Interview: Frag die …. Repetitorin

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Juristische Berufserfahrung aus erster Hand: Im Interview mit der Repetitorin Rebecca Baier

Rebecca Baier studierte Jura an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und legte ihr Rechtsreferendariat in Heilbronn ab. Sie ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht in der Kanzlei StR für Strafrecht in Stuttgart. Zudem ist sie Gesellschafterin und Repetitorin bei Hemmer. Sie ist insbesondere als Kursleiterin des Assessorkurses und Finalkurses Baden-Württemberg tätig. Zudem ist sie Gründerin und Dozentin von i-lexx, Akademie für Strafrecht und bildet hier angehende Strafverteidiger:innen aus.

Berufsspecial

Sehr geehrte Frau Baier, herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, Wissenswertes über sich und Ihren Beruf als Repetitorin mit unseren JURios-Leser:innen zu teilen! Wie kam es dazu, dass Sie neben ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin auch noch Repetitorin wurden?

Baier: Wie so oft eher durch Zufall. Ich selbst habe in Würzburg – dem Geburtsort und der Zentrale von hemmer – studiert und bin mit Christine Hemmer befreundet. Sie hatte mich nach meinem ersten Examen angefragt, ob ich im Rahmen von hemmer.individual tätig werden wolle. Das war mein Start und dann kam die Leitung eines Klausurenkurses in Heidelberg und schließlich nach dem zweiten Examen direkt der Aufbau des Assessorkurses in Stuttgart. Mir hat der Job von Anfang an viel Spaß gemacht und daher war mir auch klar, dass ich ihn neben meiner dann gewählten Anwaltstätigkeit in jedem Fall weiterführen und auch ausbauen möchte. Es war sogar mit ein Grund für mich in die selbstständige Anwaltschaft zu gehen, um meine Zeit und Ressourcen frei einteilen zu können.

Sie spielen eine Runde Tabu und müssen als Erklärerin Ihren Mitspieler:innen den Begriff „Repetitorin“ umschreiben. Welche fünf Tabu-Begriffe, die dabei nicht genannt werden dürfen, stehen auf Ihrer Karte, um Ihren Suchbegriff nicht direkt zu entlarven?

Baier: hemmer – Examensvorbereitung – Nachhilfe – Examinatorium – Skripten

Nehmen Sie uns an die Hand und führen Sie uns durch einen typischen Arbeitstag als Repetitorin. Was unterscheidet Ihre Tätigkeit als Repetitorin von der Tätigkeit als Anwältin? Üben Sie beide Berufe im gleichen Umfang aus oder ist einer der Tätigkeiten dominierend?

Baier: Der Arbeitsalltag beginnt – wie wohl in den meisten Berufen – mit Tonnen an Emails: Teilnehmer:nnenanfragen, organisatorische Angelegenheiten und sehr viel Verwaltungstätigkeit… dann folgen am Vormittag oft Individualeinheiten (zwei Zeitstunden pro Teilnehmer:in). In den Leerzeiten bereite ich dann den Unterricht für die großen Kurse, Workshops etc. vor und mache Telefonate. Die Nachmittag halte ich mir dann teilweise – und das ist auch ein großer Vorteil der Selbstständigkeit – frei für meine beiden Söhne. Und 1-2x die Woche habe ich dann am Abend einen großen Kurs. Dies ist mal mehr und mal weniger, je nachdem wie viele Kurse parallel laufen.

Ich versuche Anwaltstätigkeit und Repetitorin auf unterschiedliche Tage zu verteilen, sodass ich mich auf jeden Bereich fokussieren kann. Natürlich ist das nicht immer möglich, wenn ein:e Mandant:in anruft und Hilfe benötigt, arbeite ich diese Fälle selbstverständlich ab. Ansonsten bleibe ich aber dabei mir die Zeiten einzuteilen. Und momentan liegt der Schwerpunkt meiner Tätigkeit auch auf dem Repetitorium. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Kurse gewachsen sind und ich weitere Kurse, auch in anderen Bundesländern übernommen habe, aber auch der Flexibilität, die mir dieser Beruf im Hinblick auf meine Kinder bringt. Als Anwältin muss ich mich nach Gerichtsterminen etc. richten, beim Repetitorium gestalte ich die Termine selbst. Das ist für mich momentan ein großer Mehrwert, den ich nicht missen möchte. UND: mir macht der Job einfach unheimlich viel Spaß.

Apropos „typischer Tag“: Was sind typische Probleme, die Ihnen tagtäglich bei Ihrer Arbeit begegnen – was war im Gegenteil dazu der kurioseste Vorfall, der Ihnen als Repetitorin widerfahren ist?

Baier: Die typischen Probleme sind vor allem – und das meine ich ganz wertfrei – die Teilnehmer:innen, die sich verrückt machen und die man „einfangen“ muss. Das sehe ich aber als Teil meines Jobs und denke es gelingt mir auch oft. Es gibt häufig Teilnehmer:innen die sich über die Kurse hinaus an uns wenden und Rat benötigen. Dies nimmt viel Zeit in Anspruch, gleichzeitig sehe ich dies als Teil des Ganzen und bin auch gern bereit zu unterstützen. Nur betreue ich durch die Kurse ja Hunderte von Referendar:innen und Student:innen und stoße da zeitlich auch an Leistungsgrenzen. Zudem sind es sehr viele Kanäle auf denen ich „erreichbar“ bin, was die Sache noch verschärft. Wir haben eine geschlossene Community für Teilnehmer:innen, Instagram ist ein großer Bereich und natürlich auch Emails.

Weiter ist die Anspruchshaltung sehr gestiegen: alles muss schneller, besser, kürzer sein und soll an Qualität nicht einbüßen. Dies stellt uns auch oft vor Herausforderungen.

Kuriose Fälle fallen mir vor allem im Bereich meiner Anwaltstätigkeit ein. Als Repetitorin begegnen mir vor allem oft Kandidat:innen die ich unheimlich bewundere für ihre Kraft und ihr Durchhaltevermögen. Spontan habe ich eine Teilnehmerin im Kopf, die Jurastudium und Referendariat mit vier Kindern gemeistert hat oder eine andere Kandidatin, die mich trotz Nichtbestehen des Examens nach wie vor zu unseren Lerneinheiten mit einem offen Lachen empfängt und ihre positive Art einfach mitreißend ist. Ich lerne auch von den Menschen, die ich unterrichte und die mir täglich begegnen.

Repetitorien stehen seit einigen Jahren vermehrt in der Kritik. Viele Studierende bereuen, Geld für ein Repetitorium ausgegeben zu haben und raten rückblickend davon ab. Wie gehen Sie mit dieser Kritik um?

Baier: Ich versuche sie anzunehmen und die Kritik umzusetzen, um es besser zu machen. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass viele von uns einen guten Job machen, in dem sehr viel Herzblut und auch eigene Persönlichkeit steckt. Wir hoffen unsere Freude an Jura transportieren zu können und den Stoff so aufzubereiten, dass die Teilnehmer:innen strukturiert und motiviert in ihr Examen starten können. Daher sind wir auch immer offen für Kritik und freuen uns über jedes Feedback.

Diese Frage müssen wir natürlich stellen: Was ist Ihr absoluter Top-Tipp für die Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen?

Baier: Und die beantworte ich immer gleich: Struktur beim Lernen! Man braucht einen Plan wie man vorgeht, wie man lernt, wann man was lernt. Mit einem gut ausgearbeiteten Lernplan wird eine Examensvorbereitung übersichtlich und machbar. Es hilft aber auch, um Ruhephasen zu integrieren und mental fit zu bleiben. Wenn man das Ganze dann noch mit regelmäßigen Wiederholungen unterfüttert ist schon sehr viel geschafft.

Jetzt haben Sie uns schon sehr von Ihrem Beruf überzeugen können. Was muss man tun, um Repetitorin zu werden und welche Voraussetzungen sollte man dabei mitbringen?

Baier: Man kann sich jederzeit direkt an uns wenden oder auch eine Bewerbung schicken. Mitbringen muss man zwei Prädikatsexamina und Spaß am Lernen und Lehren.

Zu guter Letzt: Versetzen Sie sich in Ihr Erstsemester-Ich zurück. Was würde es heute von Ihrem Werdegang halten und umgekehrt: was würden Sie Ihrem Erstsemester-Ich raten?

Baier: Das Ersti-Ich wäre ziemlich überrascht, wo ich jetzt stehe. Der Plan war immer Richterlaufbahn im Strafrecht. Ich denke aber mein Ersti-Ich wäre auch ganz schön beeindruckt und zufrieden wie es dann gelaufen ist bzw. läuft. Und ich würde meinem Ersti-Ich raten, es genauso zu machen, wie ich es gemacht habe: Studium ernst nehmen, aber auch die Zeit nutzen um zu feiern, zu reisen und spontan zu sein, eine fokussierte Examensvorbereitung anzuhängen und auch bei dieser nicht zu vergessen, dass man mal einen Tag Ruhe braucht um wieder durchstarten zu können.

Sehr geehrter Frau Baier, vielen Dank für Ihre spannenden Einblicke!

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Redaktion
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JURios. Kuriose Rechtsnachrichten. Kontakt: redaktion@jurios.de

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