Frauen im Recht – wie die Selbstbestimmtheit durch das Gesetz eingeschränkt wird

-Werbung-spot_imgspot_img

Wie selbstbestimmt kann eine Frau sein, die nicht allein über ihren Körper entscheiden darf? Wie selbstbestimmt kann eine Frau sein, wenn sie nicht die gleichen Chancen auf Bildung hat wie ein Mann? Und wie selbstbestimmt kann eine Frau sein, die sich gesellschaftlich für jede Handlung rechtfertigen muss?

Frauenrechte und die Selbstbestimmung von Frauen stehen im Zentrum vieler gesellschaftlicher und rechtlicher Debatten weltweit und sind ein komplex zu betrachtendes Thema. Frauen sehen sich immer noch mit Gesetzen und Vorschriften konfrontiert, die ihre Selbstbestimmung in vielen verschieden Lebensbereichen einschränken. Dabei sind die Fortschritte in den letzten Jahrzehnten nicht klein zu reden. Die Fähigkeit, eigenständige Entscheidungen über den eigenen Körper, den Zugang zu Bildung und für wirtschaftliche Unabhängigkeit zu treffen, wird oft durch den rechtlichen Rahmen eingeschränkt. Diese Einschränkungen stellen nicht nur einen Angriff auf die individuelle Freiheit, sondern auch ein Hindernis für die Gleichstellung der Geschlechter dar. In diesem Essay werde ich mich damit beschäftigen, wie gesetzliche Regelungen die Selbstbestimmtheit von Frauen begrenzen, vor allem im Bereich der Abtreibung und in Bezug auf Deutschland.


Dieser Beitrag entstand im Rahmen des 5. juriosen Essay-Wettbewerbs “Frau im Recht” zum Internationalen Frauentag 2024. Es handelt sich um den fünften Platz in der Kategorie “Freitexte”. Weitere Informationen zum Essay-Wettbewerb und alle anderen Gewinner-Texte finden Sie hier: https://jurios.de/essay-wettbewerb/


Gesetzliche Regelungen zur Abtreibung

Die Kontrolle über den eigenen Körper ist ein fundamentales Recht, das jedem unabhängig von seinem Geschlecht frei zur Verfügung stehen sollte. Dieses Recht kann jedoch auch durch gesetzliche Vorgaben stark eingeschränkt werden. Insbesondere im Bereich der Reproduktion finden sich zahlreiche Beispiele für diese Einschränkungen. In vielen Ländern sind die Gesetze zur Abtreibung immer noch sehr restriktiv gestaltet. Weltweit gibt es nur ein Land, dass Abtreibungen rechtlich nicht einschränkt, Kanada. In den letzten Jahren gab es weltweit sowohl Fortschritte, als auch Rückschritte.

In den USA wurde das Grundsatzurteil „Roe v. Wade“ aus dem Jahr 1973 im Jahr 2022 vom Supreme Court wieder gekippt, sodass es keinen landesweiten Grundbaustein für das Recht auf Abreibung mehr gibt. Nur wenige Bundesstaaten haben danach das Recht auf Abtreibung in ihren eigenen Verfassungen aufgenommen.

In Polen entschied das oberste Gericht im Jahr 2020, dass Abtreibungen nur noch im Fall einer Vergewaltigung, bei Inzest oder wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist, erlaubt sind. Ministerpräsident Tusk will diesen schweren Rückschritt wieder Rückgängig machen.

Und auch in Deutschland ist die Abtreibung grundsätzlich eine Straftat. Seit 1871 ist die Abtreibung in § 218 StGB als Straftat verankert. Im Jahr 1927 wurden Abtreibungen dann ausschließlich aus medizinischen Gründen erlaubt. Bemühungen den Paragrafen zu reformieren sind immer wieder gescheitert, sodass er 1949 fast unverändert in unser heutiges StGB übernommen wurde. Erst vor 50 Jahren, im Jahr 1974, gab es eine Reform. Abtreibungen, die innerhalb der ersten drei Monate stattfinden, sind zwar rechtswidrig, jedoch straffrei. Doch schon 1975 wurde die Regelung der Frist für verfassungswidrig erklärt. Direkt ein Jahr später wurde erneut eine Reform vom Bundestag beschlossen, die wieder eine Fristenlösung von drei Monaten vorsah. In der DDR galt so eine Lösung bereits seit 1972. Danach fand die letzte Änderung des § 218 StGB Anfang der 90er Jahre statt. Aktuell sind Schwangerschaftsabbrüche gem. § 218 StGB strafbar und unter den Voraussetzungen des § 218a straflos.

Regelung in Deutschland

Die Gesetze der Abtreibungen untergraben die Entscheidungsfreiheit von Frauen über ihre eigene Gesundheit und ihren eigenen Körper. Die Autonomie der Frauen, die genau wie die der Männer durch unser Grundgesetz in Art. 1 I, in Art. 2 I, II GG und vielen weiteren Artikel fest verankert ist, wird dadurch stark eingeschränkt. Diese Gesetze spiegeln oft eine tief verwurzelte gesellschaftliche Vorstellung wider, nach der Frauen in ihrer Autonomie beschränkt und in Abhängigkeit von patriarchalischen Strukturen gehalten werden sollen. Der Grund, der Beschränkung der Abtreibung ist oft das werdende Leben zu schützen, das auch durch Art. 1 I GG geschützt wird. Trotzdem ist eine Reform des Paragrafen dringend notwendig. Das werdende Leben kann auch geschützt werden, wenn § 218 StGB die Abtreibung grundsätzlich erst ab der 12. beziehungsweise 13. Woche unter Strafe stellt.

Das werdende Leben besäße denselben Schutz wie auch in der aktuellen Fassung der §§ 218, 218a StGB. Aber der große Unterschied wäre, dass die Frauen keine Straftat begehen, wenn sie sich in den ersten drei Monaten gegen eine Schwangerschaft entscheiden. Sie könnten zumindest in den ersten 12. Wochen frei über ihren Körper entscheiden ohne sich rechtswidrig zu verhalten. Daher halte ich eine Reform der §§ 218, 218a StGB für längst überfällig und machbar, ohne den Sinngehalt der Normen und den Schutz des werdenden Lebens zu berühren. Es würde nur zu einer Veränderung für die Frauen führen, die, ohne sich strafbar zu machen, über ihren Körper entscheiden können.

Keine echte Gleichstellung

Frauen sind den Männern rechtlich meines Erachtens nach nicht gleichgestellt. Eine Gleichstellung der Frauen beruflich und in Bezug auf Bildung hat sich in den letzten 50 Jahren der Frauenbewegung ergeben. Jedoch gibt es in Bezug auf Männer keine Straftat, die ihre Fähigkeit, frei über ihren eigenen Körper zu entscheiden einschränkt.

Es gibt jedoch auch positive Beispiele, in denen rechtliche Änderungen zu einer Verbesserung der Selbstbestimmung von Frauen geführt haben. Die Reformen des Abtreibungsrechts in Irland und Argentinien zeigen, wie gesellschaftlicher Wandel und politischer Aktivismus zu Gesetzen führen können, die die Autonomie von Frauen stärken. In Irland wurde es Frauen 2018/2019 nach einer sehr langen Zeit endlich erlaubt, legal abzutreiben.

Auch in Spanien gab es 2023 eine Reform. Das neue Abreibungsgesetz garantiert Schwangerschaftsabbrüche in öffentlichen Gesundheitszentren. Des Weiteren wurde die dreitägige Bedenkzeit abgeschafft.

Solche Entwicklungen sind ermutigende Beispiele dafür, dass rechtliche Rahmenbedingungen verändert werden können, um die Selbstbestimmung von Frauen zu fördern. Und trotzdem ist es noch ein weiter Weg, bis Frauen die Autonomie über ihren eigenen Körper selbst besitzen.

Geschlechtergerechtigkeit bis 2030!

Auch wenn wir in Deutschland in den letzten 30 Jahren Fortschritte gemacht haben, z.B. indem die Vergewaltigung in der Ehe verboten wurde und § 219a StGB abgeschafft wurde ist es noch ein langer Weg, bis eine vollständige Selbstbestimmtheit gewährleistet wird. Dabei spielen die Wechselwirkung zwischen gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen und rechtlichen Normen eine große Rolle. Viele Gesetze, basieren noch auf traditionellen Geschlechterrollen und manifestieren sowie verstärken dadurch Diskriminierung und Ungleichheiten. Auch wenn das FüPoG II eingeführt wurde, um Frauen eine bessere Chance im Arbeitsleben zu gewährleisten, besteht auch dort eine Ungleichbehandlung, da Frauen z.B. weniger Gehalt bekommen als Männer. Das hat erneut der Global Gender Gap Report 2023 des World Economic Forums deutlich gemacht.

Positiv zu betrachten ist trotzdem, dass die Selbstbestimmtheit und Gleichberechtigung der Frauen in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern sehr gut, aber nicht am fortgeschrittensten ist. Ein Fortschritt ist auch die Einigung der Vereinten Nationen, die bis 2030 eine Geschlechtergerechtigkeit umsetzen wollen. Bis dahin ist es aber noch ein langer weg.

Frauen sind Menschen, genau wie Männer. In Art 3 I, II GG steht, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und Frauen und Männer gleichberechtigt. Auf Papier mag das vielleicht festgelegt sein und in Bereichen wie z.B. Bildung auch erfüllt, doch warum wird die Selbstbestimmtheit der Frauen trotzdem mehr eingeschränkt als die der Männer? Warum kann eine Frau nicht selbstbestimmt über ihren Körper entscheiden?

Eine Wandlung des Rechts ist daher weiterhin notwendig, um eine Gleichberechtigung der Frau und Frauenrechte weiter voranzubringen.


Quellen: Letzter Zugriff am 29.02.2024

-Werbung-

Ähnliche Artikel

Social Media

6,795FollowerFolgen
2,166FollowerFolgen
Download on the App Store
Jetzt bei Google Play
-Werbung-spot_img
-Werbung-

Letzte Artikel