, könne man seine Work-Life-Balance gleich an den Nagel hängen. Ist dem so? Welche Eigenschaften sollte man unabhängig von diesem weit verbreiteten Bild mitbringen, um in einer Großkanzlei Fuß zu fassen?

Dr. Franziska Huber: Mir war es wichtig, einen Arbeitgeber zu finden, bei dem die Work-Life-Balance nicht bloß eine leere Worthülse ist, sondern dies auch tatsächlich gelebt wird. Mit Fieldfisher habe ich für mich einen Arbeitgeber gefunden, der kein “sweat shop” ist. Ich empfinde die Arbeit als sehr anspruchsvoll, aber es gilt der Grundsatz, dass Qualität vor Schnelligkeit steht. Das bedeutet in meiner täglichen Arbeit, dass Aufgaben auch mal mehr Zeit in Anspruch nehmen dürfen und nicht um jeden Preis spätabends an die Mandant:innen zurück gehen. Vielmehr gibt es dann die Möglichkeit, die Ergebnisse noch einmal am nächsten Tag mit einem frischen Kopf durchzudenken. Dies nimmt mir persönlich viel Druck.

Als Rechtsanwältin ist man immer Dienstleisterin. Es ist kein klassischer 9-to-5-Job. Aber nach meiner Erfahrung wurde bisher immer eine Lösung gefunden, wie Aufgaben zeitnah erledigt werden können ohne private Einschränkungen hinnehmen zu müssen.

Aus meiner Sicht ist aber auch das Tätigkeitsfeld entscheidend. Es gibt sicher Bereiche, wie zum Beispiel der Transaktionsbereich, in denen sehr viel zeitlicher Druck herrscht. Dies ist nur bedingt persönlich beeinflussbar. Ich habe für mich einen Bereich gefunden, in dem keine starren gerichtliche Fristen einzuhalten sind, sondern die Fristen in der Regel nach der individuellen Arbeitsbelastung gesetzt werden können.

Um sich in einer Großkanzlei wohlzufühlen ist es hilfreich, gerne im Team zu arbeiten und gut mit Menschen kommunizieren zu können. Es ist wichtig, Aufgaben präzise zu bearbeiten und gemeinsam mit den Mandant:innen Lösungswege zu eruieren. Auch sollte man keine Angst vor Englisch haben.

Viele unserer JURios-Leser:innen befinden sich derzeit im Studium oder Referendariat. Versetz dich zum Abschluss dieses Interviews an Dein eigenes Studium, Referendariat und an Deinen Jobeinstieg zurück: Was würdest Du nochmal genauso machen – was hingegen hättest Du rückblickend optimiert?

Dr. Franziska Huber: Die Zeit im Studium oder während einer Promotion ist aus meiner Sicht die unabhängigste und beste Zeit. Diese Zeit habe ich und würde ich jederzeit wieder voll auskosten. Beim Berufseinstieg würde ich genau auf die eigene Leistungsfähigkeit und -bereitschaft achten. Wieviel möchte ich arbeiten? Wieviel Flexibilität möchte ich, aber auch wie viel Planbarkeit brauche ich? Das Berufsleben ist ein Marathon. Hier geht es nicht mehr darum, wie zum Beispiel vor den Examina, noch einmal die Zähne zusammenzubeißen und in Hochphasen mit einem konkreten Endtag vor Augen sehr viel zu lernen. Natürlich muss man auch im Beruf in Hochphasen viel leisten, aber man kann nicht dauerhaft an der Grenze der eigenen Leistungsfähigkeit arbeiten. Hier gilt tatsächlich der abgedroschene Spruch: Der Weg ist das Ziel.

Liebe Franziska, wir und die Leser:innen bedanken uns ganz herzlich, dass Du uns so viele spannende Einblicke zu Deiner Tätigkeit in der Großkanzlei gewährt hast!

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Alina Sviridenko
Alina Sviridenko
Studentin der Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen mit dem Schwerpunkt Kriminalwissenschaften.

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