Beim bayerischen Ableger der Satirepartei Die PARTEI kam es am heutigen Freitag zu einer Hausdurchsuchung. Auslöser dafür sollen provokative Plakate gewesen sein, welche die PARTEI im Bundestagswahlkampf benutzt hatte.
Wie der Vorsitzender der PARTEI, Martin Sonneborn, in den Sozialen Netzwerken mitteilte, kam es bei der PARTEI Bayern zu mehreren Hausdurchsuchungen. Diese wurden vom Amtsgericht Amberg angeordnet. Laut Medienberichten wurden insgesamt zwei Wohnungen von PARTEI-Mitgliedern in der Oberpfalz von der Polizei durchsucht. Die Beamt:innen hätten geklingelt, dann jedoch nichts mitgenommen. Der Grund soll laut Durchsuchungsbeschluss ein Plakatmotiv gewesen sein, das die PARTEI im Bundestagswahlkampf in Bayern sowie in anderen Bundesländern aufgehängt hatte. Auf den Plakaten ist der Spruch “Feminismus, ihr Fotzen” zu lesen. Den roten Hintergrund des Plakates schmückt ein blutiger Tampon.
Durchsuchungsbeschluss des AG Amberg
Jerome Sturmes schreibt dazu auf Twitter: “Was wir allerdings nicht so witzig finden ist, dass die Mutter eines Genossen (verständlicherweise) völlig am Boden ist. Sie dachte ihr Sohn sei bei einer Satirepartei bis die Polizei vor der Tür stand und einen Vorwurf überbracht hat, der normalerweise an verfickte Nazis adressiert ist. Danke dafür!”
Die Aktionen und Plakate der 2004 gegründeten Satirepartei stoßen immer wieder auf Kritik. Gleichzeitig kann man es dem Satiriker und Europa-Abgeordneten Sonneborn aber nicht absprechen, dass er gleichzeitig auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam macht, die sonst nur einen Bruchteil der Bevölkerung erreicht hätten.
Am 14. März 2021 trat Die PARTEI erstmals zu den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz an und erreichte 1,1 % der Stimmen. Marco Bülow erhielt bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 in “seinem” Wahlkreis Dortmund I als Kandidat der PARTEI einen Erststimmenanteil von 8,64 %. Im ganzen Bundesgebiet gaben 543.145 Personen (=1,2 %) ihre Erstimme an die PARTEI. Bei den Zweitstimmen waren es 461.570 Personen (=1,0 %).
VG Chemnitz verneint Beleidigung
Bereits im September hatte JURios über die Plakate der PARTEI berichtet. Das Verwaltungsgericht Chemnitz hatte damals unter anderem den Tatbestand der Beleidigung gem. § 185 StGB als nicht erfüllt angesehen. Dazu schrieben die Richter:innen: “Auch hinsichtlich der Plakate “Feminismus, ihr Fotzen!” fehlt es hier – wie auch von der Antragsgegnerin angenommen – an einer die Schwelle zur Schmähkritik überschreitenden Zuspitzung oder der für eine (Formal-)Beleidigung nach § 185 StGB erforderlichen Zielrichtung auf Einzelne bzw. eines konkret abgrenzbaren Teils des Bevölkerung oder des weiblichen Geschlechts als solchem.” (VG Chemnitz, Beschl. v. 16.09.2021, Az. 7 L 395/21).
Dass der PARTEI Bayern wegen des Slogans “Feminismus ihr Fotzen” jetzt jedoch auch noch Volksverhetzung vorgeworfen wird, halten die meisten Jurist:innen ebenfalls für haltlos. Der Tatbestand nach § 130 StGB setzt voraus:
“Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
- gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
- die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet”
Auch Volksverhetzung setzt Interessenabwägung voraus
Als “Teile der Bevölkerung” gelten dabei nicht nur Frauen bestimmter Religionszugehörigkeiten, sondern auch Frauen im Allgemeinen (OLG Köln, Urt. v. 9. Juni 2020, Az. 1 RVs 77/20). Dabei muss das Gericht jedoch auch immer den satirischen Kontext berücksichtigen. Insbesondere kann der Tatbestand des § 130 StGB ausgeschlossen sein, wenn es sich um Kunst (Art. 5 III GG) handelt oder die Äußerung von der Meinungsfreiheit (Art. 5 I GG) gedeckt ist. Entscheidend ist dann wiederum eine fallbezogene Abwägung der gegenläufigen, verfassungsrechtlich geschützten Interessen.
Sonneborn versteh die Hausdruchsuchungen jedenfalls überhaupt nicht. Er forderte den Medienanwalt Dr. Jasper Prigge auf den Sozialen Medien dazu auf, sich der Sache anzunehmen, und beendete seinen Post – in Anlehnung an die Beleidigungsmeldungen um den Hamburger Innensenator Andy Grote (JURios berichtet) – mit den Worten: “Nach #Pimmelgate jetzt #Fotzengate? Smiley!”.