Professor Frank und seine Formeln

Jurastudierende und Jurist:innen können davon ein Lied singen: Unsere Gesetze sind voll von unbestimmten Rechtsbegriffen, die von uns definiert und ausgelegt werden müssen. Um sich juristische Fachbegriffe besser merken zu können, haben sich unter Jurastudierenden deswegen Merksätze, Formeln und Eselsbrücken etabliert. Zu den bekanntesten dürften die drei sog. Frank’schen Formeln gehören. Was und wer steckt dahinter?

Die drei Frank’schen Formeln (ja, es gibt nicht nur eine, sondern sogar drei) gehen zurück auf den deutschen Juristen und Strafrechtler Reinhard Frank. Während Radbruch und Savigny auch mit ihren Namen in die Rechtsgeschichte eingegangen sind, ist Frank nur wenigen Jurastudierenden ein Begriff. Bewusst oder unbewusst arbeiten wir aber fast alle im Strafrecht mit den Formeln, die Frank entwickelt hat.

Frank’sche Formel zum Vorsatz

Am bekanntesten ist sicherlich die Frank’sche Formel zur Abgrenzung von Vorsatz und fahrlässigem Handeln im Strafrecht. Wir alle wissen, dass es drei Arten von Vorsatz gibt: Absicht (dolus directus 1. Grades), direkter Vorsatz (dolus directus 2. Grades) und Eventualvorsatz (dolus eventualis). Nach der herrschenden Billigkeitstheorie handelt man vorsätzlich, wenn man den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges für möglich hält und darüber hinaus die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt.

Abzugrenzen ist der Eventualvorsatz von der bewussten Fahrlässigkeit. Bewusste Fahrlässigkeit liegt vor, wenn eine Person die möglichen Folgen ihres Handelns erkennt, jedoch darauf vertraut, dass diese nicht eintreten. Die Abgrenzung ist oftmals schwierig. Das zeigen beispielsweise in letzter Zeit die sog. Raserfälle. Nehme ich den Tod eines Passanten in Kauf, wenn ich zu schnell Autofahre und dadurch die Kontrolle über meinen Pkw verliere?

Frank schrieb zum Vorsatz: „Kommt man zu dem Ergebnis, daß der Täter auch bei bestimmter Kenntnis gehandelt hätte, […] so ist der Vorsatz zu bejahen; kommt man zu dem Ergebnis, daß er bei bestimmter Kenntnis die Handlung unterlassen hätte, so ist der Vorsatz zu verneinen.“

Und zur Fahrlässigkeit: „In einem hypothetischen Urteil sage sich der Täter: „mag es so oder anders sein, so oder anders werden, auf jeden Fall handle ich.“

Merksatz kurz: Bei Vorsatz denkt sich der Täter „na, wenn schon!“, bei Fahrlässigkeit „es wird schon gutgehen.“

Frank’sche Formel zum Rücktritt vom Versuch

Der Satz „kein Versuch ohne Rücktrittsprüfung“ hat sich bei Jurastudierenden geradezu „eingebrannt“. Die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts stehen in § 24 StGB. Ein Rücktritt ist demnach immer ausgeschlossen, wenn der oder die Täter:in nicht freiwillig handelt. Wer in ein Haus einbricht und das Aufbrechen des Tresors nur deswegen unterlässt, weil die Alarmanlage losschrillt und man vor der Herannahenden Polizei flüchtet, handelt nicht mehr freiwillig. Es gibt aber auch Konstellationen, in denen das nicht ganz so eindeutig ist.

Zur Unterscheidung, ob der Rücktritt vom Versuch aus autonomen (freiwillig) oder heteronomen (unfreiwillig) Motiven geschieht, schrieb Frank: „Ich will nicht zum Ziele kommen, selbst wenn ich es könnte“ (autonom), „ich kann nicht zum Ziele kommen, selbst wenn ich es wollte“ (heteronom).

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Reinhard Frank – der Mann hinter den Formeln

Wer war jetzt aber Reinhard Frank? Frank wurde 1860 in Hessen geboren und sollte nach den Wünschen seines Vaters eigentlich Kaufmann werden. 1879 legte er sein Abitur ab und studierte danach in Marburg zunächst ein Semester Philologie und Mathematik und danach Rechtswissenschaft. Nach zwei Semestern in München legte er sein Erstes Staatsexamen 1883 in Kiel ab. Als Rechtsreferendar in Battenberg und Marburg lernte er Franz von Liszt kennen, bei dem er 1886 promovierte und sich 1887 in den Fächern Strafrecht, Zivilprozessrecht und Kirchenrecht habilitierte. Mit nur 29 Jahren wurde Frank 1890 in Gießen Professor für Strafrecht. Später hatte er Lehrstühle in Halle und Tübingen inne.

Während des Ersten Weltkriegs widmete er sich unter anderem auch dem Völkerrecht. Er rechtfertigte die Verletzung der Neutralität Belgiens und verneinte in einem Gutachten 1919 die Auslieferung Kaiser Wilhelms II. Ab 1902 arbeitete er zudem an der ersten Strafrechtsreform in Deutschland seit 1871 mit. 1920 wurde Frank Rektor der Universität München. Ein Jahr nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verstarb Frank.

Moment, haben wir nicht etwas vergessen. Es gibt doch auch noch eine dritte Frank’sche Formel. Mit der dritten, meist unbekannten Formel, kommen Jurastudierende nur wenig in Berührung. Denn diese spielt auf der Ebene der Schuld.

Zur Schuld schreibt der Strafrechtler: „Ein verbotenes Verhalten ist jemandem dann zur Schuld anzurechnen, wenn man ihm einen Vorwurf machen kann, daß er es eingeschlagen hat.“ Und weiter „Schuld ist Vorwerfbarkeit.“

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