Eine Jurastudentin aus Rheinland-Pfalz ist das passiert, wovor sich alle Jurastudierenden aus Bundesländern mit entsprechenden Regelungen fürchten: Sie erreichte vier Punkte im Staatsexamen und hat die Prüfung trotzdem nicht bestanden. Wie kann das sein?
In Rheinland-Pfalz müssen angehende Jurist:innen im ersten Staatsexamen nicht nur einen Schnitt von 4,0 Punkten erreichen, sondern auch mindestens drei Aufsichtsarbeiten aus zwei verschiedenen Pflichtfächern in den Klausuren bestehen. Ähnliche Klauseln existieren auch in anderen Bundesländern. Z.B. in Baden-Württemberg, wo man in mindestens drei Aufsichtsarbeiten – davon einer Zivilrechtsklausur – mindestens einen Durchschnitt von 4,0 erreichen muss. Andernfalls werden die Prüflinge nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen. Sie haben das erste Staatsexamen dann nicht bestanden.
Klage gegen JAPO Rheinland-Pfalz
Gegen die Regelung aus Rheinland-Pfalz klagte jetzt eine Kandidatin, die dieses Schicksal ereilt hatte. Die Jurastudentin hatte bei den sechs schriftlichen Klausuren der staatlichen Pflichtfachprüfung im Zivilrecht 6, 8 und 4 Punkte, im Öffentliches Recht 3 und 2 Punkte und im Strafrecht 2 Punkte erzielt. Insgesamt also 25 Punkte. Damit durfte sie aber gar nicht erst zur mündlichen Prüfung antreten.
Deswegen klagte die Kandidatin gegen § 9 Abs. 3 der juristischen Ausbildungs-und Prüfungsordnung (JAPO). Darin ist geregelt, dass eine Zulassung zur mündlichen Prüfung voraussetzt, dass die Gesamtpunktzahl der schriftlichen Prüfung mindestens 24 Punkte betrage und mindestens drei Aufsichtsarbeiten aus zwei verschiedenen Pflichtfächern mit mindestens vier Punkten bewertet worden seien. Die Kandidatin war der Ansicht, dass diese Regelung gegen höherrangiges Recht verstoße.
Ungeeignet in zwei von drei Pflichtfächern
Das sah das OVG Koblenz in der Berufung jedoch anders und bestätigte damit das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier aus dem Jahr 2022. Die Regelung schränke die Kandidatin nicht unzulässig in ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 GG ein. Es sei legitim, Prüflinge als ungeeignet zu betrachten, die in zwei von drei Pflichtfächern ausschließlich Leistungen erbracht haben, die mangelhaft oder ungenügend und damit im Ganzen nicht mehr brauchbar waren.
Die Regelung verstoße auch nicht gegen das im Deutschen Richtergesetz normierte Gebot der Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen (§ 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG). Denn die Norm setze keine strikte Uniformität voraus. Kleinere Abweichungen zwischen den verschiedenen Prüfungsordnungen der Bundesländer seien möglich. Hier zog das Gericht auch einen Vergleich mit ähnlichen Regelungen zur Begründung heran. So fordere bspw. auch Bayern von seinen Prüflingen einen Gesamtdurchschnitt von mindestens 3,80 Punkten und nicht mehr als drei Klausuren mit einer geringeren Punktezahl als 4,0. In Berlin müssen sogar vier von sieben Klausuren mit mindestens vier Punkten bestanden werden.
Die Kandidatin hat ihr erstes juristisches Staatexamen damit nicht bestanden.
Entscheidung: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 26.05.2023, Az. 10 A 10029/23.OVG