In einer gemeinsamen Presseerklärung stellen sich verschiedene juristische Organisationen entschieden gegen den rechtsextremen “Masterplan”, der nach Recherchen von Correctiv im November 2023 nahe Potsdam geplant wurde. Unterschrieben ist das Statement von der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), dem Deutschen Anwaltverein (DAV), dem Deutschen Juristinnenbund (djb), dem Deutschen Richterbund (DRB), der Neuen Richtervereinigung (NRV), den Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) sowie dem Verein “Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen”.
Unter dem Titel „Geheimplan gegen Deutschland“ veröffentlichten Correctiv-Reporter:innen im Januar ihre Recherchen zu einem Geheimtreffen von hochrangigen AfD-Politiker:innen mit Neonazis und verschiedenen Unternehmer:innen sowie Akteur:innen aus der rechten Szene. Geplant wurde bei diesem Treffen im Landhaus Adlon unter anderem die Deportation von Millionen Deutschen. Das Treffen fand nur wenige Kilometer von dem Ort statt, an dem 1942 die Wannsee-Konferenz tagte. Einer Konferenz, bei der hochrangige NS-Funktionäre die sog. „Endlösung der Judenfrage“ besprachen. An der historischen Konferenz nahmen damals insgesamt neun Juristen teil (JURios berichtet).
Angriff auf den Rechtsstaat!
Darauf nimmt auch die Stellungnahme der Jurist:innen Bezug. Sie fordern: „Dieses Treffen darf sich in der Rückschau nicht als ‘zweite Wannseekonferenz’ entpuppen.“ Die geplanten Vertreibungen nennen die Vertreter:innen eine „schaurige Vision“ und einen „Angriff auf die Verfassung und den liberalen Rechtsstaat.“ Im Statement heißt es weiter: „Die massenhafte Deportation von Menschen aus Deutschland darf nie wieder Realität werden. Die gesetzliche Legitimation solcher Phantasien muss mit allen juristischen und politischen Mitteln verhindert werden.“
BRAK, DAV, djb, DRB, NRV, RAV und die “Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen” stellen sich deswegen entschlossen gegen die Pläne. Diese würden „nicht nur unzähligen in Deutschland tätigen Juristinnen und Juristen, sondern uns allen nicht wieder gutzumachenden und dauerhaften Schaden zufügen.“
Das Bekanntwerden des Geheimtreffens und die Recherchen von Correctiv führen in der breiten Öffentlichkeit erneut zur Diskussionen, wie mit der AfD und anderen rechtsextremen Bestrebungen in Deutschland umzugehen ist.
Petitionen fordern AfD-Verbot und Grundrechtsverwirkung
Eine Petition fordert, dem Thüringer AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke, einen Teil seiner Grundrechte zu entziehen. Dies sieht Art. 18 GG (Verwirkung) grundsätzlich als Möglichkeit vor, wenn Grundrechte gezielt zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht werden. Die Petition haben bereits über eine Million Menschen unterzeichnet.
Eine weitere Petition macht sich für ein AfD-Verbotsverfahren stark. Zu den Erstunterzeichner:innen gehören auch viele Prominente wie beispielsweise Bela B, Leadsinger von “Die Ärzte” oder die Schauspielerin Nora Tschirner. Bereits knapp 700.000 Menschen schlossen sich dem Aufruf an.
Das Bundesverfassungsgericht hatte sich zuletzt 2017 mit dem Verbot einer rechtsradikalen Partei beschäftigt. Damals scheiterte das NPD-Verbotsverfahren allerdings an fehlenden Anhaltspunkten für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele. Zu Deutsch: Die NPD war damals zu unbedeutend.
AfD-Verbot politisch und juristisch umstritten
An diesem Punkt würde ein AfD-Verbotsverfahren jedenfalls nicht scheitern. Die AfD ist in 14 Landesparlamenten vertreten. In Sachsen, Brandenburg und Thüringen könnte die AfD bei der nächsten Wahl rund 30 Prozent der Stimmen erhalten.
Zuletzt sprachen sich deswegen der Publizist Heribert Prantl, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und SPD-Chefin Saskia Esken für ein AfD-Verbot aus. Der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier und der Staatsrechtler Rupert Scholz warnten hingegen ausdrücklich vor einem AfD-Verbot. Auch die Verfassungsrechtlerin Gertrude Lübbe-Wolff hält ein AfD-Verbot nach wie vor für unwahrscheinlich. Der Rechtsanwalt Alexander Hoffmann sieht in den Correctiv-Enthüllungen über das Treffen hingegen einen weiteren Grund für einen AfD-Verbotsantrag. So sieht das auch der Jurist Bijan Moini.