Wer hat das Hausrecht in einer studentischen Wohngemeinschaft (WG)?

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50 Prozent aller deutschen Studierenden leben in einer Wohngemeinschaft. Nur rund 30 Prozent kann sich eine eigene Wohnung leisten. Das ergab eine Umfrage des deutschen Studentenwerkes. Mit der Frage, wann eine Wohngemeinschaft vorliegt und welche rechtlichen Besonderheiten sich daraus ergeben, musste sich auch das Oberlandesgericht Hamm befassen.

Das Gericht legte in seinem Urteil auch dar, was man überhaupt unter einer studentischen WG versteht. Und das liest sich wunderbar kurios:

„Eine studentische Wohngemeinschaft ist auf ein Zusammenleben regelmäßig jüngerer Erwachsener in einer vergleichbaren Lebenssituation ausgerichtet. Der dauerhafte Aufenthalt von Angehörigen einer anderen Generation ist ihr deshalb fremd, selbst wenn diese von einem Mitbewohner mit der Haustierbetreuung während seiner Urlaubsabwesenheit betraut worden sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob der nunmehrige Störer den Hausrechtsinhaber, weil dieser seine Schlüssel vergessen hatte, zuvor einmal in die Wohnung gelassen hat oder ob dieser zuvor aus vom Störer mitgebrachten Lebensmitteln versorgt worden war; auch das (gemutmaßte) Motiv des Wohnungsverweises (hier: ungestörtes Konsumieren von Drogen) spielt keine Rolle.“

Moment, wer ist mit „Angehörigen einer anderen Generation“ gemeint? Und wieso geht es im Urteil jetzt plötzlich um Drogenkonsum? Machen wir einen Schritt zurück.

Mutter hält sich unberechtigt in WG auf

In der Entscheidung ging es um die Mutter eines Studenten, der gemeinsam mit zwei weiteren Personen in einer Wohngemeinschaft lebt. Für die Zeit seines Urlaubs mit seiner Freundin in Spanien hatte der Student seine Mutter gebeten, die Haustiere in der Wohnung zu versorgen. Die Mutter Fütterte jedoch nicht nur die Haustiere, sondern hielt sich über längere Zeit in der Wohnung auf. Daraufhin rief ihr eigener Sohn die Polizei. Beim Polizeieinsatz in der Wohnung wurde die Mutter verletzt und klagte schließlich vor Gericht. Sie war der Meinung, die Beamt:innen hätten eine Amtspflichtverletzung begangen und seien zum Schadensersatz verpflichtet.

Das Gericht kam jedoch zum Schluss, dass das Handeln der Polizei rechtmäßig gewesen sei. Denn die Polizeibeamten seien berechtigt gewesen, gegen die Mutter einen Platzverweis auszusprechen und sodann mit unmittelbarem Zwang durchzusetzen. Denn die Mutter verletzte das Hausrecht ihres Sohnes innerhalb der WG, indem sie dort nicht nur die Haustiere fütterte, sondern sich mehrere Tage lang aufhielt.

Hausrecht steht allen zu

Das Hausrecht an einer Wohnung stehe demjenigen zu, der die Räumlichkeiten tatsächlich bewohnt, und knüpfe damit an die tatsächliche Sachherrschaft und den – berechtigten – Besitz an. Bei einer gemeinschaftlichen Benutzung von Räumlichkeiten durch eine Mehrzahl von berechtigten Bewohner:innen stehe die Ausübung des Hausrechts im Regelfall allen in vollem Umfang zu. Daher kann jede:r Mitbewohner:in grundsätzlich selbstständig entscheiden, wem er oder sie das Betreten der Wohnung gestattet. Hinsichtlich der zur alleinigen Benutzung vorgesehenen Räume (z.B. Schlafzimmer) stehe grundsätzlich dem- oder derjenigen, dem oder der diese Räume zugewiesen sind, das alleinige Hausrecht zu.

Bedeutungslos sei dabei auch, dass der Sohn die Mutter nur deshalb aus der Wohnung weisen wollte, um ungestörtem Drogenkonsum nachgehen zu können.

Eine leicht übergriffige Mutter führt im folgenden Fall also dazu, dass wir jetzt wissen, wie das Hausrecht in einer studentischen Wohngemeinschaft geregelt ist. Und das ist gar nicht so praxisfern. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass es in einer WG auch mal zu Streitigkeiten kommt, ist durchaus gegeben.


Entscheidung: OLG Hamm, Urt. v. 22.1.2016, Az. 11 U 67/15

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