Interview: Frag die…. Pressesprecherin des Justizministeriums Rheinland-Pfalz

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Juristische Berufserfahrung aus erster Hand: Im Interview mit Richterin und Pressesprecherin Dr. Corinna Zellmann

Dr. Corinna Zellmann studierte Jura in München und Paris und legte ihr Rechtsreferendariat im Jahr 2017 in Saarbrücken ab. Nach einer 2,5-jährigen Tätigkeit in einer internationalen Wirtschaftskanzlei wechselte sie 2020 als Richterin in die Justiz des Landes Rheinland-Pfalz und war an den Amtsgerichten Bingen und Mainz tätig. Von 2021 bis 2022 war sie Persönliche Referentin des Landesjustizministers und seit 2022 ist sie Pressesprecherin des rheinland-pfälzischen Justizministeriums. Derzeit befindet sich Dr. Corinna Zellmann in Mutterschutz/Elternzeit.

Berufsspecial

Sehr geehrte Frau Richterin Zellmann, herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, Wissenswertes über sich und Ihren Beruf als Pressesprecherin des Landesjustizministeriums mit unseren JURios-Leser:innen zu teilen! Sie waren zunächst als Anwältin tätig und sind erst später in die Justiz gewechselt. Wie kam es dazu?

Zellmann: Ich habe bereits nach dem Referendariat überlegt, direkt in der Justiz anzufangen. Allerdings dachte ich, dass etwas zusätzliche Berufserfahrung und auch die Einnahme einer anderen Perspektive – in meinem Fall die der Anwältin – sich bereichernd auf eine spätere Tätigkeit in der Justiz auswirken könnte. Schließlich bot sich für mich die Möglichkeit, in der Großkanzlei meinen französischen Abschluss bzw. meine Französischkenntnisse einzubringen. Die Station in der Großkanzlei war eine Bereicherung, dank der ich auch den Einstieg in die Justiz gut bewältigt habe.

Sie spielen eine Runde Tabu und müssen als Erklärerin Ihren Mitspieler:innen den Begriff „Pressesprecherin“ umschreiben. Welche fünf Tabu-Begriffe, die dabei nicht genannt werden dürfen, stehen auf Ihrer Karte, um Ihren Suchbegriff nicht direkt zu entlarven?

Zellmann: Journalisten, Presse/4. Gewalt, Kommunikation, Sprachrohr, Tagesgeschehen

Nehmen Sie uns an die Hand und führen Sie uns durch einen typischen Arbeitstag als Pressesprecherin. Was unterscheidet Ihre jetzige Tätigkeit von der Arbeit als Anwältin oder Richterin?

Zellmann: Einen „typischen Arbeitstag“ gibt es fast nicht – was für mich auch den besonderen Reiz der Tätigkeit als Pressesprecherin ausmacht bzw. ausgemacht hat. Denn der Tag beginnt zwar grundsätzlich immer gleich, mit der Presseauswertung, verläuft dann jedoch abhängig von deren Ergebnis bzw. aktuellen Anlässen. Beispielsweise kann es sein, dass ein Gesetzesentwurf bekannt wird, der Presseanfragen nach sich zieht oder eine Stellungnahme erforderlich macht. In manchen Fällen erfordert die Nachrichtenlage bei unmittelbarer Betroffenheit der Justiz auch eine konkrete Reaktion. Dann muss man sich zügig mit den Pressevertretern abstimmen und eine Pressekonferenz einberufen. Am Ende eines langen Tages kann man das Ergebnis der eigenen Arbeit noch im Radio oder Fernsehen nachverfolgen – wenn man es rechtzeitig nach Hause schafft 😉.

Apropos „typischer Tag“: Was sind typische juristische Probleme, die Ihnen tagtäglich in Ihrer Arbeit begegnen – was war im Gegenteil dazu der kurioseste Vorfall, der Ihnen als Pressesprecherin widerfahren ist?

Zellmann: Die meisten juristischen Fragen stellen sich im Zusammenhang mit dem Auskunftsanspruch, der sich aus dem jeweiligen Landesmediengesetz ergibt. Dabei geht es z.B. insbesondere darum, wer unter den Kreis der Anspruchsberechtigten fällt und wie weit der Auskunftsanspruch geht. Gerade im ersteren Bereich stellen sich derzeit aktuelle Fragen, wie die, ob auch Influencer unter den Presse-Begriff fallen.

Beim Antritt meiner Stelle als Pressesprecherin habe ich beispielsweise nicht erwartet, dass ich mich einmal sehr detailliert mit der Beschaffenheit der Kleidung in unseren Justizvollzugsanstalten – bis hin zur Unterhose (!) – beschäftigen würde. Über diese hatte sich ein rheinland-pfälzischer Häftling in einem Zeitungsinterview beschwert. Das Interview zog dann wiederum Fragen lokaler Vertreterinnen und Vertreter der Presse nach sich.

Auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, die ebenfalls in das Aufgabengebiet der Pressesprecherin im Ministerium der Justiz fällt, habe ich Spannendes erlebt: So haben wir für den Jubiläums-Rheinland-Pfalz-Tag im Jahr 2022, im Rahmen dessen wir 75 Jahre Landesverfassung und Verfassungsgerichtshof gefeiert haben, die rheinland-pfälzische Guillotine von der Festung Ehrenbreitstein in das Foyer des Ministeriums gebracht. Denn die Landesverfassung von 1947 sah zunächst noch die Verhängung der Todesstrafe vor. Die Guillotine kam in Rheinland-Pfalz jedoch glücklicherweise nie zum Einsatz.

Die Justiz steht gerade oft in der Kritik. Vor allem der demographische Wandel macht Ministerien, Gerichten und Staatsanwaltschaften große Sorgen Wie gehen Sie mit der Kritik um und welche Pläne hat das Landesjustizministerium Rheinland-Pfalz, um junge Jurist:innen zu gewinnen?

Zellmann: Der demografische Wandel betrifft alle Bereiche, die öffentliche Hand wie die Wirtschaft, sodass der Nachwuchsgewinnung eine immer größere Bedeutung zukommt. Dabei unterscheiden sich sicherlich die Instrumente, mit denen die Nachwuchsgewinnung in den unterschiedlichen Bereichen betrieben werden kann. Die Entscheidung, welchen Berufsweg die bzw. der Einzelne nachher einschlägt, ist jedoch eine ganz individuelle und abhängig von den persönlichen Stärken. Auch spielen die Erfahrungen in der Ausbildung nach meiner eigenen Erfahrung eine große Rolle: Die Justiz hat hier eine besondere Chance, im Rahmen des Referendariats, Referendarinnen und Referendare für sich zu gewinnen. Außerdem zeichnet sie sich durch Sicherheit, interessante Entwicklungsmöglichkeiten und Familienfreundlichkeit aus – dies gilt gerade in Rheinland-Pfalz, da hier die e-Akte bereits an vielen Gerichten zum Einsatz kommt.

Jetzt haben Sie uns schon sehr von Ihrem Beruf überzeugen können. Was muss man tun, um als Richterin Pressesprecherin eines Gerichts oder Ministeriums zu werden? Und welche Voraussetzungen sollte man dabei mitbringen? Spielt auch das Parteibuch eine Rolle? Unter welchen Umständen würden Sie von Ihrem Beruf abraten?

Zellmann: Für die Tätigkeit als Pressesprecherin im Ministerium der Justiz sollte man auf jeden Fall Interesse an politischen Zusammenhängen, große Flexibilität und Kommunikationsstärke mitbringen. Ein Parteibuch spielt nach meiner eigenen Erfahrung keine Rolle.

Sie befinden sich momentan in Elternzeit/Mutterschutz: Stimmt es, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerade in der Justiz besonders einfach gelingt? Oder ist die Elternschaft auch heute noch eine Einbahnstraße, die in einen Teilzeitjob und aufs „Abstellgleis” führt? Können Sie den Juristinnen unter unseren Leser:innen hier Mut machen?

Zellmann Meine bisherigen Erfahrungen mit dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Justiz waren positiv. Man hat auf meine Bedürfnisse als werdende berufstätige Mutter Rücksicht genommen, sich mit mir gefreut und mich in allen Belangen unterstützt, damit ich diese neue Lebensphase mit meiner beruflichen Tätigkeit gut vereinbaren konnte. Ich bin gespannt, wie es nach meiner Elternzeit weitergeht und habe dazu von den Kolleginnen und Kollegen, die Eltern wurden in der Justiz, viel Gutes gehört.

Ich glaube übrigens nicht, dass eine Tätigkeit in Teilzeit unweigerlich ein Abstellgleis bedeutet, sondern zunächst einmal eher eine gute Möglichkeit ist, die verschiedenen Bedürfnisse von jungen berufstätigen Eltern zu vereinen. Teilzeit darf allerdings keine „Karrierefalle” werden. Wer sich beruflich weiterentwickeln will, soll diese Chance bekommen, auch oder gerade dann, wenn er oder sie eine Zeitlang zugunsten seines Nachwuchses beruflich kürzer getreten ist. Das ist nämlich eine unschätzbare Investition in die Zukunft dieses Nachwuchses, wovon auch eine Gesellschaft profitiert! Das sollte diese dann auch würdigen. Die Justiz bietet diese Entwicklungsmöglichkeit. Und ehrlich gesagt: Hat denn eine Arbeitgeberin heute noch eine andere Chance, als konsequent auch auf junge Eltern zu setzen und ihnen nach einer Phase der intensiveren Familienzeit gute Aufstiegschancen zu bieten? Alle werden gebraucht, ist mein Eindruck, und die Justiz hat das schon länger ganz gut verstanden…

Zu guter Letzt: Versetzen Sie sich in Ihr Erstsemester-Ich zurück. Was würde es heute von Ihrem Werdegang halten und umgekehrt: was würden Sie Ihrem Erstsemester-Ich raten?

Zellmann:  Meinem Erstsemester-Ich würde ich raten, das Studium etwas lockerer anzugehen und auf sich selbst zu vertrauen.

Sehr geehrter Frau Richterin Zellmann, vielen Dank für Ihre spannenden Einblicke!


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