Rezension “Jura not alone” – das etwas andere Buch mit Ermutigungen für Jurist:innen

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Wieso studierst du Jura? Wir alle hatten eine ganz unterschiedliche Motivation, als wir uns damals nach dem Abitur für ein rechtswissenschaftliches Studium einschrieben. Einige werden das aufgrund des Drucks der Eltern getan haben. Andere konnten sich (noch) nicht entscheiden und wollten „nur mal gucken“. Viele hat vermutlich das Geld gelockt, das man zumindest in einigen Bereichen als Jurist:in verdienen kann. Und dann gibt es da noch diejenigen, die die Welt verbessern wollen. Sie werden unter den Jurastudierenden oft verlacht, doch es gibt sie. Und wir (denn ich zähle mich selbst auch dazu) sind gar keine so seltene Spezies. Und noch lange nicht vom Aussterben bedroht.

Das zeigt uns auch das neue Buch von Prof. Dr. Nora Markard und Dr. Ronen Steinke. Die Juraprofessorin und der Journalist haben unter dem Titel „Jura not alone“ eine Ermutigung in zwölf Kapiteln verfasst. Im Klappentext des Buches heißt es dazu:

„Mit Recht wird Politik gemacht. Mit Gesetzen und Urteilen werden gesellschaftliche Hierarchien befestigt, werden Menschen beherrscht. Aber Recht ist zugleich auch ein Mittel zur Befreiung von Herrschaft, zur Emanzipation für Minderheiten, die sich damit gegenüber einer Mehrheit behaupten. Es ist ein Instrument, mit dem sich auch für Verbesserungen kämpfen lässt – wenn man weiß wie.“

Jura geht uns alle an. Das ist die Prämisse der Autor:innen. Und sie zeigen in ihrem Buch anschaulich und leicht verständlich wieso. Und wie wir alle die Welt mit den Mitteln des Rechts ein bisschen besser machen können.

Zwölf Beispiele aus verschiedenen Rechtsgebieten

Die zwölf Beiträge beleuchten jeweils ein anderes Rechtsgebiet: Klimaschutzrecht, Grundrechte, Demokratie, Polizeirecht, Strafrecht, Eigentum, Familienrecht, Arbeitsrecht, Asylrecht, Sozialrecht, Völkerrecht und Menschenrechte.

Dabei greifen die Autor:innen brandaktuelle Themen wir Greta Thunbergs Schulstreik und den Karlsruher „Klima-Beschluss“ auf. Im zweiten Beitrag wird der Werdegang des Juristen Bijan Moini beleuchtet, der für die „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ arbeitet und sich unter anderem gegen die Überwachung der Bürger:innen durch den Geheimdienst einsetzt und ein wegweisende Urteil des Bundesverfassungsgerichts erstritt. Der dritte Beitrag trifft die „nie wieder ist jetzt“ Diskussion im Kern. Es geht um die Gefahr, die rechtsradikale Parteien wie die AfD für unsere Demokratie darstellen – aber eben auch darum, welche Schutzmechanismen das Grundgesetz vorsieht. Dabei wirft “Jura not alone” auch einen Blick zurück in unsere Vergangenheit und die Justizreformen unter den Nationalsozialisten.

Bereits diese drei Beispiele zeigen, wie viele spannenden Themen die Autor:innen in ein einziges Buch gepackt haben. Sie zeigen aber auch, dass fast jede:r Jurist:in in einer Position sitzt, in der man Gutes bewirken kann. Als Richter:in, Verwaltungsbeamt:in, Aktivist:in, NGO-Mitarbeiter:in oder Anwält:in. Im Verwaltungsrecht, Strafrecht oder Zivilrecht.

Das Buch ist einfach verständlich geschrieben und eignet sich in seinem Zuschnitt deswegen auch für juristische Laien. Paragraphen und Artikel werden nicht nur „gedroppt“, sondern im Zusammenhang erklärt. Trotzdem können auch gestandene Jurist:innen noch etwas lernen. Denn es geht auch um Rechtsgebiete, mit denen man sich nicht täglich beschäftigt. Und Themen, die zwar nicht jeden Tag auf dem Schreibtisch eines:r Jurist:in landen, wohl aber „alle etwas angehen“.

Garantiert “woke”

Kritiker:innen werden das Buch vermutlich als „woke“ bezeichnen. Denn viele der angesprochenen Themen erhitzen die Gemüter. Das liegt aber weniger am Buch, sondern eher an den Leser:innen. Wer bereits rot sieht, wenn der Name „Greta“ nur fällt, wird an diesem Büchlein vermutlich keine Freude haben. Das ist schade, denn genau diese Personen sollten die Texte vermutlich besonders aufmerksam studieren. Das gilt auch für diejenigen, die den Klimawandel leugnen, Herrschaftsfantasien der AfD befürworten, auf dem rechten Auge blind sind, als Sprachpolizei das Gendern verbieten, Polizeigewalt, racial profiling und menschenunwürdige Abschiebungen „feiern“ oder der LGBTQI+-Community das Leben schwer machen.

Ein besonderes Lob verdient dabei auch die Cover-Gestaltung. Kommen Jurabücher oft altbacken und langweilig daher, hebt sich das Buch bereits durch sein farbenfrohes Cover vom Einheitsbrei der juristischen Lektüre ab. Mit dem Namen „Jura not alone“ hatten dabei einige Leser:innen zunächst Verständnisprobleme. Dabei sind die Autor:innen nicht die ersten, die diesem Wortspiel etwas abgewinnen können. Bereits seit einigen Jahren existiert unter dem Namen „Jura not alone“ ein Twitch-Kanal, auf dem (angehende) Jurist:innen sich gegenseitig Jura beibringen. Nach Angaben auf Twitter sind die Jura not alone-Macher:innen den Autor:innen aber überhaupt nicht böse. Es bestünde „bestes Einvernehmen“, so Steinke.

Trotzdem polarisiert das Buch nicht. Die Fakten, die in den Texten teilweise ausgesprochen werden, sind harter Tobak. Markard und Steinke schaffen es aber, zu ermutigen und allem etwas Positives abzugewinnen. Das macht Lust auf Mehr!


Nora Markard, geb. 1978, ist Inhaberin des Lehrstuhls für Internationales Öffentliches Recht und Internationalen Menschenrechtsschutz an der Universität Münster.

Ronen Steinke, geb. 1983, ist promovierter Jurist, Journalist und Bestsellerautor.

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