Rezension: Die mündliche Prüfung im 1. Examen (Skript)

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Die Neuauflage des Alpmann-Skripts zur Mündlichen Prüfung im 1. Examen verspricht hilfreiche Tipps zur Strukturierung der Vorbereitung auf das mündliche Examen sowie die Absicht, mit sämtlichen Mythen Rund um diesen nicht minderwichtigen Prüfungsabschnitt auf dem Weg zum „Diplom-Juristen“ aufzuräumen. Genau das wird die nachfolgende Rezension beschäftigen: Hält das Skript, was es verspricht? Anhand von fünf Kategorien möchte ich Euch die Licht- und Schattenseiten des Skripts näherbringen und dabei (wohlgemerkt höchst subjektiv!) bis zu fünf Sternen verteilen. Am Ende wird die Auswertung die Antwort auf die Eingangsfrage liefern.

Tipps fürs Jurastudium

Kategorie 1: Der Aufbau des Skripts

Das Skript hat einen Umfang von 230 Seiten und ist dabei in sechs Abschnitte gegliedert. Den wesentlichen Prüfungsinhalten der drei Kerngebiete (Teile 2-4) gehen im ersten Teil Hinweise zur Vorbereitung und zum Ablauf der mündlichen Prüfung voran. Im Anschluss an das Prüfungswissen runden Erläuterungen zum juristischen Allgemeinwissen sowie Aktenvorträge zum Üben – sofern im eigenen Bundesland relevant – das Werk ab.

Der Aufbau erscheint stringent und logisch: Vorangehende Tipps dazu, wie die Zeit nach dem schriftlichen und vor dem mündlichen Examen nach Ansicht der Autor:innen idealerweise zu nutzen ist, was dabei konkret zu beachten ist und wie die Lernphase zu strukturieren ist, erfährt man, ehe man inhaltlich in die Kerngebiete einsteigt. Insofern erinnert der Aufbau des Skripts stark an die gesetzgeberische Regelungstechnik im Sinne eines „AT“ und eines „BT“, wobei der erste Teil den AT bildet, der als Rahmen für die fünf nachfolgenden BT-Teile gilt. Aufbautechnisch lässt sich nichts vermissen – 5 von 5 möglichen Sternen.

Kategorie 2: Die Auswahl der behandelten Inhalte

Ganz getreu dem Prüfungsumfang im ersten juristischen Examen zeigt auch das vorliegende Skript im Hinblick auf ausgewählte Inhalte ein heterogenes Bild. Dass ein 230-seitiges Skript explizit zur Mündlichen Prüfung unter keinen Umständen Vollständigkeit oder abschließende Ausführungen bieten kann, versteht sich von selbst. Am besten betrachten wir die sechs Teile daher differenziert:

Teil 1 besticht durch seine stolzen 41 Seiten. Hier wird (leider) neben sehr vielen wertvollen Tipps auch gleich zu Beginn der Lektüre für Unbehagen gesorgt. So verblassen mutmachende Ausführungen zu nicht notwendigem Pessimismus (Rn. 18) oder überaus hilfreiche Hinweise zur Vortagsweise (Rn. 27, Rn. 43, Rn. 129) hinter fragwürdigen Darstellungen. Genannt seien hier insbesondere:

  • die pauschale Zeitangabe, wann spätestens mit dem Lernen begonnen werden sollte (spätestens drei Wochen nach den Examensklausuren, Rn. 22, was Stress und Panik so kurz nach den schriftlichen Klausuren verursachen kann),
  • die Behauptung, die Klausurnoten der Prüflinge im Staatsexamen lägen häufig unter der Selbsteinschätzung (Rn. 54), da weder ersichtlich wird, worauf sich diese Erkenntnis stützt, noch diese Aussage einen positiven Beitrag zur ungewissen und nervenaufreibenden Wartezeit bis zum Eintreffen der Klausurnoten leistet,
  • die Ermutigung, bei Antworten gegenüber dem Prüfungsvorsitz „tunlichst kreativ“ zu sein (Rn. 79) bzw. die Präsentation vorgefertigter Textbausteine (Rn. 86), wobei vieles an Authentizität verloren gehen dürfte; insofern widersprüchlich Rn. 81: man solle offen und ehrlich sein.

Mythen rund um das Mündliche Examen werden hierdurch nicht wie versprochen aus dem Weg geräumt, sondern leider intensiviert. Hingegen äußerst konstruktiv sind die Erklärungen zur mündlichen Prüfung an sich, also zu deren Ablauf, zu der Zusammensetzung der Prüfenden und die Bezugnahme auf unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern. Einem erst wenig orientierten Prüfling erleichtert die Lektüre des ersten Teils den Zugang zum Thema „Mündliche Prüfung“ und schafft ein Gefühl für die anstehende Prüfungssituation. Da der erste Teil stark sowohl von Licht, als auch von Schatten geprägt ist, vergebe ich 2,5 von 5 möglichen Sternen.

Zivilrecht, Strafrecht und öffentliches Recht

Teil 2 behandelt das wesentliche Prüfungswissen zum Zivilrecht. In gebotener Kürze werden Kern- und Nebenbereiche des Zivilrechts beleuchtet. Schade ist, dass viele wichtige Themen unterbleiben müssen  (insbesondere die besonderen schuldrechtlichen Vertragsarten, welche bis auf einen kurzen Hinweis auf die Abgrenzung zwischen einem Kauf- und Werkvertrag (Rn. 202) völlig unterbleiben). Andererseits werden selbst komplizierte Konzepte des Zivilrechts wie die Ausnahmefallgruppen zur Saldotheorie (Rn. 203) oder aber die Fälle von sittenwidrigen Sicherungsübereignungen (Rn. 216) kompakt und treffend auf das Wesentliche heruntergebrochen. Insofern verdient sich das Zivilrecht 4 von 5 Sternen.

Teil 3, das Prüfungswissen zum Strafrecht, gelingt ebenfalls gut. Während der zivilrechtliche Teil noch eher den Charakter eines Fließtextes trug, etabliert sich an dieser Stelle ein glossarartiger Stil, der sich auch im weiteren Verlauf des Skripts fortsetzt und insbesondere für die Schlagworte des Strafrecht AT und BT und der StPO geeignet scheint. Die Inhalte werden durch regelmäßige vertiefende Hinweise geschmückt, welche beim Lesen den Eindruck von nützlichem Zusatzwissen für die mündliche Prüfung vermitteln. Angenehm ist die Wahl der Problemorientierung in Bezug auf die BT-Delikte, wobei zu den wichtigsten Delikten jeweils in Kurzform überblicksartig die zentralen Stichworte und Probleme genannt werden. 5 von 5 Sternen.

Teil 4 behandelt das Öffentliche Recht und beginnt nach einer kurzen Orientierung mit dem Europarecht, gefolgt von Staatsorganisationsrecht, den Grundrechten, dem allgemeinen und besonderen Verwaltungsrecht und dem dazugehörigen Prozessrecht. Hier vermisse ich einen prozessualen Teil zum Staatsrecht; auf das Organstreitverfahren als eine mögliche Spielart wird nur kurz hingewiesen (Rn. 453). Unabhängig davon bereichert der hier weitergeführte Schreibstil nach Art eines Lexikons die Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte. 4,5 von 5 Sternen für das Öffentliche Recht!

Teil 5 vermittelt ein wenig juristischer Allgemeinbildung und setzt dabei die Schwerpunkte auf methodische Grundlagen, wichtige Persönlichkeiten sowie Rechtsgeschichtswissen. All dies stellen berühmt-berüchtigte „Klassikerfragen“ für die Mündliche Prüfung dar. Am Ende erfolgt ein kleiner Hinweis auf Rechtslatein, der lediglich auf eine Auflistung bei Wikipedia verweist. Trotz dessen: (noch) 5 von 5 Sternen.

Die drei Aktenvorträge in Teil 6 betreffen diejenigen Bundesländer mit einem entsprechenden Vortrag im mündlichen Examen. Zum Üben ideal – 5 von 5 Sternen.

Kategorie 3: Verständlichkeit und Übersichtlichkeit

Die Inhalte werden auf eine sehr verständliche Art und Weise vermittelt. Lange, unverständliche Schachtelsätze kann man lange suchen. Volle Punktzahl!

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Auch an Übersichtigkeit mangelt es nicht. Nicht nur die sechs Abschnitte sind klar voneinander getrennt, sondern auch innerhalb dieser Abschnitte helfen fettgedruckte Begriffe bei der Orientierung und beim Auffinden wesentlicher Schlagworte. Eingerückte Bullet Points kennzeichnen Aufzählungen noch deutlicher. Auch hier kein Punktabzug.

Kategorie 4: Extrapunkte – Besonders positiv fällt auf, dass…

… man an vielen Stellen im Text über einen QR-Code zu einem passenden Erklärvideo auf YouTube gelangt. Dies schmückt und vertieft die jeweiligen Inhalte.

… nach jedem Kerngebietsabschnitt eine Übersicht zum jeweiligen Instanzenzug folgt.

… viel Wert auf Bündigkeit und Prägnanz gelegt wurde. Damit erreicht das Skript einen niederschwelligen „Ritt durch die Mündliche Prüfung“ – von der Vorbereitung, über die Inhalte, bis hin zu Spezialwissen.

Kategorie 5: Minuspunkte – Besonders negativ fällt auf, dass…

… mutmaßlich aufgrund des Platzes und den erschöpflichen Kapazitäten eines solchen Skripts viele relevanten Themen nicht einmal angeschnitten wurden.

… einige Ungenauigkeiten und Fehler in Bezug auf Normzitation bestehen. So wird in Rn. 176 §§ 1901 ff. BGB (seit dem 01.01.2023 weggefallen) zitiert und somit auf das nunmehr reformierte Betreuungsrecht verwiesen. Dies könnte durch eine zeitliche Kollision zwischen der Reform und dem Erscheinen des Skripts (beides im Jahr 2023) zu erklären sein. Was sich hierdurch allerdings nicht erklären lässt, sind die Bezugnahmen auf die §§ 46, 47 AbgG (Rn. 450), da diese Normen bereits 2021 geändert wurden und die fraglichen Inhalte seitdem in den §§ 54, 55 AbgG stehen. Auch existiert ein Absatz 4 bei Art. 28 GG nicht (Rn. 448), gemeint ist wohl Abs. 3. Angesichts der schon fünften Auflage des Skripts wäre bei der Neuauflage etwas mehr Präzision wünschenswert gewesen.

Auswertung

Hält das Skript, was es verspricht? Zurückkommend auf die Leitfrage dieser Rezension kann man sagen: Das Skript hält größtenteils was es verspricht, jedoch nicht ausnahmslos. Die weitreichend hilfreichen Hilfestellungen sowie die ausgewählten materiellen und prozessualen Inhalte werden durch einige wenige schwer nachvollziehbare Umstände aufgewogen. Es wird klar, dass nicht nur der eigene Lernprozess, sondern auch die langjährigen Erfahrungen der Autor:innen sowie auch die vorliegende Rezension von subjektiver Natur sind.

Das Skript schafft es jedoch eine wirklich solide Grundlage mitsamt eines guten Überblicks zur Mündlichen Prüfung zu bieten. Im Durchschnitt bewerte ich dieses Werk daher mit 4,5 Sternen. Ich empfehle eine Lektüre dieses Skripts gleich zu Beginn der Vorbereitungszeit auf die Mündliche Prüfung: Dieser oben umschriebene überblicksartige „Ritt“ ermöglicht eine nicht zu unterschätzende Basis für die weiteren vertiefenden Lerneinheiten. Auf eine gelungene und erfolgreiche Mündliche Prüfung!


Weitere Rezensionen der JURios-Redaktion:

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Alina Sviridenko
Alina Sviridenko
Studentin der Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen mit dem Schwerpunkt Kriminalwissenschaften.

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