„Flinke Frauenhände“ erwünscht – arbeitsrechtliche Diskriminierung

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Ein männlicher Bewerber, dem eine Stelle bei einem Modellauto-Hersteller mit der Begründung abgesagt wurde, die Tätigkeit sei “etwas für flinke Frauenhände”, wird auf Grund seines Geschlechts diskriminiert und hat einen Anspruch auf Entschädigung.

Ein 1980 geborener Einzelhandelskaufmann bewarb sich 2021 auf die Stellenanzeige eines Unternehmens, das Modelle von PKW, LKW und öffentlichen Verkehrsmitteln im Maßstab 1:87 mit 100 bis 150 Einzelteilen produziert und vertreibt. Das Unternehmen hatte zuvor eine Stellenanzeige für das Bestücken einer Digitaldruckmaschinen ausgeschrieben. In der Stellenanzeige hieß es:

„Für unsere filigranen Automodelle im Maßstab 1/87 H0 suchen wir Mitarbeiter (m/w/d) für unsere Digitaldruckmaschine. Die Teile müssen in die Maschine eingelegt und entnommen werden. Anforderungen […]“

Diskriminierende Absage durch Prokuristin

Noch am Tag der Bewerbung sagte die Gesellschafterin und Prokuristin des Unternehmens dem Einzelkaufmanns in einem Schreiben mit folgendem Wortlaut ab:

„Sehr geehrter Herr D…, vielen Dank für Ihre Bewerbungsunterlagen. Unsere sehr kleinen, filigranen Teile sind eher etwas für flinke Frauenhände. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass Sie für diese Stelle nicht in Frage kommen. Ich wünsche Ihnen für Ihren weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute.“

Vor dem Arbeitsgericht Nürnberg verlangte der Mann daraufhin Entschädigungsansprüche nach § 15 II AGG in Höhe von mindestens 8.000 Euro, später nur noch in angemessener Höhe. Er fühle sich durch die Absage diskriminiert.

Das Unternehmen machte unter anderem geltend, der Kläger sei überqualifiziert gewesen. Ferner wären die Hände des Klägers „nach den Bildern von ihm im Internet zu groß gewesen“. Dies habe zur Absage geführt. Mit der Formulierung „flinke Frauenhände“ seien nur die für die Tätigkeit erforderliche Geschicklichkeit und Fingerfertigkeit umschrieben worden. Das Unternehmen beschäftige auf einer entsprechenden Stelle aber auch Männer. Eine Benachteiligung wegen des Geschlechtes liege nicht vor.

Entschädigung in angemessener Höhe

In der ersten Instanz bejahte das Arbeitsgericht Nürnberg eine Diskriminierung wegen des Geschlechts und sprach dem Mann 3.300 Euro (zwei Monatsgehälter) zu. Dagegen legte der Modellauto-Hersteller Berufung ein. Das Landesarbeitsgericht Nürnberg schloss sich bzgl. der Diskriminierung jedoch der Argumentation des erstinstanzlichen Gerichts an und sprach dem Bewerber eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro zu.

Der Entschädigung nach § 15 II AGG komme eine Doppelfunktion zu. Sie diene einerseits der vollen Schadenskompensation und andererseits der Prävention, wobei jeweils der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren ist. Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts sei hier anzunehmen. Bei der Höhe der angemessenen Entschädigung seien alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Das Gericht hielt 2.500 Euro für angemessen.

„Dieser Betrag entspricht dem 1,5fachen des auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbaren Bruttomonatsentgelts. Damit wird der Kläger angemessen für den durch die unzulässige Benachteiligung wegen seines Geschlechtes erlittenen immateriellen Schaden entschädigt. Dieser Betrag ist erforderlich, aber auch ausreichend, um die notwendige abschreckende Wirkung bei der Beklagten zu erzielen.“

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