Sind die „Skrull“ in Marvels „Secret Invasion“ eine „terroristische Vereinigung“?

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Spätestens seit dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 wird der Begriff „Terrorismus“ in den Medien inflationär verwendet. Doch Terrorismus hat viele Formen und Gestalten. Man denke an die RAF in Deutschland, die IRA in Irland oder Boko Haram und den IS im Nahen Osten.

In Politik, Gesellschaft, Forschung und Medien wird die Begrifflichkeit jedoch ganz unterschiedlich verwendet. So kennt das deutsche Strafrecht beispielsweise den Begriff der „terroristischen Vereinigung“. Doch was versteht man darunter eigentlich? Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit aus einer Organisation eine „terroristische Vereinigung“ wird? Und unterfallen die „Skrull“ aus der Marvel-Miniserie „Secret Invasion“ dieser Definition?

Geheime Infiltration der Menschheit

Nick Fury, der ehemalige Direktor des fiktiven US-Geheimdienstes S.H.I.E.L.D spielt die Hauptrolle, in der 2023 auf Disney+ erschienen Miniserie „Secret Invasion“. Wie der Name bereits verrät, geht es in diesem Marvel-Abenteuer um die geheime Infiltration unserer Erde durch Aliens. Und nicht durch irgendwelche Aliens, sondern durch die Skrull. Eine fortgeschrittene Spezies von Reptilienhumanoiden, welche die Fähigkeit der Gestaltwandlung beherrschen. Ursprünglich stammen die Aliens von ihrem Heimatplaneten Skrullos, der jedoch komplett zerstört wurde. Die überlebenden Skrull nutzen ihre besondere Fähigkeit, um sich auf verschiedenen Planeten unbemerkt anzusiedeln. Auf der Erde nehmen sie dazu die Gestalt (meist verstorbener) Menschen an. Carol Danvers (Captain Marvel) und Nick Fury versprachen den Skrull, ihnen eine neue Heimatwelt zu finden. Dazu kam es jedoch nie.

Eine Splittergruppe der auf der Erde ansässigen Skrull beschließt deswegen, eigenhändig die Erde zu übernehme und diese zur neuen Heimat der Skrull zu machen. Dazu infiltrieren sie unter anderem wichtige politische Ämter und ersetzen die jeweiligen Amtsinhaber durch Skrull-Doppelgänger. Zum Plan der Skrull gehört aber auch, mit einer Reihe gezielter Anschläge einen künstlichen Konflikt zwischen den USA und Russland zu provozieren. Die Menschheit soll sich so teils selbst auslöschen bzw. für eine Invasion durch die Skrull geschwächt werden. Anführer der Splittergruppe ist der jungen Skrull Gravik, der vor keiner Gewalttat zurückschreckt und im Zweifelsfall neben Menschen auch seine eigenen Gefolgsleute tötet. Indem die Fähigkeiten verschiedener Avenger-Mitglieder (z.B. Supergirl und Hulk) extrahiert werden, sollen in einem geheimen Forschungsprojekt außerdem Super-Skrull mit übernatürlichen Fähigkeiten geschaffen werden.

Terroristische Vereinigung nach dem StGB?

Das deutsche Strafgesetzbuch kennt verschiedene Gruppierungen, die es als strafwürdig einordnet. So bspw. bewaffnete Gruppen (§ 128 StGB), kriminelle Vereinigungen (§ 129 StGB) und eben terroristische Vereinigungen (§129a StGB). Sowohl die Gründung als auch die Mitgliedschaft in einer solchen Gruppierung steht unter Strafe. Es droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

§ 129 a StGB wurde durch das Anti-Terror-Gesetz aus dem Jahr 1976 als Reaktion auf die Anschläge der „Rote Armee Fraktion“ in das StGB eingefügt und später weiter verschärft – so auch als Reaktion auf 9/11. Schutzgut der Norm ist die innere Sicherheit der BRD. Was ist jetzt aber Terrorismus? Diese Frage beantwortet § 129 a StGB nicht. Der Begriff „terroristisch“ taucht nur in der Überschrift, nicht im Normtext auf. Der Strafgesetzgeber hat auf eine Konkretisierung des vielschichtigen Begriffs verzichtet. Stattdessen knüpft der Gesetzgeber an einen Katalog von Straftaten an, deren Begehung durch eine Vereinigung typischerweise als Terrorismus angesehen werden soll.

Secret Invasion Key Art @2023 MARVEL

Die “Vereinigung” rund um den Skrull Gravik

Der Begriff der Vereinigung ist seit dem 22. Juli 2017 in § 129 StGB definiert, demnach versteht man drunter „ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.“

Der Skrull Gravik rekrutiert in „Secret Invasion“ andere desillusionierte Skrull, die ebenfalls die Erde zu ihrem Heimatplaneten machen wollen und der Meinung sind, dass sie von der Menschheit unterdrückt werden. Gemeinsam wollen sie – als übergeordnetes Ziel – den Dritten Weltkrieg auslösen und als Sieger aus ihm hervorgehen. Ihr Hauptquartier hat die Organisation in einem verlassenden Atomkraftwerk in Russland. Dort schmiedet Gravik monatelang seine Pläne, bildet andere Skrull mit Waffen aus, lagert militärisches Equipment und treibt die Forschung rund um die DNA der Avengers voran, um Skrull mit Superkräften zu schaffen. Damit handelt es sich bei Graviks Organisation um einen auf längere Dauer angelegten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

Begehung von Katalogstraftaten

Die Vereinigung muss aber außerdem auf die Begehung der in § 129a StGB genannten Katalogtaten gerichtet sein. Dazu müssen sich die Mitglieder verbindlich dazu verpflichtet haben, diesen Zweck zu verfolgen. Zu den Katalogtaten gehören insbesondere:

Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches), Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b StGB.

Sehr zum Schock aller Marvels-Fans wird in Secret Invasion der beliebte Charakter der CIA-Agentin Maria Hill bei einem Bombenanschlag der Skull getötet. Der Anschlag auf einem belebten Platz in Moskau wird später durch die Presse als Unity Day Bombing bezeichnet. Neben Maria Hill sterben noch weitere unbeteiligte Zivilisten. Es handelt sich dabei jeweils um Heimtücke-Morde mit einem gemeingefährlichen Mittel. Am Anschlag wirken mehrere Skrull aus Graviks Team mit, die den Anschlag gemeinsam geplant haben.

Voraussetzung des Völkermordes nach § 6 Völkerstrafgesetzbuch ist, dass bestimmte Straftaten wie z.B. Mord in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören, begangen werden. Vorliegend haben die Skrull rund um Gravik den Plan, zumindest einen Teil der Menschheit zu vernichten, um den Planeten Erde zur Heimat der Skrull zu machen. Inwiefern geplant ist, die Menschheit komplett auszurotten oder nur zu versklaven/unterdrücken, ist nicht bekannt. Eventuell gehört zum Plan auch “nur”, dass Skrull und Menschen nebeneinander auf der Erde leben, während die Regierung von den Skrull ausgeht. Jedenfalls handelt es sich bei der Menschheit aber (gegenüber den Alien) um eine rassische und ethnische Gruppierung, deren – zumindest teilweise Vernichtung – geplant ist. Graviks Organisation plant damit einen Völkermord.

Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Freiheitsberaubung

Dabei greift Gravik nicht nur Amtsträger oder militärische Einheiten an, sondern auch Zivilisten. Es handelt sich um einen ausgedehnten und systematischen Angriff gegen eine Zivilbevölkerung i.S.d. § 7 Völkerstrafgesetzbuch, sodass Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorliegen. Insbesondere plant Gravik auch einen Atomkrieg zwischen Russland und den USA, sodass Nr. 2 erfüllt ist: Denn er geht in der Absicht vor, “eine Bevölkerung ganz oder teilweise zu zerstören und diese oder Teile hiervon unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, deren Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen”. Im Gegensatz zu uns Menschen sind die Skrull immun gegen radioaktive Verstrahlung, sodass ihnen ein Atomkrieg nichts ausmacht.

Dabei begeht Gravik auch Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des §§ 239a, § 239b StGB. In seiner Basis in Russland hält er diejenigen Menschen fest, deren Gestalt die Skrull annehmen. So beispielsweise die Präsidenten verschiedener Länder, deren Erinnerungen die Skrull „aussaugen“, um die Personen perfekt imitieren zu können. Als die Opfer am Ende der Serie von Nick Fury befreit werden, waren sie teils wochen- oder monatelang gefangen.

Damit erfüllt die Organisation rund um Gravik die Tatbestandsmerkmale einer terroristischen Vereinigung nach dem deutschen Strafgesetzbuch. Zumindest Gravik braucht sich um seine Straftaten aber keine Sorgen mehr machen, denn als “Bösewicht” überlebt er das Ende der Marvel-Serie natürlich nicht.

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