Wylls Pakt mit Mizora in Baldurs Gate 3: Warum es wichtig ist, die AGB zu lesen

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In diesem Jahr erschien das Computer-Rollenspiel „Baldurs Gate 3“ des belgischen Entwicklers Larian Studios. Erzählt wird unter anderem die Geschichte des Hexenmeisters Wyll, der einen Pakt mit der Halbdämonin Mizora schloss, um seine Heimatstadt zu retten. Bald merkt er, dass es sich dabei sprichwörtlich um meinen „Pakt mit dem Teufel“ handelt, denn Mizora weigert sich, Wyll aus dem Vertrag zu entlassen und beruft sich dabei immer wieder auf neuen Klauseln. Ein Musterbeispiel dafür, wieso es sich lohnt, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ganz genau zu lesen.

Baldurs Gate 3 basiert auf der Fantasie-Welt von „Dungeons & Dragons“. Neben Menschen wird die dystopische Welt auch von Elfen, Githyanki, Drow, Zwergen, Gnomen, Orks, Halblingen und Tieflingen bewohnt. In der Spielelandschaft tummeln sich Drachen und andere Fantasie-Wesen. Der oder die Spieler:in steuert einen Heldentrupp aus vier Charakteren, die unterschiedlichen Klassen angehören können. Beispielsweise Barbaren, Barden, Druiden, Waldläufer, Schurken und Magiern. Sie alle haben verschiedene Skills und Talente, um aus einem Kampf siegreich hervorzugehen.

Ein Pakt mit dem Teufel

Zu einem der NPC-Charaktere, die sich dem oder der Spieler:in anschließen können, gehört auch der Hexenmeister Wyll. Im Laufe der Geschichte erfährt man immer mehr über dessen Hintergründe. Er ist der Sohn des Großherzogs von Ravengard. In der Abwesenheit seines Vaters bot ihm die Dämonin Mizora einen Pakt an, um die Beschwörung einer gefährlichen Drachengöttin in seiner Heimatstadt Baldurs Gate zu verhindern. Wyll akzeptierte, wurde daraufhin jedoch von seinem Vater verstoßen. Der Pakt mit Mizora gab ihm zwar mächtige Hexenkräfte, verpflichtete ihn aber auch dazu, verschiedene Aufgaben für Mizora zu erledigen.

Im Verlauf des Spiels erscheint Mizora immer wieder, um Wyll an die Erfüllung seines Paktes zu erinnern. Der oder die Spieler:in hat mehrmals die Chance, Wylls Schicksal durch einzelne Entscheidungen zu beeinflussen und ihn am Ende auch aus dem Pakt zu befreien. Doch das ist gar nicht so einfach. Denn Mizoras Vertragsklauseln sind sprichwörtlich „teuflisch“.

Zu einer von Mizoras Gemeinheiten gehört, dass sie Wyll verbietet, über den Inhalt des Paktes zu sprechen. So darf Wyll nicht einmal seinem Vater davon erzählen, der ihn daraufhin verstößt. Der Pakt enthält also eine „Verschwiegenheitsklausel“ wie sie auch aus dem deutschen Recht bekannt ist. Beispielsweise aus dem Arbeitsrecht. Auch diese müssen allerdings eine AGB-Prüfung bestehen. “All-Klauseln”, welche die Verschwiegenheitspflicht des oder der Arbeitnehmer:in auf sämtliche (alle) geschäftlichen und betrieblichen Tatsachen ausdehnen, sind regelmäßig unwirksam, weil sie die Betroffenen unangemessen benachteiligen. Auch die absolute Schweigeverpflichtung Wylls über seinen Pakt mit Mizora dürfte deutschem Recht nicht standhalten.

Liegen überhaupt AGB vor?

Um die Klauseln in Wylls Pakt einer AGB-Prüfung unterziehen zu können, muss an erster Stelle zunächst gefragt werden, ob es sich dabei überhaupt um AGB i.S.d. § 305 ff. BGB handelt. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender:in) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Problematisch ist hier der Punkt „für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert“.

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, das Mizora als Dämonin nicht nur einen einzigen Pakt schließt, sondern das Eingehen von teuflischen Verträgen zu ihrem Alltagsgeschäft gehört. Doch arbeitete die attraktive Dämonin die Vertragsbedingungen hierfür individuell aus? Oder ist sie faul und verpflichtet alle ihre Opfer durch ein gleich klingendes Vertragsgerüst? Für eine individuelle Ausgestaltung spricht, dass sie mit ihren Vertragspartnern individuelle Vertragsziele vereinbart. So gibt sie Wyll z.B. den individuellen Auftrag, die barbarische Tieflingsfrau Karlach zu töten. Für vorformulierte Klauseln spricht, dass Mizora den gesamten Vertrag bereits auswendig vortragen kann. Abschließend klären lässt sich diese Frage mangels weiterer Informationen aber nicht.

Der Vertragsinhalt

Was genau steht jetzt aber eigentlich im Pakt zwischen Mizora und Wyll. Der oder die Spieler:in bekommt den Vertragstext nie zu Gesicht. Und auch von Wyll selbst erhält man auf Grund seiner Verschwiegenheitsverpflichtung kaum Informationen. Interessant wird es aber immer dann, wenn Mizora des Nachts im Camp auftaucht, um Wyll genüsslich an einzelne Vertragsklauseln zu erinnern. Sie zitiert diese dann inklusive dem jeweiligen Paragraf und erinnert dabei an eine (allerdings leicht bekleidete) Anwältin, welche die Gegenseite an ihre Verpflichtungen erinnert.

Zu den bekannten Klauseln gehört:

  • Clause F § 9: ‘Soul-binder shall bestow reward or favour only upon soul-bearer’s fulfillment of related obligation.’
  • Clause G § 9: ‘Targets shall be limited to the infernal, the demonic, the heartless, and the soulless.’
  • Clause Z § 13: ‘Should the promised soul refuse obeyance or neglect duty, the pact-holder shall cast the promised in Avernus as a lemure.’
  • Clause Z § 13: ‘If the soul-binder consents to separation, she will release the soul-bearer from all obligation within six months.’
  • Addendum F: ‘The Absolute must be avenged for the soul-binder’s detention at Moonrise. The soul-bearer retains his gifts until such time as the Absolute is slain.’

Um zu klären, ob der Pakt einer AGB-Prüfung standhalten würde, bräuchte man strenggenommen auch noch die restlichen Vertragsbestandsteile. Doch die im Wortlaut bekannten Klauseln lassen bereits einige Probleme erkennen.

Unangemessene Benachteiligung

Klausel F § 9 bezieht sich lediglich auf die „damit verbundenen Verpflichtungen“ enthält diese jedoch nicht selbst. Um herauszufinden, worauf sich Wyll überhaupt eingelassen hat, muss man also auch noch die Klausel kennen, die diese Verpflichtungen auflistet. Dass die Belohnung hingegen erst dann gewährt wird, wenn die Verpflichtung erfüllt ist, ist selbstverständlich. Mizora geht also nicht in Vorleistung.

Klausel G § 9 verstößt hingegen bereits gegen § 307 Abs. 1 BGB. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Klausel G § 9 ist nicht hinreichend bestimmt. Denn wer entscheidet, welche Opfer „höllisch, dämonisch, herzlos oder seelenlos“ sind? Vor allem im Hinblick darauf, dass der Pakt von einer (Halb-)Dämonin selbst formuliert wurde.

Klausel Z § 13 enthält die Rechtsfolge, falls Wyll seinen Pakt nicht einhält. Er wird dann von Mizora in die Vorhölle „Avernus“ verbannt und nimmt dort die Gestalt eines „Lemure“ (hier ist nicht der Affe gemeint) an. Das klingt zwar drastisch, wenn man einen Pakt mit dem Teufel schließt, muss man derartig weitgreifende Rechtsfolgen wohl aber erwarten, sodass die Klausel nicht überraschend (und damit nicht nichtig) i.S.d. § 305 c BGB ist.

Finger weg!

Klausel Z § 13 sorgt bei Wyll für große Überraschung. Denn er geht im Laufe des Spieles davon aus, dass Mizora ihn sofort aus dem Pakt entlässt. Stattdessen beruft sich Mizora auf die sechsmonatige Frist. Mangels Regelung verstößt diese Klausel nicht gegen § 309, 308 BGB. Es könnte höchstens eine unangemessene Benachteiligung i.S.d § 307 BGB darin zu sehen sein. Dafür spricht, dass es sich bei einem halben Jahr um einen sehr langen Zeitraum handelt.

Problematisch ist aber vor allem die Verknüpfung mit dem ersten Satzteil der Klausel. Klausel Z § 13 bezieht sich nicht auf ein einseitiges Kündigungsrecht Wylls, sondern setzt einen „consent“, also eine Zustimmung Mizoras voraus, Wyll aus seinem Vertrag zu entlassen. Die sechsmonatige Frist ist unter diesem Gesichtspunkt das kleinere Problem. Denn wenn Mizora Wyll (noch) nicht aus ihrem Pakt entlassen will, verweigert sie einfach die Zustimmung zur Trennung. Es ist deswegen davon auszugehen, dass Wyll keinerlei Möglichkeit hat, den Pakt einseitig zu beenden.

Unabhängig davon, ob die einzelnen Klauseln mit dem deutschen AGB-Recht vereinbar wären, wird deutlich, dass der Pakt Wyll einseitig stark benachteiligt. Er hätte sich also doppelt und dreifach überlegen sollen, ob er diesen sprichwörtlichen Pakt mit dem Teufel überhaupt eingeht.

Ein Lichtblick: Der oder die Spieler:in hat in Baldurs Gate 3 die Möglichkeit, Wyll aus seinem Pakt zu befreien. Auch wenn das nicht einfach wird und man dafür einen hohen Preis bezahlen muss. Außerdem gibt es eine Spiel-Variante, in der man Mizora töten kann. Und wir alle wissen: Tote Dämoninnen können keine (neuen) Verträge schließen und deren Einhaltung auch nicht mehr kontrollieren.

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