LJPA Hessen lädt falsche Person per Mail zur mündlichen Staatsexamensprüfung

Dass bei der Organisation der juristischen Staatsexamina viel schiefgehen kann, zeigen bereits Vorfälle aus den vergangenen Jahren. Vom allgemeinen Organisationschaos in der Juristenausbildung bleibt jetzt auch das LJPA Hessen nicht verschont. Dort wurden Ladungen zur mündlichen Prüfung verspätet und per Mail (statt per Post) verschickt. Doch damit nicht genug: Teilweise wurden wohl auch die falschen Personen geladen.

Am ersten Juni sollen die mündlichen Prüfungen in Hessen beginnen. Die Ladungen hierfür müssen spätestens zwei Wochen vor dem Termin verschickt werden. Ebenfalls im Brief enthalten: Die Mitteilung, ob man die schriftlichen Prüfungen bestanden hat. Denn nur dann darf man zur mündlichen Prüfung antreten. Jurastudierende in ganz Hessen warteten im Mai also ungeduldig auf die Mitteilung ihrer Ergebnisse. Die meisten von ihnen werden vermutlich täglich den Briefkasten gecheckt haben, um endlich Bescheid zu wissen. Und, um sich darauf einstellen zu können, an welchem Tag sie ihre mündliche Prüfung ablegen müssen.

Zittern bis zuletzt

Bis zuletzt zitterten die betroffenen Jurastudierenden allerdings erfolglos. Denn die Briefe kamen und kamen einfach nicht. Am Montag, den 22. Mai dann die Erlösung: Einzelne Ladungen trudelten per Mail (statt per Brief) ein. Vielen Studierenden dürfte das so grundsätzlich sogar lieber gewesen sein. Denn die Mails kann man überall abrufen – nicht nur, wenn man zu Hause vor dem Briefkasten steht. Schön wäre es nur gewesen, wenn man vorher über die neue Zustellungsart informiert worden wäre. Damit derart wichtige Mails weder vergessen werden noch verloren gehen.

Das nächste Problem: Damit wurde die zweiwöchige Ladungsfrist nicht eingehalten. Und das von einer Behörde, die von den Studierenden absolute Perfektion und Korrektheit erwartet. Und sich gleichzeitig weigert, Unterlagen per se als Mail zu verschicken – Datenschutz und so.

Doch es wird noch übler: Mindestens eine Ladung wurden außerdem an die falsche Mailadresse zugestellt. Davon erfuhren die Kandidat:innen jedoch nicht durch das Landesjustizprüfungsamt. Sondern nur, weil eine der fehlgeleiteten Mails durch den Studenten freundlicherweise an den richtigen Adressaten weitergeleitet wurde. Kollegialität unter angehenden Jurist:innen zahlt sich also doch aus. Erst etwas später erhielt der bisher übergangene Student ebenfalls eine Mail vom LJPA. Mit der richtigen Ladung. Ohne einen Hinweis, dass seine Daten zuvor an die falsche Person geschickt worden waren. Und ohne eine Entschuldigung. Diese wurde von der Leiterin der Geschäftsstelle des LJPA telefonisch nachgereicht, nachdem JURios eine entsprechende Presseanfrage an das LJPA und das Justizministerium gerichtet hatte.

Eklatanter Datenschutzverstoß

Dass das Vorgehen aus datenschutzrechtlichen Gründen ein Skandal ist, braucht hier nicht weiter ausgeführt werden. Denn neben dem Datum der mündlichen Prüfung enthielt die fehlgeleitete Mail auch alle Noten des betroffenen Studenten. Die er jetzt unfreiwillig mit seinem Kommilitonen teilen musste. Das ist ein absolutes No-Go. Die Tatsache, dass das LJPA diesen Fehler zunächst nicht einmal eingestanden hat, ist traurig. Den Betroffenen sofort über den Vorgang in Kenntnis zu setzen, ist das mindeste, was man von einer Behörde verlangen kann.

Andererseits ist das alles wenig verwunderlich. Gerade Rechtsreferendar:innen beschweren sich regelmäßig darüber, dass ihre Daten einfach so weitergegeben werden. So versenden AG-Leiter:innen ihre Rundmails gerne ungefragt mit offenem Verteilter. Sodass jede Person alle Mailadressen (und oft auch privaten Handynummern) der Kolleg:innen einsehen kann. Diese Praxis sollte dringend überdacht – oder zumindest nach entsprechenden Beschwerden eingestellt – werden. Auch aus anderen Bundesländern ist außerdem bekannt, dass Ladungen an alte Adressen verschickt wurden. Obwohl man dem JPA die neue Adresse rechtzeitig vorher mitgeteilt hatte. Und das teils mehrfach.

Begründung widersprüchlich

Als Begründung für den Fehler führte das LJPA Hessen im Telefonat mit dem Betroffenen menschliches Versagen an. Es wurde versichert, dass die persönlichen Daten nur ein einziges Mal vertauscht worden seien. Gleichzeitig gab das LJPA den Feiertag und die längere Postlaufzeit als Begründung für das Nichteinhalten der zweiwöchigen Ladungsfrist an. Dass Christi Himmelfahrt jedes Jahr ein bundesweiter, gesetzlicher Feiertag ist, hätte dem LJPA allerdings bereits früher auffallen müssen. Außerdem steht die offizielle Aussage im Widerspruch zu zuvor getätigten Äußerungen. Gegenüber einer anderen Kandidatin hatte das LJPA nämlich bereits am Freitag, den 19. Mai mitgeteilt, man wolle die Ladungen erst am Montag, den 22. Mai verschicken. Die längere Postlaufzeit am Feiertag (Donnerstag) kann also nicht der Grund für die Verzögerung gewesen sein.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels lag der Redaktion keine Stellungnahme des LJPA oder des Hessischen Ministerium der Justiz vor.

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