Schemata Staatsrecht: Die wichtigsten Schemata für Jura-Erstis im öffentlichen Recht

-Werbung-spot_imgspot_img

Die Vorlesungen im ersten Semester können überwältigend sein. An den meisten Juristischen Fakultäten werden BGB AT, Strafrecht AT und Staatsrecht bzw. Grundrechte unterrichtet. Gerade das Staatsorganisationsrecht/Staatsrecht wird von vielen Jurastudierenden am Anfang als schwierig empfunden, obwohl es eigentlich sehr übersichtlich ist. Das liegt vermutlich an den streng formalen Vorgaben für die verschiedenen Verfahren, die deutlich über das hinausgehen, was man im Gemeinschaftskundeunterricht über Gesetzgebung und Staat gelernt hat.

Wir geben Dir den Überblick, was Du im Ersten Semester für das Staatsrecht bzw. Staatsorganisationsrecht unbedingt wissen musst. Und fassen Dir die wichtigsten Schemata in einem Artikel übersichtlich zusammen. Viel Spaß beim Lernen!

Tipps fürs Jurastudium

Verfassungsbeschwerde: Art. 93 I Nr.4a GG, §§ 13 Nr.8a, 90 ff. BVerfGG

Die Verfassungsbeschwerde hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und
begründet ist.

I. Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde

1. Zuständigkeit des BVerfG: Art. 93 I Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG
2. Beschwerdefähigkeit
Grundsätzlich ist „jedermann“ beschwerdefähig. Grundrechtsberechtigt sind alle natürlichen Personen. Ausländer:innen können sich jedoch nicht auf sog. „Deutschengrundrechte“ berufen. Nach Art. 19 III GG sind auch inländische juristische Personen des Privatrechts grundrechtsberechtigt, soweit die Grundrechte „ihrem Wesen nach“ auf sie anwendbar sind. Juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht grundsätzlich nicht grundrechtsfähig (Ausnahmen: Religionsgemeinschaften, Rundfunkanstalten, Universitäten).
3. Verfahrensfähigkeit
Die Fähigkeit, die Prozesshandlungen selbst oder durch einen Vertreter vorzunehmen. Bei Minderjährigen kommt es auf die Grundrechtsmündigkeit, also auf die hinreichende Einsichtsfähigkeit bzgl. des jeweiligen Grundrechts (Religion ab 14 Jahre) an.
4. Beschwerdegegenstand
Die Verfassungsbeschwerde kann sich damit gegen jeden Akt der öffentlichen Gewalt, also der Judikative (Gerichtsurteile), Legislative (formelle Gesetze) und der Exekutive (beispielsweise Verwaltungsakte), wenden.
5. Beschwerdebefugnis
Der Beschwerdeführer muss behaupten, durch den Akt der öffentlichen Gewalt in einem seiner Grundrechte oder den dort aufgezählten grundrechtsähnlichen Rechten verletzt zu sein. Dabei muss die Möglichkeit bestehen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich selbst, gegenwärtig und unmittelbar in einem dieser Rechte verletzt ist.
6. Rechtswegerschöpfung
Der Beschwerdeführer muss also alle ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausgeschöpft haben, bevor er eine Verfassungsbeschwerde einlegt.
7. Subsidiarität
Erst nachdem alle zumutbaren Möglichkeiten – auch über die Rechtswegeerschöpfung hinaus – erfolglos blieben, darf Verfassungsbeschwerde erhoben werden.
8. Form und Frist
Nach § 23 I BVerfGG ist die Schriftform (mit Begründung) erforderlich. Die Verfassungsbeschwerde muss gem. § 93 I BVerfGG innerhalb eines Monats erhoben werden.

II. Begründetheit der Verfassungsbeschwerde

Die Urteils-Verfassungsbeschwerde ist begründet, wenn der oder die Beschwerdeführer:in durch das letztinstanzliche Urteil in einem eigenen Grundrechte verletzt ist. Hier erfolgt inzident eine vollständige Grundrechte-Prüfung.


Organstreitverfahren: Art. 93 I Nr.1 GG, §§ 13 Nr.5, 63 ff. BVerfGG

I. Zulässigkeit des Organstreitverfahrens

1. Zustänigkeit des BVerfG: Art. 93 I Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5 BVerfGG.
2. Beteiligtenfähigkeit
Antragsteller:in und Antragsgegner:in ergeben sich aus Art. 93 I Nr. 1 GG i.V.m. § 63 BVerfGG, also:
a) Oberste Bundesorgane: also Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung
b) Andere Beteiligte: wenn sie im Grundgesetz (oder der GO BT) mit eigenen Rechten ausgestattet sind (Fraktionen, Ausschüsse, Abgeordnete).
3. Antragsgegenstand
Gem. § 64 I BVerfGG jede rechterhebliche Maßnahme oder jedes rechtserhebliche Unterlassen des oder der Antragsgegner:in, also immer, wenn zwischen Antragssteller:in und Antragsgegner:in eine konkrete Meinungsverschiedenheit über verfassungsrechtliche Rechte oder Pflichten besteht.
4. Antragsbefugnis
Wenn der oder die Antraggegner:in geltend macht, durch die beanstandete Maßnahme/Unterlassen in eigenen organschaftlichen Rechten oder Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein, § 64 BVerfGG.
5. Frist und Form: §§ 23 I, 64 II BVerfGG
6. Rechtsschutzbedürfnis

II. Begründetheit des Organstreitverfahrens

Der Antrag ist begründet, wenn die beanstandete Maßnahme/Unterlassung eine Verletzung von organschaftlichen Rechten darstellt. Diese sind hier inzident zu prüfen (z.B. Abgeordnetenrechte aus Art. 38 GG).


Abstrakte Normenkontrolle: Art. 93 I Nr.2 GG, §§ 13 Nr.6, 76 ff. BVerfGG

I. Zulässigkeit der abstrakten Normenkontrolle

1. Zuständigkeit des BVerfG: Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6 BVerfGG
2. Antragsberechtigung
Nach Art. 93 INr. 2 GG, bzw. § 76 I BVerfGG die Bundesregierung, eine Landesregierung oder ein Viertel der Mitglieder des Bundestages.
3. Antragsgegenstand
Antragsgegenstand einer Normenkontrolle kann jede Rechtsnorm des Bundes- oder Landesrechts sein (also auch Rechtsverordnungen, Satzungen), die bereits verkündet sind, vgl. § 76 I BVerfGG. Eine vorbeugende Normenkontrolle gegen noch nicht existierende Gesetze ist grundsätzlich unzulässig.
4. Antragsgrund
Nach Art. 93 I Nr.2 GG muss der oder die Antragssteller:in Meinungsverschiedenheiten oder Zweifel über die Vereinbarkeit der beanstandeten Norm mit dem Grundgesetz haben. Nach Ansicht des BVerfG stellt § 76 I Nr. 1 BVerfGG eine zulässige Konkretisierung des Art. 93 GG dar, weshalb immer die strengeren Voraussetzungen gegeben sein müssen. Erforderlich ist also das „für nichtig halten“ (Zweifel genügen nicht aus).
5. Form, keine Frist: § 23 BVerfGG

II. Begründetheit der abstrakten Normenkontrolle

Der Normenkontrollantrag ist begründet, soweit die beanstandete Rechtsnorm mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Inzident wird hier also die formelle und materielle Rechtmäßigkeit eines Gesetzes geprüft.


Konkrete Normenkontrolle: Art. 100 I GG, §§ 13 Nr.11, 80 ff. BVerfGG

I. Zulässigkeit der konkreten Normenkontrolle

1. Zuständigkeit des BVerfG: Art. 100 I GG, §§ 13 Nr. 11, 80 ff. BVerfGG
2. Vorlageberechtigung
Den Antrag können gem. Art. 100 I GG die deutschen Gerichte stellen.
3. Vorlagegegenstand
Vorlagegegenstand sind formelle, nachkonstitutionelle Gesetze.
4. Vorlagegrund
Das Gericht muss das Gesetz für verfassungswidrig halten, Art. 100 I GG. Die Norm, auf die sich die konkrete Normenkontrolle bezieht, muss im konkreten Fall auch entscheidungserheblich (deswegen „konkret“) sein.
5. Form, keine Frist: § 80 II BVerfG

II. Begründetheit der konkreten Normenkontrolle

Der Normenkontrollantrag ist begründet, soweit die beanstandete Rechtsnorm mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Inzident wird hier also die formelle und materielle Rechtmäßigkeit eines Gesetzes geprüft.


Bund-Länder-Streit: Art. 93 I Nr. 3 GG

I. Zulässigkeit des Bund-Länder-Streits

1. Zuständigkeit des BVerfG: Art. 93 I Nr. 3 GG, §§ 13 Nr. 7, 68 ff. BVerfGG
2. Beteiligtenfähigkeit
Gem. § 68 BVerfGG sind der Bund und die Länder beteiligtenfähig (deswegen der Name).
3. Antragsgegenstand
Antragsgenstand können gem. Art. 93 I Nr. 3 GG, § 69 i.V.m. § 64 I BVerfGG Meinungsverschiedenheiten über konkrete, rechtserhebliche Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder sein.
4. Antragsbefugnis
Der Antragsteller muss geltend machen, in eigenen Rechten aus dem Grundgesetz verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein, § 69 i.V.m. 64 I BVerfGG.
5. Form und Frist: § 23 i.V.m. §§ 69, 64 II BVerfGG

II. Begründetheit des Bund-Länder-Streits

Der Bund-Länder-Streit ist begründet, wenn die geltend gemachte Verletzung oder unmittelbare Gefährdung der verfassungsmäßigen Rechte vorliegt, § 69 i.V.m. § 67 BVerfGG.


Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes

I. Formelle Verfassungsmäßigkeit

1. Gesetzgebungskompetenz: Art. 71-74, 84 I, 85 I GG
Die Zuständigkeit für das Gesetzgebungsverfahren richtet sich nach den Art. 70 ff. GG. Es wird zwischen der Verbandskompetenz (War der Bund oder die Länder zuständig?) und der Organkompetenz (Haben die zuständigen Organe gehandelt?) unterschieden.
2. Gesetzgebungsverfahren: Art. 76-78 GG
Das Beschlussverfahren muss ordnungsgemäß abgelaufen sein (insbesondere die Abstimmung). Zu unterscheiden ist bei der Mitwirkung des Bundestages zwischen Zustimmungsgesetzen und Einspruchsgesetzen.
3. Form: Art. 82 GG
An dieser Stelle ist unter Umständen der Streit über das materielle Prüfungsrecht des Bundespräsidenten zu verorten.

II. Materielle Verfassungsmäßigkeit

1. Verstoß gegen Grundrechte: Art. 1-19 GG
2. Rechtmäßigkeit der Verwaltungskompetenzen: Art. 83 ff. GG
3. Kein Verstoß gegen die Verfassungsprinzipien (Art. 20 GG)

Affiliate Link
Affiliate Link
Affiliate Link
-Werbung-
Redaktion
Redaktion
JURios. Kuriose Rechtsnachrichten. Kontakt: redaktion@jurios.de

Ähnliche Artikel

Social Media

6,795FollowerFolgen
2,166FollowerFolgen
Download on the App Store
Jetzt bei Google Play
-Werbung-spot_img
-Werbung-

Letzte Artikel