In einem Rundschreiben an seine Richterkolleg:innen und Mitarbeiter:innen hat der Präsident des Amtsgerichts Leipzig vor russischen Mitbürger:innen gewarnt. Diese würden eine Gefahr darstellen.
Die Welt ist vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine erschüttert. Viele Deutsche zeigen öffentlich ihre Solidaität mit den Ukrainer:innen. Gleichzeitig wird davor gewarnt, alle Russ:innen über einen Kamm zu scheren. Trotzdem kommt es zu Vorbehalten gegenüber russischen Mitbürger:innen. Ein besonders krasser Fall ereignete sich jetzt vor dem Amtsgericht Leipzig. Dessen Präsident, Michael Wolting, richtete sich mit einem Rundschreiben an seine Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen. In diesem warnte er ausdrücklich vor “den Russen”. Das vierseitige Schreiben trägt den Betreff: „Multiple Bedrohungen von Seele, Leib und Leben“.
Warnung vor “Russen oder Weißrussen”
Wie die taz berichtet, enthält der Brief den pauschalen Verdacht, in Deutschland lebende Russ:innen könnten den Konflikt hierzulande austragen. Das Personal wird darin vor “multiplen Bedrohungen” gewarnt. Auf Grund der „vielfältige Versuche Russlands, die westlichen Demokratien und ihre Institutionen zu destabilisieren“ sei „höchste Vorsicht und Aufmerksamkeit geboten“. Sämtliche Termine mit Staatsangehörigen aus Russland müssten den Wachtmeister:innen gemeldet werden. Und jetzt kommt eine Passage, die eigentlich nur noch als russophob bezeichnet werden kann: „Alle Entscheiderinnen und Entscheider des Amtsgerichts helfen bitte mit, indem sie Termine, die Russen oder Weißrussen in das Haus führen würden, einer kritischen Prüfung unterziehen.“
Gleichzeitig bietet Wolting im Schreiben einen „psychologisch begleiteten Austausch“ zum Thema „Angst vor dem Krieg“ an. Zumindest dieser Aspekt ist nachvollziehbar. Denn der Krieg in der Ukraine beschäftigt uns alle und viele Menschen haben dazu auch Redebedarf. Im Rundbrief wird außerdem zur Sammlung von Hilfsgütern für Kriegsflüchtlinge aufgerufen. Ein grundsätzlich ehrenwertes Anliegen.
Präsident des Amtsgerichts rudert zurück
Gleichzeitig listet das Schreiben aber auch Unternehmen auf, die sich noch nicht zum Russland-Boykott entschieden haben. Deutsche Unternehmen werden somit angeprangert. Auch wenn man wirtschaftliche Sanktionen für den richtigen Weg hält, stellt sich die Frage, ob ein derartiges Schreiben eines Amtsrichters gegenüber den Kolleg:innen gerechtfertigt ist. Die taz wertet die Diktion des Schreibens als “überraschend”. In dem Brief seien auch Fotos des Kriegsgeschehens eingebettet. Die russischen Soldaten werden (wenn auch im Ergebnis vermutlich zu Recht) als “marodierende Horden” bezeichnet. Und an dieser Stelle wird es äußerst skurril. Wolting schreibt, dass diese Sünden der Läuterung im Fegefeuer „nicht zugänglich” seien. “Sie führen unweigerlich, direkt und für die Ewigkeit in die Hölle“. Bemerkenswerte Worte, die man eher vom Papst als vom Präsidenten eines Amtsgerichts erwartet hätte.
Laut taz hat das Amtsgericht Leipzig aber inzwischen zurückgerudert. Wolting erklärte in einer weiteren Rundmail, dass er die „Verdächtigung von Bevölkerungsgruppen“ nicht beabsichtigt habe.
Fundstelle: https://taz.de/