JVA muss Maßnahmen zum Nichtraucherschutz treffen

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In vollständig umschlossenen (öffentlichen) Räumen gilt in Deutschland grundsätzlich ein Rauchverbot. Wer qualmen will, muss an die frische Luft. Doch wie wird das im Gefängnis gehandhabt? Freiwillig die eigene Gesundheit mit Tabak oder Alkohol zu schädigen, gehört schließlich zur freien Entfaltung der Persönlichkeit dazu. Im Knast kann man aber nicht eben mal schnell vor die Tür.

Deswegen ist das Rauchen in den Zellen grundsätzlich erlaubt. Vor dem umgekehrten Problem stand ein Mann aus Bayern, der sechs Monate in Untersuchungshaft saß. Denn ihn plagte die Qualmerei seiner Mitinsassen. Seine Mitgefangenen würden im Gang zwischen den Zellen auf einer Tischtennisplatte sitzen und rauchen. Die Abteilung sei zeitweise komplett mit grauem Rauch durchzogen und „versinke in Zigaretten-/Tabakgestank“. Wenn er seine Zelle verlasse, sei er dem Rauch auf der Abteilung vollkommen ausgesetzt. Wenn seine Zelle geschlossen sei, ziehe der Tabakrauch durch den unteren Schlitz der Zellentür in seine Zelle. Deswegen versuchte der Mann mehrfach ein Rauchverbot in der JVA durchzusetzen und klagte schließlich vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.

Nichtraucherschutz auch in JVA

Seine Beschwerde hatte Erfolg. Die JVA habe ihre Fürsorgepflicht verletzt, indem sie nicht durch geeignete Maßnahmen verhindert hätten, dass der Mann in seiner Zelle einer erheblichen Rauchbelästigung ausgesetzt war. Denn nach Art. 58 Abs. 3 BayStVollzG sei der Schutz der Nichtraucher, soweit es bauliche und organisatorische Maßnahmen ermöglichen, zu gewährleisten.

„Zu berücksichtigen ist hierbei, dass sich der Beschwerdeführer aufgrund seiner Inhaftierung einer Beeinträchtigung seiner Gesundheit nicht in gleicher Weise entziehen kann, wie eine Person, die sich auf freiem Fuß befindet und ohne Weiteres den Ort wechseln kann, um einer Raucheinwirkung zu entgehen. Angesichts der nicht auszuschließenden gesundheitsgefährdenden Wirkungen des Passivrauchens greift die gemeinschaftliche Unterbringung eines Rauchers und eines Nichtrauchers – jedenfalls wenn der Betroffene ihr nicht zustimmt – in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) ein. Der nichtrauchende Gefangene hat Anspruch auf Schutz vor Gefährdung und erheblicher Belästigung durch das Rauchen von Mitgefangenen und Aufsichtspersonal.“


Entscheidung: LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 07.06.2023, Az. 12 Qs 40/23

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