Jura und Politik? Sicher doch! – Mein Praktikum im Deutschen Bundestag

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Es ist 20 Uhr und die Tagesthemen werden präsentiert. Gespannt blicke ich zum Fernseher und freue mich auf den politischen Teil. Was wird in Berlin gerade geplant? Könnte das vielleicht examensrelevant sein? Was wenn ich einfach mal selbst vorbeischaue?

Gesagt, getan. Ein paar E-Mails und Telefonate später sitze ich im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages und bekomme vermutlich ein bisschen früher als sonst die potenziellen Tagesthemen für morgen Abend mit. Bin ich nur zu Besuch? Keineswegs. Die folgenden vier Wochen sitze ich hier noch öfter. Denn ich bin jetzt Praktikantin im Deutschen Bundestag – und der folgende Erfahrungsbericht soll euch dabei helfen herauszufinden, ob ihr das auch sein möchtet.

Tipps fürs Jurastudium

Der Bewerbungsprozess am Bundestag

Die Verordnung des Justizministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Juristinnen und Juristen (JAPrO) des Landes Baden-Württemberg sieht wie in vielen anderen Bundesländern auch eine dreimonatige praktische Studienzeit für Jurastudierende vor. Bei der Auswahl der Ausbildungsstelle lässt sie den Studierenden allerdings viel Freiraum, denn wichtig ist nur, dass die Stelle geeignet ist den Studierenden eine Anschauung von praktischer Rechtsanwendung zu vermitteln. Diese Anforderung erfüllt der Bundestag als Geburtsstätte von Bundesgesetzen auf jeden Fall. Für mich war daher klar: hier werde ich einen Teil meiner praktischen Studienzeit leisten. Nun stellt sich aber die Frage, wie man denn überhaupt zu einer Praktikumsstelle in Berlin kommt.

Bekanntlich führen viele Wege nach Rom – und so gibt es auch viele unterschiedliche Wege in den Bundestag. Meiner führte mich in das Büro von Kaweh Mansoori, der Abgeordneter der SPD-Fraktion ist. Ihn verfolgte ich schon länger auf Instagram und habe dort eines Tages gesehen, dass er gerade einen studentischen Praktikanten im Haus hatte. Ich entschied mich kurzerhand dazu, ihm eine Nachricht zu schicken und ganz unbürokratisch nachzufragen, ob man sich bei ihm noch als Praktikantin bewerben könne. Die Antwort fiel zu meinem Glück positiv aus und ich wurde direkt dazu eingeladen, meine Bewerbungsunterlagen an sein Wahlkreisbüro zu übermitteln.

Einige Wochen später erhielt ich dann eine positive Rückmeldung und durfte direkt meinen Wunschzeitraum für mein vierwöchiges Praktikum angeben. Wir einigten uns auf den September – das heißt, dass zwischen meiner ersten E-Mail und dem Start meines Praktikums fast neun Monate lagen. Damit ist zu rechnen, denn die MdBs sind beliebt und weit im Voraus verplant. Wer ein Praktikum in einem Abgeordnetenbüro in Erwägung zieht, sollte daher vor allem Geduld und Flexibilität mitbringen. Darüber hinaus gibt es nur wenige Voraussetzungen; vor allem muss man nicht Mitglied einer Partei sein. Es ist aber durchaus empfehlenswert sich eine Person auszusuchen, deren politische Ansichten man überwiegend teilt.

Der Alltag im Bundestag: Wie sieht die Arbeit aus?

Der erste Tag meines Praktikums war selbstverständlich sehr aufregend. Der erste Punkt auf meiner Agenda war es, meinen Hausausweis abzuholen. Ich wurde direkt von einem Mitglied des Berliner Teams in Empfang genommen und musste mich somit zum Glück nicht allein im Bürokratiedschungel des Bundestages zurechtfinden. Angekommen im Büro durfte ich dann direkt den Rest des Teams kennenlernen. Nachdem ich die ersten Stunden damit verbracht habe, mich zu orientieren und langsam in alles reinzukommen, durfte ich dann auch bald richtig loslegen.

Mein Alltag bestand grundsätzlich aus einer bunten Abwechslung zwischen der Arbeit im Büro und der Terminbegleitung meines Abgeordneten. Dabei wurde stets darauf geachtet, mich in möglichst viele spannende Dinge einzubinden; gelangweilt habe ich mich daher nie.

Meine Arbeit umfasste von der inhaltlichen Mitarbeit an aktuellen Anliegen bis hin zur Contentproduktion für Social Media nahezu alles und ich durfte mich überall ausprobieren. Besonders tiefgehend habe ich mich mit der Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) beschäftigt, welche aktuell in den Startlöchern steht. Der juristische Aspekt kam während der Arbeit also definitiv nicht zu kurz.

Gefallen hat mir besonders, dass ich immer das Gefühl hatte, dass meine Arbeit wertgeschätzt wird und im Ergebnis etwas Brauchbares entsteht. Auch wenn mir manche Dinge am Anfang etwas schwerfielen, erfuhr ich immer Hilfsbereitschaft und Unterstützung, da Teamwork in meinem Büro großgeschrieben wird. Über Kaffee muss man sich im Übrigen keine Gedanken machen, den kocht der Chef nämlich selbst.

Der parlamentarische Betrieb: Die Blüte der Demokratie

Drei von vier Wochen meines Praktikums waren Sitzungswochen. Für die Praktikantinnen und Praktikanten heißt das vor allem, dass sie hautnah miterleben können, wie der Bundestag arbeitet. In dieser Zeit ist man viel im Haus unterwegs, denn Ausschüsse, AG- und Plenarsitzungen verfolgt man live vor Ort. Das, was man sonst nur aus dem Fernsehen kennt, ist plötzlich zum Greifen nah und man selbst ist mittendrin. Zwischen lebhaften Debatten und Diskussionen über Gesetzesentwürfe und Co. bleibt daher nur wenig Zeit zum Durchatmen. Diese Zeit möchte man im Zweifel aber gar nicht, denn der parlamentarische Alltag ist so spannend, dass man so viel wie möglich davon mitbekommen sollte.

Ich hatte das große Glück, dass mein Abgeordneter mich wann immer es ging hinter die Kulissen mitgenommen hat. Ihm habe ich es daher auch zu verdanken, dass ich Tipps für mein erstes Staatsexamen von Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann höchstpersönlich bekommen habe. Aber auch diverse Bilder mit bekannten Politiker:innen, darunter viele Bundesminister:innen und der Bundeskanzler, konnte ich als Mitbringsel nachhause bringen. Die kurzen Pausen zwischen dem ganzen Trubel konnte ich dann im Büro dafür nutzen, mich mit meinen Kolleg:innen auszutauschen und das Erlebte einzuordnen. So gelang es mir stets einen kühlen Kopf zu bewahren.

Berlin, Berlin: Das Leben in einer Großstadt

Zu meiner Überraschung kamen meine studentischen Kolleg:innen nicht nur aus dem Berliner Umland, sondern aus ganz Deutschland. Auch habe ich einige bekannte Gesichter angetroffen. In einer Metropole wie Berlin ein lustiger Zufall, der einem zeigt, dass die Welt manchmal doch ganz klein ist.

Früher oder später mussten wir uns jedoch alle die Frage stellen, wie und wo wir in Berlin unterkommen. Es ist dabei empfehlenswert, diese Frage möglichst früh anzugehen, damit man viel Zeit hat, eine passende Unterkunft zu finden. Hört man sich um, ist von Hotel bis WG alles dabei. Man sollte sich diesbezüglich weniger nach anderen orientieren und mehr auf die persönlichen Bedürfnisse eingehen. So kann man beispielsweise in die Gewichtung miteinbeziehen, ob man nach der Arbeit eher allein sein möchte, oder in Gesellschaft. Ferner spielen auch finanzielle Mittel eine nicht zu unterschätzende Rolle, denn eines steht fest: das Leben in Berlin ist leider nicht günstig. Ich empfehle es daher, frühzeitig mit der Planung des gesamten Aufenthalts zu beginnen; so steht man am Ende auf der sicheren Seite und hat immer noch die Möglichkeit spontan umzuplanen. Einer schönen Zeit in Berlin steht dann nichts mehr im Wege.

Lina Salaie und Kaweh Mansoori MdB

Fazit: Empfehlenswert!

Wenn ich auf die letzten vier Wochen zurückblicke, habe ich vieles, was ich zurück in die Heimat mitnehme. Besonders schön finde ich, dass “der Gesetzgeber“ nun nicht mehr bloß eine standardisierte Vokabel meines juristischen Wortschatzes ist, sondern nun ein Gesicht – eigentlich viele einzelne Gesichter – hat. Ich durfte während meiner Zeit in Berlin hautnah miterleben wie Gesetzesentwürfe geschrieben, überarbeitet, wieder verworfen und neuaufgesetzt werden. Ferner durfte ich an fast jedem Tisch sitzen, über den sie gelaufen sind, bis sie am Ende als Bundesgesetz verkündet werden. Diese Erfahrung ist vor allem als Studierende der Rechtswissenschaften unglaublich wertvoll und macht das im Studium Erlernte deutlich greifbarer.

Doch nicht nur in Bezug auf mein Studium konnte ich einiges mitnehmen, denn mein Praktikum im Deutschen Bundestag hat mich auch in persönlicher Hinsicht bereichert. Neben einem sympathischen Politiker habe ich ebenfalls ein starkes Team um ihn rum kennengelernt, in das ich mich auch schnell eingelebt habe. Durch zahlreiche Gespräche mit allen Beteiligten konnte ich viel für meinen weiteren Werdegang mitnehmen und habe mich zu jedem Zeitpunkt äußerst wohl gefühlt. Ich kann Berlin daher mit vielen schönen Erinnerungen verlassen und hoffe, dass mich meine Wege eines Tages an diesen beeindruckenden Ort zurückführen.

PS: Falls ihr mehr über mein Praktikum erfahren wollt, dann schaut doch einfach auf www.instagram.com/kawehmansoori vorbei. Dort findet ihr unter “Linas Takeover“ ein Storyhighlight meines Praktikums.

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